Bundesverfassungsgericht: Abschiebehaft muss von Richtern angeordnet werden

Die Festnahme von Ausländerinnen und Ausländern, um diese in Abschiebehaft zu nehmen, bedarf grundsätzlich einer richterlichen Anordnung. Das hat das Bundesverfassungsgericht in drei entsprechenden Beschlüssen entschieden. Wenn eine Anordnung im Ausnahmefall zunächst nicht eingeholt werden könne, müsse sie „unverzüglich“ nachgeholt werden, stellte das Gericht fest.

Die Verfahren betrafen eine Frau aus der Slowakei sowie einen Mann und eine Frau aus Eritrea. Sie waren zwischen 2017 und 2020 festgenommen worden, bevor richterlich über ihre Abschiebehaft entschieden wurde. In allen drei Fällen lag die entsprechende Anordnung nach einer Stunde bis einen Tag später vor. Die beiden Frauen wurden unmittelbar nach der Abschiebehaft abgeschoben. 

Die Betroffenen hatten sich nachträglich gegen die Festnahme gewehrt, waren damit aber vor den Amts- und Landgerichten erfolglos geblieben. Die Grundrechte der Beschwerdeführenden wurden damit verletzt, stellte das Bundesverfassungsgericht fest.

Geschäftsschluss keine hinreichende Begründung

Die Behörden dürfen sich laut Verfassungsgericht nicht auf organisatorische Gründe wie den Geschäftsschluss am Freitagnachmittag berufen. Es gebe keine allgemein festgelegten Dienstzeiten für Richterinnen und Richter, so die Begründung. Zudem sei unklar geblieben, welche Anstrengungen die Behörden unternommen hätten, um in den konkreten Fällen eine richterliche Entscheidung zu erwirken. Nur wenige Verzögerungen seien unvermeidbar, wie etwa Schwierigkeiten beim Transport.

Zudem könnten Betroffene ein schutzwürdiges Interesse daran haben, die Rechtswidrigkeit nachträglich feststellen zu lassen, weil die Anordnung von Abschiebehaft ihr Ansehen beeinträchtigen könne. Schließlich ist eine Abschiebehaft nur dann vorgesehen, wenn davon ausgegangen wird, dass sie untertauchen oder die Abschiebung erschweren wollen.

Bei den eritreischen Staatsangehörigen sah das Bundesverfassungsgericht die Grundrechte auch deshalb verletzt, weil die Festnahme ohne gesetzliche Grundlage erfolgte. Ihre Asylanträge wurden mit der Begründung abgelehnt, dass Italien für ihre Bearbeitung zuständig gewesen sei. Die Regelung für entsprechende Fälle nach dem sogenannten Dublin-Verfahren trat aber erst im August 2019 in Kraft. Die Slowakin wurde mit der Begründung abgeschoben, dass sie mehrmals straffällig geworden sei.