Bundeswehr: Boris Pistorius will neuen Wehrdienst noch in diesem Jahr starten

Der geschäftsführende Verteidigungsminister
Boris Pistorius (SPD) will den neuen Wehrdienst noch dieses Jahr
starten. „Das
entsprechende Gesetz ist weitgehend vorbereitet, es könnte noch dieses
Jahr in Kraft treten“, sagte Pistorius dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Das Verteidigungsministerium könne „zügig einen Entwurf vorlegen“.

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf ein neues und zunächst auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell geeinigt. „Wir gehen davon aus, dass wir mit einem attraktiven Wehrdienst genügend Freiwillige gewinnen werden“, sagte Pistorius. „Sollte das eines Tages nicht der Fall sein, wird zu entscheiden sein, junge Männer verpflichtend einzuberufen.“ Noch in diesem Jahr will Schwarz-Rot dann die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen.  

Pistorius will sich an einem Modell orientieren, das in Schweden gilt. Männer ab 18
Jahren müssten demnach einen Fragebogen ausfüllen. „Das gewährleistet
die Wehrerfassung. Dann spricht die Bundeswehr die für sie geeigneten
Personen an, ob sie einen Grundwehrdienst ableisten wollen“, sagte
Pistorius dem Spiegel. Probleme, damit den Personalbedarf der Bundeswehr decken zu
können, erwartet Pistorius nicht. Die Schweden hätten das über mehrere
Jahre erfolgreich praktiziert. Wenn in den
ersten Jahren genügend Freiwillige gewonnen würden, müsse über eine Pflicht dann gar nicht diskutiert werden, sagte er. Nur wenn die Zahlen am
Ende zu klein ausfielen, „wäre über
Pflichtelemente zu entscheiden“. 

Auch Reserve soll gestärkt werden

Derzeit schrumpft die Bundeswehr leicht, obwohl sie eigentlich wachsen soll. Zum Jahreswechsel hatte sie 181.000 Soldatinnen und Soldaten, Ende 2022 waren es noch 183.000. SPD und Union seien sich einig, dass die Bundeswehr gestärkt werden müsse, sagte Pistorius. „Damit sind nicht nur die stehenden Streitkräfte gemeint, also die rund 180.000 Männer und Frauen, sondern auch die Reserve“, sagte Pistorius. Allerdings gebe es nicht mehr die gleichen Kapazitäten wie vor 30 Jahren. Es fehlten Betten, Kasernen, Ausbilder und Material. „Wir werden im ersten Jahr vermutlich rund 5.000 Wehrdienstleistende zusätzlich haben.“

„Zur Gleichberechtigung gehören Rechte und
Pflichten. Perspektivisch brauchen wir daher ein verpflichtendes
Gesellschaftsjahr für Männer und Frauen. Das wäre zeitgemäß, würde den
Zusammenhalt stärken und auch jedem und jeder Einzelnen guttun“, sagte
die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Dienst in der
Bundeswehr könnte ein Teil des Gesellschaftsjahres sein. Andere könnten sich auch im sozialen Bereich, im
Katastrophenschutz, im Klimaschutz oder in der Denkmalpflege engagieren.
Ein solches gesamtgesellschaftliches Modell brauche „aber dringend eine
verpflichtende Erfassung, und es darf keine Nachteile für die
berufliche Karriere geben“, betonte die Wehrbeauftragte.

Pistorius sagte dem Spiegel, er wisse noch „nicht zu 100 Prozent“, ob er das Amt des Verteidigungsministers
in einer neuen Regierung weiterführen werde. Das Personal der SPD werde
erst nach dem Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag vorgestellt.
„Aber es spricht einiges dafür“, sagte der SPD-Politiker.