Carlos Alcaraz und Jannik Sinner im Wimbledon-Finale 2025

Nun bekommt also auch Wimbledon sein Gipfeltreffen. Jannik Sinner, Nummer eins der Welt und zum ersten Mal im Finale des Rasenklassikers, fordert Carlos Alcaraz heraus, den Weltranglistenzweiten und Titelverteidiger. Die beiden besten Spieler der Gegenwart, die sich mit ihren Leistungen ein gutes Stück vom irdischen Rest der Tenniswelt entfernt haben, sind schon wieder unter sich am Ende eines Grand-Slam-Turniers. So wie vor fünf Wochen in Roland Garros, als sich Alcaraz und Sinner in Paris einen Schlagabtausch der Extraklasse lieferten und der Spanier am Ende am Ende nach 0:2-Satzrückstand und Abwehr von drei Matchbällen gewann.

Da können die Konkurrenten zusehen, wo sie bleiben. Novak Djokovic zum Beispiel, der am Freitag im Halbfinale im 15 Jahre jüngeren Sinner seinen Meister fand und in drei Sätzen verlor – wie neulich in Paris. „Hoffentlich wird es ein gutes Match“, sagte Sinner nach seinem Halbfinalerfolg: „Ich glaube aber nicht, dass es besser wird als beim letzten Mal – das ist kaum möglich.“

„Wir treiben uns an die Grenzen“

In der Tennisszene wird noch darüber diskutiert, ob das French-Open-Finale zu den besten Matches der Tennisgeschichte gehört, da steht also an diesem Sonntag (17.00 Uhr MESZ bei Prime Video) schon das Wiedersehen mit den beiden Ausnahmekönnern der Stunde bevor. Wimbledon hätte ein weiteres Endspiel für die Ewigkeit verdient; eines, das dem legendären 2008er-Finale zwischen Roger Federer und Rafael Nadal nicht fernläge.

„Wir treiben uns an die Grenzen“, sagte Sinner über sich und Alcaraz. „Das ist mein Traum hier“, sagte sein Finalgegner nach dem 6:4, 6:3, 5:7, 7:6 (8:6)-Sieg über den US-Amerikaner Taylor Fritz. Zum dritten Mal nacheinander ist Alcaraz in Wimbledon ins Endspiel eingezogen; bei den ersten beiden Malen hatte er es mit Djokovic zu tun bekommen – und siegte.

DSGVO Platzhalter

Zwischen Alcaraz und Sinner geht es am Sonntag nicht um die silberne Coupe des Mousquetaires wie in Paris, sondern um die goldene Ananas – sie prangt an der Spitze der 47 Zentimeter großen Wimbledon-Trophäe. Djokovic hatte die Trophäe schon siebenmal in seinen Händen; ob er im nächsten Jahr nochmal Anlauf zu einem achten Titel nimmt, mit dem er zum Rekordchampion Roger Federer aufschließen würde? Er gehe nicht davon aus, dass dies sein letztes Match auf dem Centre Court gewesen sei, sagte der Serbe am Freitag.

Die Zeichen der Zeit sprechen gegen den 38 Jahre alten Serben. Er war angeschlagen ins Match gegangen, konnte sich nicht so flink und flott über den Rasen bewegen wie einst. Bei der fünften Begegnung nacheinander ließ ihn Sinner alt aussehen. Nach gerade einmal 1:55 Stunden Spielzeit gewann der Weltranglistenerste aus Italien 6:3, 6:3, 6:4. „Ich kann es kaum glauben“, sagte der Südtiroler über seinen Finaleinzug. Als Kind habe er das Wimbledon-Turnier immer im Fernsehen verfolgt: „Ich hätte mir nie vorgestellt, hier im Finale zu spielen.“

DSGVO Platzhalter

Djokovic litt nicht nur unter dem unerbittlichen Powertennis des Südtirolers. Wie nach seinem Viertelfinale gegen den Italiener Flavio Cobolli, als er auf dem Rasen ausrutschte und stürzte, benötigte er auch körperliche Fürsorge. Nachdem er die ersten beiden Sätze verloren hatte, ließ Djokovic seinen linken Oberschenkel ausgiebig massieren. „Das hat nichts mit Pech zu tun, sondern mit dem Alter“, erklärte der Grand-Slam-Rekordchampion, der im Januar bei den Australian Open im Halbfinale gegen Alexander Zverev verletzt aufgeben musste.

