
Mit einem von der Bundesregierung organisierten Charterflug sind weitere 141 Afghaninnen und Afghanen
nach Deutschland gekommen. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums
auf Nachfrage bestätigte, landete das Flugzeug in Hannover. Die
Eingereisten hatten nach der Machtübernahme der Taliban eine Aufnahmezusage erhalten und kamen jetzt von Islamabad nach
Niedersachsen. Später sollen sie auf die Bundesländer verteilt werden.
Die Menschen waren Teil des Ortskräfteverfahrens und des Bundesaufnahmeprogramms. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte entschieden, dass
grundsätzlich nur noch Personen aus diesen Programmen einreisen sollen.
Aufnahmezusagen aus anderen Aufnahmeprogrammen werden als nicht mehr
rechtsverbindlich angesehen.
Pakistan hat der Bundesregierung eigentlich nur
bis zum Jahresende Zeit für die Aufnahmeverfahren gegeben. Danach werde
man die Menschen nach Afghanistan abschieben, hieß es. Allerdings ist
die Grenze zum Nachbarland aktuell weitgehend geschlossen.
Schwarz-rote Koalition hatte Aufnahmeprogramme beendet
Die Taliban hatten in der afghanischen Hauptstadt
Kabul im August 2021 erneut die Macht übernommen. Die Bundesregierung
versprach ehemaligen Ortskräften deutscher Institutionen sowie weiteren
Menschen, die man für besonders gefährdet hielt, eine Aufnahme in
Deutschland. Die aktuelle Koalition von Union und SPD hatte dann allerdings vereinbart, humanitäre Aufnahmeprogramme
„so weit wie möglich“ zu beenden. Bundesinnenminister Dobrindt ließ daher auch die
Aufnahmeversprechen an gefährdete Afghaninnen und Afghanen erneut prüfen.
Nachdem
etliche Menschen aus dem sogenannten Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan
erfolgreich auf Erteilung eines Visums geklagt hatten, wurden für diese
Menschen und für Menschen mit ähnlich gelagerten Fällen wieder
Einreisen nach Deutschland organisiert. Rund
650 Menschen aus Afghanistan, die Zusagen über eine
„Menschenrechtsliste“ und eine sogenannte Überbrückungsliste erhalten
hatten, erhielten kürzlich eine endgültige Absage von der
Bundesregierung – verbunden mit dem Angebot, ihnen bei der Rückkehr nach
Afghanistan oder der Ausreise in ein anderes aufnahmebereites Land zu
helfen, auch finanziell.
Nouripour appelliert an die Bundesregierung
Bei den Afghaninnen und Afghanen,
die in Hannover gelandet sind, handelt es sich laut
Bundesinnenministerium um 123 Menschen aus dem Bundesaufnahmeprogramm.
An Bord der Maschine waren 18 Menschen, die als frühere Ortskraft
beziehungsweise Angehörige einer Ortskraft einreisen durften. Den
Angaben zufolge befinden sich in Pakistan nunmehr noch rund 45 Menschen
im Ortskräfteverfahren sowie 264 Menschen im Bundesaufnahmeprogramm.
Der Grünenpolitiker Omid Nouripour rief die Bundesregierung auf, alle Afghaninnen und Afghanen,
die einst eine Zusage erhalten hatten, nach Deutschland zu holen. „Es
ist beschämend, dass viele Betroffene nach dem Entzug der Aufnahmezusage
gezwungen sind, ihr Recht vor Gericht einzufordern“, sagte der
Bundestagsabgeordnete. Im Falle einer Abschiebung wären sie dem brutalen
Terror der Taliban schutzlos ausgeliefert.
