
Trumps nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz hat die volle Verantwortung dafür übernommen, dass der Journalist Jeff Goldberg einem geheimen Gruppenchat der Regierung hinzugefügt wurde. Wie die Nummer in sein Telefon geraten ist, kann er sich allerdings nicht erklären. Die Opposition schäumt.
Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, Mike Waltz, hat die Verantwortung dafür übernommen, dass ein Journalist in einen geheimen Gruppenchat von Regierungsmitarbeitern geraten ist. „Ich übernehme die volle Verantwortung. Ich habe die Gruppe gegründet“, sagte Waltz am Dienstag in seinem ersten Interview seit Bekanntwerden der Vorfälle im Sender Fox News. „Es ist peinlich. Wir werden der Sache auf den Grund gehen.“
Wie die Nummer des Journalisten Jeffrey Goldberg in sein Handy und Goldberg dann in die Gruppe gekommen sei, wisse er aber nicht, sagte Waltz. Möglicherweise sei der Kontakt in seinem Telefon gespeichert, weil er gedacht habe, es sei die Nummer von jemand anderem, ließ Waltz durchblicken. Er kenne „The Atlantic“-Chefredakteur, der den Vorfall am Montag öffentlich gemacht hatte, nicht persönlich.
Waltz war Teil der Gruppe im Messengerdienst Signal, in der sich unter anderem US-Außenminister Marco Rubio, Vizepräsident J.D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth über konkrete Angriffspläne gegen die jemenitische Huthi-Miliz im Jemen ausgetauscht hatten. Waltz hatte Goldberg offenbar irrtümlich in die Chatgruppe eingeladen. Die Sicherheitspanne hat in Washington erhebliche Schockwellen ausgelöst.
„Trump-Hasser, Abschaum und Verlierer“
Er habe Goldberg, den er einen „Trump-Hasser“, „Abschaum“ und „Verlierer“ nannte, nie getroffen oder eine Textnachricht geschickt, sagte Waltz. Nun habe er mit dem Tech-Milliardär und Trump-Vertrauten Elon Musk gesprochen. Die besten Techniker würden der Sache jetzt auf den Grund gehen. Der Sicherheitsberater machte auch klar, dass er nicht wolle, dass Goldberg den gesamten Verlauf des Chats über die App Signal veröffentliche. Dieser hatte bisher nur Auszüge öffentlich gemacht.
US-Präsident Trump hatte zuvor Vorwürfe gegen sein Team zurückgewiesen und Waltz in Schutz genommen. „Er ist ein sehr guter Mann, und er wird weiterhin gute Arbeit leisten. Er wird nicht gefeuert.“ Stattdessen ging er zum Gegenangriff über. Das „Atlantic“-Magazin sei ein gescheitertes Medium und der betreffende Journalist ein „Widerling“, der „schlecht für das Land“ sei, schimpfte der Präsident.
Angesichts der brisanten Inhalte hatte sich das Weiße Haus bereits davor bemüht, den Vorfall politisch umzudeuten. In einer E-Mail war von einem „koordinierten Versuch“ die Rede, vom Erfolg der Trump-Regierung abzulenken. Sprecherin Karoline Leavitt erklärte, entscheidend sei, dass „Terroristen getötet“ worden seien. Nach Angaben der Huthi kamen bei den Luftangriffen Mitte März mindestens 53 Menschen ums Leben.
Anhörung vor dem Geheimdienstaussschuss
Während das Weiße Haus abwiegelte, gerieten zwei Spitzenbeamte bei einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats sichtlich in Erklärungsnot. Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard und CIA-Direktor John Ratcliffe sahen sich scharfen Nachfragen der demokratischen Opposition ausgesetzt: Wie konnte ein Journalist überhaupt in die Gruppe gelangen? Warum nutzten Spitzenbeamte eine zwar verschlüsselte, aber privat betriebene App wie Signal für potenziell sicherheitsrelevante Kommunikation? Und wie geheim waren die Informationen, die dort geteilt wurden?
Während der teils hitzigen Anhörung wollte Gabbard nicht einmal direkt bestätigen, dass sie überhaupt Teil des Gruppenchats war. Ratcliffe hingegen räumte dies ein – und antwortete auf die Frage, ob neben ihm, Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio und anderen auch Gabbard in der Chatgruppe gewesen sei: „Ich glaube ja.“
Die Geheimdienstkoordinatorin versicherte mehrfach, dass in dem Chat keine als vertraulich eingestuften Informationen ausgetauscht worden seien. Ratcliffe betonte, seine eigenen Beiträge seien „völlig zulässig“ gewesen und hätten „keine Verschlusssachen“ enthalten. Doch als es um konkrete Inhalte ging, blieben beide vage.
Wie diese Darstellung mit dem „Atlantic“-Artikel zusammenpasst – wonach Hegseth am Morgen eines US-Luftschlags in der Chatgruppe einen detaillierten Einsatzplan geteilt haben soll – blieb offen. Weder Gabbard noch Ratcliffe wollten diese Schilderung bestätigen. Sie gaben an, sich an entsprechende Details nicht zu erinnern oder verwiesen an andere Stelle: Zuständig sei das Pentagon.
Dem demokratischen Senator Mark Warner platzte schließlich der Kragen. Es könne nicht beides stimmen – dass keine vertraulichen Informationen ausgetauscht worden seien und gleichzeitig jede Auskunft über die Inhalte verweigert werde. „Verblüffend“ sei zudem, dass niemand bereit sei, einen Fehler einzugestehen. Der Demokrat zeigte sich außerdem entrüstet über den Tonfall gegenüber europäischen Partnern im Chatverlauf.
Tatsächlich zeigen die vom „Atlantic“ veröffentlichten Auszüge aus dem Gruppenchat eine bemerkenswerte Geringschätzung Europas. So wird etwa Vance mit den Worten zitiert: „Ich hasse es einfach, Europa wieder aus der Klemme zu helfen.“ Ein weiterer Teilnehmer, bei dem es sich um Hegseth handeln soll, antwortet: „Ich teile voll deine Abscheu vor dem europäischen Schmarotzen. Das ist erbärmlich.“
Vance und Hegseth spielten in dem Chat darauf an, dass Europa davon profitiere, wenn die USA die dortigen Schifffahrtswege sicherten. Auch Trump teilte später auf Nachfrage die Einschätzung, dass Europa schmarotze – allerdings nicht in einem Geheimchat, sondern ganz offen, bei einem Pressetermin.
dpa/AFP/sam