Danach machte er weiter; an Schonung dachte er nicht, anders als am Tag zuvor, als er Djokovic nicht zu seiner geplanten Trainingseinheit erschienen war. „Ich habe das Gefühl, ich gehe mit halbvollem Tank in die Matches gegen die beiden“, sagte der Serbe nach der Niederlage.

Beeindruckende Bilanz: Carlos Alcaraz ist erst der zehnte Tennisspieler, der dreimal nacheinander in einem Wimbledon-Finale steht.
Beeindruckende Bilanz: Carlos Alcaraz ist erst der zehnte Tennisspieler, der dreimal nacheinander in einem Wimbledon-Finale steht.EPA

Djokovics Behandlungspause zeigte nur kurz Wirkung. Er nahm Sinner das Service ab, ging 3:0 in Führung – und verlor sechs der folgenden sieben Aufschlagspiele und damit das Match. Als der Grand-Slam-Rekordchampion um 17.53 Uhr Ortszeit den Centre Court verließ, wurde er vom Londoner Publikum frenetisch und von Sinner mit Beifall verabschiedet. Wer weiß, ob man sich am selben Platz wiedersieht.

In Alcaraz hätte Djokovic einen würdigen Nachfolger gefunden in Wimbledon. Sein Halbfinale gegen Fritz, das 2:48 Stunden unter praller Sonne und bei mehr als 30 Grad Celsius ausgetragen wurde, bezeichnete der Spanier als „wirklich schwieriges Match“: „Es waren sehr schwere Bedingungen bei den Temperaturen“, sagte Alcaraz nach dem Sieg über den US-Amerikaner, der den Einzug in sein zweites Grand-Slam-Endspiel nach den US Open 2024 verpasste.

DSGVO Platzhalter

Im allerersten Aufschlagspiel bekam Fritz gleich ein Gefühl dafür, wohin die gemeinsame Reise gehen könnte. Ein unerreichbarer Stoppball, ein Gewinnschlag mit der Vorhand, ein Netzroller – mit Finesse und Fortune sicherte sich Alcaraz das erste von letztlich drei Breaks gegen den aufschlagsstarken Amerikaner zum 1:0. Dieser frühe Vorteil gereichte dem Spanier zum Gewinn des ersten Satzes, auch weil er stärker servierte als sein Gegenüber.

Dass sich für Fritz die Chancen häuften, je länger die Ballwechsel wurden, zeigte sich im zweiten Satz. Allmählich arbeitete er sich in Alcaraz Aufschlagspiele hinein. Einmal bei den Returns in Schwung, ließ Fritz nicht mehr locker und gewann das letzte Service zu null. Den 7:5-Satzgewinn hatte der US-Amerikaner sich redlich verdient gegen den Spanier, dem die Souveränität seiner vorherigen beiden Runden abging.

DSGVO Platzhalter

Aber solche Konzentrationslöcher kennt man ja vom Spanier. Und ebenso, wie er daraus wieder hervorkriecht: indem er sich den Ernst der sportlichen Lage wieder bewusst macht. Zwar hatte Fritz nach dem Satz seine Wäsche gewechselt, doch wirkte derjenige, der die Pause im ollen Shirt unter praller Sonne machte, geistig erfrischt.

Ein Break zum 2:1, ein weiteres zum 6:3, erledigt war der Satz zu Alcaraz’ Gunsten. Dass es im vierten Durchgang in den Tiebreak ging, war angesichts der Aufschlagstärke beider Profis die logische Folge. Alcaraz vertändelte eine 4:2-Führung, sah sich bei 4:6 zwei Satzbällen ausgesetzt – und befreite sich mit cleveren Konterschlägen aus der Klemme.

Vier Punktgewinne in Serie bescherten ihm den Einzug in sein sechstes Grand-Slam-Finale. Verloren hat Alcaraz noch keines. Sinner bekommt nach dem ersten gescheiterten Versuch, dies in Paris zu ändern, auf dem Londoner Rasen nun die nächste Chance.