
Borussia Dortmund trifft in der Champions League auf Athletic Bilbao und damit auf einen Topklub aus Spanien. Favorit ist der BVB dennoch. Das liegt an einem, der gar nicht mitspielt.
Ende August war die Welt bei Athletic Bilbao noch in bester Ordnung. Der Klub aus dem Baskenland hatte zum Start der spanischen Liga drei Siege in Serie hingelegt. Bei den Fans schürte das die Hoffnung, auch in dieser Saison ganz oben mitmischen zu können. Im vergangenen Jahr waren die Rot-Weißen hinter den großen Klubs FC Barcelona, Real und Atletico Madrid Vierter geworden.
Verletzung bei der Nationalmannschaft
Doch dann kam die Länderspielpause, und beim 6:0-Sieg der spanischen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in der Türkei verletzte sich Bilbaos Stürmerstar Nico Williams.
Seitdem hat Athletic in vier Ligaspielen nur einen einzigen Punkt geholt und nur ein Tor geschossen – beim Tabellen-Letzten aus Girona. In der Tabelle ist das Team von Trainer Ernesto Valverde auf Platz neun abgerutscht. Auch der Champions-League-Auftakt daheim gegen den FC Arsenal ging mit 0:2 verloren. Das beweist eine gewisse Abhängigkeit vom Superstar.
Als Außenseiter nach Dortmund
Wenn Bilbao am Mittwoch (ab 21 Uhr in der Radio-Vollreportage und im Live-Ticker bei sportschau.de) am zweiten Spieltag der Königsklasse bei Borussia Dortmund antritt, ist es deshalb nur Außenseiter. Denn auch dort wird Williams nicht dabei sein.
Vertragsverlängerung als Herzensangelegenheit
Die Verletzung des 23-jährigen Europameisters wiegt schwer. Es ist für den Klub – um es jetzt mal dramatisch auszudrücken – wie ein Stich ins Herz. Erst im Sommer hatte der linke Flügelstürmer seinen Vertrag bei den Nordspaniern bis 2035 verlängert und dabei auch Angebote des FC Barcelona und der Bayern aus München abgelehnt.
„Wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, ist für mich das Wichtigste, auf mein Herz zu hören“, sagte Williams damals: „Ich bin da, wo ich sein will, bei meinen Leuten. Das ist mein Zuhause. Aupa Athletic.“
Bilbao pflegt seine baskische Identität
In Bilbao hört man so etwas sehr gerne. Beim traditionsbewussten Klub spielen seit jeher nur Basken oder Spieler, die in ihrer Jugend bei einem baskischen Verein ausgebildet wurden.
Das schränkt die Auswahl ein, doch Bilbao verzichtet lieber auf Meisterschaften, Ruhm und Ehre statt auf seine DNA und seine Identität. Die jüngsten Erfolge – das Erreichen der Champions League und der Pokalsieg 2024 – sind vor diesem Hintergrund umso bemerkenswerter.
Nico Williams an der Seite seines Bruders Inaki
Nico Williams, der Sohn einer Einwanderer-Familie aus Ghana, ist ein Eigengewächs des Klubs, er spielt dort seit zwölf Jahren. Geboren wurde er in Pamplona und begann seine Karriere beim dortigen Klub CA Osasuna. Und wenn er „bei meinen Leuten“ sagt, dann meint er in erster Linie seinen Bruder.
Der acht Jahre ältere Inaki ist Kapitän der „Löwen“, wurde in Bilbao geboren und spielt seit 13 Jahren bei Athletic. Er ist der dienstälteste Spieler im Kader. Das nennt man dann wohl Loyalität. Und tatsächlich haben viele Spieler ihre gesamte Karriere beim Verein verbracht. Inaki ist auf dem besten Weg dorthin.
Inaki hält den Rekord für Startelfeinsätze am Stück
Im Oktober 2021 stellte er einen Rekord auf. Mit seinem Startelfeinsatz in der Partie gegen Deportivo Alaves stand der damals 27-Jährige in 203 Spielen in Folge für Bilbao von Beginn an auf dem Platz. Die Rekordserie endete erst im Januar 2023, nachdem Williams zuvor 251 Spiele in Folge in der Startelf gestanden hatte. Das waren fünfeinhalb Jahre Dauereinsatz seit April 2016.
In Dortmund nur mit „halber“ Flügelzange
Auch gegen Dortmund ruhen Bilbaos Hoffnungen auf Inaki, der als Rechtsaußen mit seinem Bruder die Flügelzange bildet – eigentlich. Doch ohne Nico Williams scheint Bilbao zurzeit nur die Hälfte wert zu sein.