

Bayer Leverkusen hat am Dienstagabend gegen Titelverteidiger Paris St. Germain in der Champions League eine Lehrstunde erhalten. In einer verrückten Partie mit Platzverweisen und mitunter traumhaften Toren war die „Werkself“ gnadenlos unterlegen – und wurde von spielfreudigen Parisern teilweise vorgeführt.
Bei der 2:7 (1:4)-Niederlage erzielte Aleix Garcia (38. und 53. Spielminute) beide Tore für die Werkself. Willian Pacho (7.), Desiré Doué (41. und 45.+3), Khvicha Kvaratskhelia (44.), Nuno Mendes (50.), Ousmané Dembélé (66.) und Vitinha (90.) sorgten für den hohen Pariser Auswärtssieg. Leverkusen war über weite Strecken klar unterlegen, während Paris die Fehler der Gastgeber eiskalt ausnutzte.
Kapitän Robert Andrich wurde auf Leverkusener Seite nach einem Ellenbogeneinsatz vom Platz gestellt (32.), doch auch die Pariser beendeten die Partie nur mit neun Feldspielern. Illia Zabarnyi sah für eine Notbremse ebenfalls schon im ersten Durchgang Rot (37.).
„Viel Frust“ bei Leverkusens Sportdirektor Rolfes
„Es ist jetzt viel Frust dabei„, resümierte Sportdirektor Simon Rolfes nach der Partie am Sportschau-Mikrofon. „Grundsätzlich haben wir das zu Beginn ganz gut gemacht, dann haben wir nach dem 1:1 völlig den Kopf verloren. Gegen so eine Top-Mannschaft darfst du nichts hergeben, wenn du die Ordnung verlierst, marschieren die da durch.“
Leverkusen (vorher zwei Unentschieden) wartet in der Königsklasse weiterhin auf den ersten Sieg. Für Trainer Kasper Hjulmand setzte es die erste Pflichtspiel-Niederlage im achten Spiel als Bayer-Trainer. Paris holte den dritten Sieg in der Königsklasse und schnappte sich zumindest vorübergehend die Tabellenführung.
Paris von Beginn an dominant
Schon die erste Halbzeit bot genug Spektakel für drei Spiele. Die Pariser zeigten von Beginn an, wieso sie auch in diesem Jahr als einer der Top-Favoriten gehandelt werden. Doué, Kvaratskhelia, Bradley Barcola und Co. wirbelten, ließen den Ball zirkulieren und setzten Leverkusen in der Defensive fest. Das fällige Führungstor fiel früh nach einem Standard: PSG spielte den Eckstoß kurz aus, Mendes flankte messerscharf in Richtung langer Pfosten, dort durfte Pacho ungehindert einköpfen – Bayer-Verteidiger Loic Badé sprang am Ball vorbei.
Die Franzosen blieben auch nach dem Tor auf dem Gaspedal, etwas überraschend kam aber Bayer zur großen Ausgleichschance. Claudio Echeverri ging beherzt in den Strafraum, Zabarnyi wusste sich nur mit einem Handspiel zu helfen – Elfmeter. Alejandro Grimaldo, am Wochenende beim Sieg in Mainz (4:3) noch sicher vom Punkt, trat an, setzte den Ball aber an den Pfosten.
Es kam aber noch schlimmer für Leverkusen: Andrich fuhr in einem Zweikampf völlig unnötig seinen Ellenbogen gegen Doué aus und traf ihn im Gesicht. Nach VAR-Intervention musste der Bayer-Kapitän mit Rot das Feld verlassen.
Bitterer Abend: Andrich (r.) fliegt mit Rot und übergibt Grimaldo die Kapitänsbinde
Paris bestraft Leverkusens Patzer eiskalt
Keine fünf Minuten später sorgte der indisponierte Zabarnyi aber wieder für Gleichstand auf dem Platz – sowohl was die Anzahl der Spieler als auch das Ergebnis anbelangte. Christian Kofane brachte sich im Strafraum clever in Stellung, Zabarnyi zog einen Moment zu lang am Trikot und brachte Leverkusens Stürmer zu Fall. Schiedsrichter Jesús Gil Manzano gab dem bereits verwarnten Ukrainer glatt Rot, den fälligen Strafstoß verwandelte Garcia sicher.
Zwei Tore, zwei Bayer-Elfmeter, beide Mannschaften zu zehnt – und doch war dieser erste Durchgang noch lange nicht vorbei. Denn: Jetzt drehte Paris so richtig auf. Innerhalb von acht Minuten schossen Doué, Kvaratskhelia und erneut Doué die 4:1-Pausenführung für die gnadenlosen Pariser heraus.
Bei aller Qualität der Gäste, die sich in den blitzsauber ausgespielten Gegenstößen zeigte: Die Tore entstanden jeweils aus Fehlern der Bayer-Elf. Ernest Poku, Grimaldo und Arthur unterliefen die entscheidenden Ballverluste zu den drei Gegentoren kurz vor der Pause.
Überragender Mendes trifft, Garcia antwortet mit Traumtor
Die Aufgabe war im zweiten Durchgang gegen eine extrem selbstbewusste Pariser Mannschaft enorm schwer. Die Gäste fanden stets spielerische Lösungen und legten nach wenigen Minuten direkt nach. Vitinha spazierte durchs Mittelfeld und schickte Linksverteidiger Mendes, der seinen starken Auftritt mit dem fünften Pariser Tor krönte.
Hjulmand reagierte prompt, brachte Verteidiger Jannuel Belocian für Stürmer Kofane. Die Idee dahinter war unschwer zu erkennen: Es sollten weitere Gegentore verhindert werden, Offensive war nicht mehr angesagt. Und doch traf Bayer nur zwei Minuten nach dem Wechsel – und wie. Garcia zog beinahe aus dem Stand aus der Distanz ab, der Ball schlug traumhaft im rechten Winkel ein.
Elfmeter- und Traumtor: Bayer-Mittelfeldmann Aleix Garcia
Ballon-d’Or-Gewinner Dembélé trifft direkt
Auch PSG-Trainer Luis Enrique wechselte, brachte unter anderem Weltfußballer Dembélé. Der Stürmer, zuletzt wegen Oberschenkelproblemen ausgebremst, fügte sich sofort mit einem Tor ein. Barcolas Querpass schoss Dembélé aus spitzem Winkel aufs kurze Eck, der bemitleidenswerte Mark Flekken im Leverkusener Tor war zwar dran, konnte das sechste Gegentor aber nicht verhindern.
Die Pariser blieben auch fortan Herren der Lage, ließen Ball und Gegner laufen. Vitinha durfte schließlich auch noch netzen: Aus zentraler Position traf der Portugiese flach ins Eck. Es war der Schlusspunkt einer klaren Demonstration der Stärke des Titelverteidigers.
Leverkusen in der Champions League jetzt unter Druck
Für Leverkusen geht es am Sonntag in der Bundesliga mit dem Heimspiel gegen den SC Freiburg weiter. „Wir werden zurückschlagen„, kündigte Hjulmand bei „Amazon“ nach dem Spiel für das Bundesliga-Wochenende kämpferisch an.
In der Champions-League spielt die „Werkself“ am vierten Spieltag bei Benfica Lissabon (Mittwoch, 5. November, 21 Uhr). Leverkusen braucht dann dringend drei Punkte, wenn man realistische Chancen auf die nächste Runde bewahren will.