Bundesregierung: Bürgergeldreform bringt laut Papier „keine nennenswerten Einsparungen“

Das Bundessozialministerium hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Bürgergeldes fertiggestellt und zur ersten internen Abstimmung unter anderem an das Bundeskanzleramt geschickt. Wie in der schwarz-roten Koalition verabredet, soll das Bürgergeld demnach künftig Grundsicherung heißen. Wer Termine im Jobcenter ohne zwingenden Grund versäumt oder eine
Arbeitsaufnahme verweigert, soll dies härter zu spüren bekommen. 

In einem Faktenpapier aus Regierungskreisen zu der Reform, das der ZEIT vorliegt, heißt es derweil, dass sich allein aufgrund der Maßnahmen des Gesetzentwurfs „keine nennenswerten Einsparungen“ durch die Reform ergeben würden. Nennenswerte Effekte würden sich erst durch die verbesserte Arbeitsmarktintegration und eine Reduzierung der Leistungsberechtigten ergeben. Die erwarteten Einsparungen durch Sanktionen würden enttäuschend
ausfallen, hatte Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) schon nach der Koalitionseinigung
vorige Woche die Erwartungen gedämpft.

„Solidarität geht in beide Richtungen“

Weiter heißt es in dem Papier, dass man am „Prinzip der Solidarität“ festhalte. Wer in Not sei, dem werde geholfen. Solidarität gehe allerdings in beide Richtungen. Daher setze man „auf mehr Mitwirkung und spürbare Konsequenzen bei Nicht-Mitwirkung„. 

Vor gut einer Woche hatten sich die Spitzen von Union und SPD im Koalitionsausschuss auf Grundsätze geeinigt. Im Anschluss sagte Ministerin Bas: „Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist.“

Direkte Kürzung um 30 Prozent soll möglich werden

Der vollständige Gesetzentwurf ist bisher nicht öffentlich, da interne Abstimmungen noch laufen und sich noch Dinge ändern dürften. Aus dem Faktenpapier gehen jedoch bereits einige Details hervor. So sollen etwa Menschen, die eine Weiterbildung abbrechen oder keine Bewerbungen abschicken, künftig direkt mit einer Kürzung des Regelsatzes um 30 Prozent für drei Monate bestraft werden. Bisher war diese Sanktion gestaffelt. 

Wer zwei aufeinanderfolgende Termine im Jobcenter versäumt, dem soll die Zahlung ebenfalls um 30 Prozent reduziert werden. Beim dritten versäumten Termin sollen die Zahlungen zunächst komplett gestrichen und die Miete direkt an den Vermieter gezahlt werden. Wenn die betroffene Person dann innerhalb eines Monats im Jobcenter erscheint, werden die geminderten Leistungen im Nachhinein erbracht. Wenn nicht, entfällt der Anspruch auf Leistungen komplett. 

Man wolle sicherstellen, dass diese Sanktionen „nicht die Falschen“ träfen, heißt es dazu in dem Faktenpapier. Für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Familien seien „umfassende Schutzmechanismen“ wie etwa eine Härtefallprüfung geplant.

Beim sogenannten Schonvermögen soll künftig gestaffelt werden. Bislang wurde ein Vermögen bis 15.000 Euro bei Bürgergeldempfängern
nicht angetastet. Künftig soll die Grenze bei unter 20-Jährigen bei
5.000 Euro liegen, darüber bei 10.000 Euro, ab 40 bei 12.500 Euro und ab 50 Jahren
bei 15.000 Euro.

Gewerkschaften kritisieren Vorhaben

Nach der regierungsinternen Abstimmung,
Anhörungen von Verbänden und anderen Verfahrensschritten soll die Reform
noch in diesem Jahr vom Kabinett auf den Weg gebracht werden und geht dann
ins parlamentarische Verfahren. Im Detail kann sich also noch einiges
ändern.

Die Inhalte der Vorlage stießen bei den
Gewerkschaften auf Kritik. „Das, was wir bisher wissen, klingt nicht nach
großen Erfolgen, dafür aber nach vielen Verlierern“, sagte Anja
Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Das
neue Sanktionsregime schafft Angst, mehr Bürokratie, aber keine neuen
Jobs.“

Der Grünen-Sozialpolitiker Armin Grau kritisierte, Kanzler Merz habe „mit der Debatte um das Bürgergeld
die soziale Spaltung vorangetrieben“. Bei der „’neuen
Grundsicherung‘ gibt es krasse soziale Härten für einzelne Menschen. Was
aus der ideologisch geführten Debatte bleibt, ist eine vertiefte
gesellschaftliche Spaltung und weniger Vertrauen in Regierung und
Politik“, sagte er. Merz hatte Kritik an den härteren Sanktionen zuletzt zurückgewiesen