
Videos von Parteien an den politischen Rändern werden einer Studie zufolge deutlich häufiger auf sozialen Medien angezeigt als die der Mitte-Parteien. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Untersuchung der Universität Potsdam und der Bertelsmann-Stiftung. Demnach bestimmen die oft intransparenten Algorithmen der Anbieter maßgeblich, welche politischen Botschaften junge Menschen erreichen.
Für die Studie erstellten die Wissenschaftler 268 Nutzerprofile von imaginären 21- bis 25-Jährigen auf TikTok, Instagram, X und YouTube. Anschließend untersuchten sie, wie viele der Videos ihnen automatisch angezeigt wurden, die während des Bundestagswahlkampfs von offiziellen Parteiaccounts veröffentlicht wurden. Die Erhebung startete am 22. Januar dieses Jahres und endete mit der Wahl am 23. Februar.
Demnach wurden die Inhalte der Parteien an den politischen Rändern häufiger angezeigt. Die Linke konnte ihre Sichtbarkeit laut der Studie fast verdreifachen. Sie postete 9,7 Prozent der untersuchten Videos, wurde in den Feeds aber mit einem Anteil von 27,6 Prozent angezeigt. Zugleich dauerte es allerdings verhältnismäßig lange, bis ihre Beiträge nach dem Posten angezeigt wurden – auf TikTok waren es fast 80 Minuten.
AfD-Beiträge am häufigsten und schnellsten ausgespielt
Sowohl am häufigsten als auch am schnellsten im Feed ausgespielt wurden laut der Studie die Videos der AfD: Während die Partei 21,5 Prozent der untersuchten Videos postete, wurden sie den jungen Nutzern zu 37,4 Prozent angezeigt. Videos mit Bezug zur AfD wurden der Studie zufolge auch am schnellsten vorgeschlagen: Durchschnittlich elf bis zwölf Minuten nach Erstellung eines TikTok-Profils habe es gedauert, bis ein Video mit dem Hashtag „afd“ angezeigt wurde. Videos mit „#spd“ seien dagegen erst nach 70 Minuten ausgespielt worden.
Dementsprechend hatten die Parteien der Mitte auch hinsichtlich der Reichweite das Nachsehen. Während die SPD mit einem Anteil von 24,1 Prozent zwar die meisten
Videos postete, wurden diese in den Feeds der imaginären Nutzer nur mit
einem Anteil von 14,1 Prozent vorgeschlagen.
Auch die CDU/CSU büßte der Studie zufolge an Sichtbarkeit ein: So posteten die Unionsparteien 17,1 Prozent der
Videos offizieller Parteiaccounts, wurden bei den Test-Accounts jedoch
nur zu 4,9 Prozent der Fälle angezeigt. Was die Schnelligkeit anging, mit der TikTok ihre Beiträge den Nutzern vorschlug, belegten sie hingegen den zweiten Platz hinter der AfD.
Amber Jensen, Projektmanagerin im Programm Demokratie und Zusammenhalt der Bertelsmann Stiftung, sagte, der Social-Media-Feed werde zum zentralen politischen Informationsraum, während er zugleich den wirtschaftlichen Interessen der Plattformen unterliege. Wie genau die Algorithmen funktionieren, ist öffentlich nicht bekannt. Die Stiftung empfahl daher verstärkte Bildungsarbeit über die Wirkweise von Algorithmen.
