BVB vs. Barcelona: Herber Rückschlag vor dem großen Spiel

Borussia Dortmund reist mit Selbstvertrauen zum FC Barcelona – die schwere Verletzung von Nico Schlotterbeck wiegt allerdings schwer. Der Mannschaft von Niko Kovač ist dennoch einiges zuzutrauen – die Rolle des Außenseiters gefällt ihr.

Dieser Ausfall tut doppelt weh. Es ist nicht nur der wichtigste Abwehrspieler, der Borussia Dortmund in der entscheidenden Phase der Saison fehlen wird – es ist auch die Symbolfigur der Hoffnung darauf, dass dieses schwierige Spieljahr vielleicht doch noch zu einem versöhnlichen Ende gebracht werden kann. Doch es hilft nichts: Der Platz von Nico Schlotterbeck im Flieger nach Barcelona, wo der BVB am Mittwoch das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League absolviert, (21 Uhr/live DAZN), blieb leer.

Der Nationalspieler hatte sich im Training einen Meniskusriss zugezogen, er fällt für den Rest des Spieljahres aus. Schlotterbeck wird auch nicht am Finalturnier der Nations League mit der Nationalelf im Juni teilnehmen können, auch die anschließende Klub-WM dürfte er verpassen.

„Nicos Ausfall trifft uns sehr hart. Wir hoffen, dass er schnell wieder fit wird. Er bekommt von uns auf dem Weg zurück maximale Unterstützung“, sagte Sebastian Kehl. Die Betroffenheit, die beim BVB-Sportdirektor mitschwang, war angebracht: Schlotterbeck war der beständigste Dortmunder in 2024/25, vor allem auch in der Champions League. Dort hatte der 25-Jährige alle bisherigen zwölf Spiele von Anfang bis Ende bestritten.

Schlotterbeck stand maßgeblich für die Fortschritte des BVB, seit Niko Kovač die Mannschaft Anfang Februar übernommen hatte. Die Zahl der Gegentreffer hat sich seitdem deutlich reduziert: In zwölf Partien gab es 22, im Schnitt also knapp 1,1. Zuvor waren es 48 in 30 Begegnungen – 1,6 pro Spiel. Kovač hat das lange Zeit instabile Dortmunder Fundament verstärkt, zuletzt auch durch eine Umstellung von zwei auf drei Innenverteidiger – und Schlotterbeck war neben Kapitän Emre Can der entscheidende Faktor dabei.

Schlotterbeck-Ersatz noch unklar

Wer ihn jetzt ersetzen soll, ist offen. Dabei wäre es gerade in Barcelona besonders wichtig, auf eine eingespielte Defensivreihe zu setzen. 83 Tore hat die Mannschaft von Hansi Flick in der spanischen Liga erzielt sowie rekordverdächtige 32 Treffer in zehn Champions-League-Spielen – den Angriff mit Robert Lewandowski, Raphina und Lamine Yamal nennt Kovač „das Nonplusultra“. BVB-Kapitän Can erläuterte im „Kicker“, warum: „Bei Lewandowski weiß man, dass er im Strafraum eiskalt ist. Lamine Yamal ist Jahrhunderttalent, der mit seinen 17 Jahren schon spielt wie ein Erwachsener. Raphina sucht gern die Tiefe.“ Auf all das könne man sich aber „individuell vorbereiten“.

Die Dortmunder werden trotz Schlotterbeck-Verletzung mit aufsteigender Formkurve auflaufen. Das hängt mit dem Entwicklungsprozess zusammen, den die Mannschaft unter Kovač genommen hat – und damit, dass der Trainer abgesehen von der Abwehr deutlich mehr Alternativen als noch vor wenigen Wochen hat.

Vor allem kann Kovač endlich auf Carney Chukwuemeka bauen. Der 21-jährige Engländer, im Winter vom FC Chelsea geliehen, konnte am Samstag nach Verletzungen endlich sein Startelf-Debüt geben. Beim 4:1 in Freiburg erzielte er das 2:0 und bereitete das 3:0 vor. Spätestens da zeigte er seine Klasse: die technisch saubere Ballannahme, die Körperbeherrschung, die schnellen Drehungen – sowie seine Passschärfe und -Genauigkeit, als er einen Ball aus dem Gelenk direkt in den Laufweg von Julian Brandt beförderte.

„Wir haben einen tollen Fußballer dazugewonnen“, sagte Kovač, der in Barcelona wohl erneut auf Chukwuemeka von Beginn setzen wird. Denn dessen Fähigkeiten machen das Spiel unberechenbar. Dies könnte ein entscheidender Faktor werden, zumal Barca dazu neigt, sich an seiner eigenen Spielstärke zu berauschen. Das Flick-Team bietet dem Gegner immer auch etwas an. Und die Dortmunder haben mittlerweile mehrere Offensivkräfte, die daraus Kapital schlagen könnten. „Wir trauen uns zu, Barcelona wehtun zu können und werden versuchen, uns eine gute Ausgangsposition zu erarbeiten“, sagte Kehl. Es ist auch die klare Außenseiterrolle, die den Dortmunder behagen könnte. „Das ist eine Mega-Chance, bei der wir befreit aufspielen und alles heraushauen können“, erklärte Torhüter Gregor Kobel.

Entscheidende Wochen für den BVB

Die Partie ist zugleich der erste Höhepunkt in zwei richtungsweisenden englischen Wochen. Nach der Rückkehr aus Barcelona machen die Dortmunder nur einen kurzen Zwischenstopp in der Heimat – Freitag geht es weiter nach München, wo es tags darauf gegen die Bayern geht. Die Hoffnung, dass der BVB auch in der kommenden Saison wieder in der Champions League spielen kann, hat Kovač nicht aufgeben – trotz aktuell fünf Punkten Rückstand auf den vierten Platz.

Die Spiele gegen den großen FC Barcelona, das Rückspiel in Dortmund findet in einer Woche statt, sollen bei diesem Unterfangen auf keinen Fall ablenken. Sie sollen ein Durchlauferhitzer sein – bei einer Aufholjagd in der Bundesliga, die, sollte sie tatsächlich erfolgreich sein, schon furios sein müsste.