Bundeshaushalt: Zinslast auf dem Verschiebebahnhof

Der Bundeshaushalt gilt als das Schicksalsbuch der Nation. Das hat einen einfachen Grund. Die dort fixierten Ausgaben sind von zentraler Bedeutung: für die Sicherheit des Landes, für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, für die soziale Balance und – nicht zu vergessen – für die wirtschaftliche Perspektive. Mit ihm werden die Weichen gestellt, ob mehr oder weniger Bagger rollen, im staatlichen Auftrag oder im privaten. Im Tagesgeschäft ist erfahrungsgemäß die Mütterrente wichtiger als ein geringerer Strompreis für jeden. Alles geht eben auch mit einer extrem gelockerten Schuldenbremse nicht. Wie ein kurzer Blick zurück zeigt, ist der Haushalt aber auch das Schicksalsbuch einer Regierung. Die Ampelregierung zerbrach vor einem Jahr an einer Lücke von wenigen Milliarden Euro.

Viel zu lange haben Verteilungsfragen dominiert. Die sozialen Leistungen haben mit anderen Ausgabenposten, die kaum zu verändern sind, den Haushalt versteinern lassen. Mit dem neuen Sondervermögen für Infrastruktur versprach Schwarz-Rot, peinigende Lücken in der Infrastruktur zu schließen. Das Grundgesetz erlaubt dafür nun Sonderschulden von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre. Wie das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) aktuell berichtet, werden jedoch bis zu 50 Prozent der Mittel für andere Zwecke eingesetzt. Haushaltstechnisch ist das nicht leicht nachzuvollziehen, das Ergebnis ist beunruhigend: Jeder zweite so aufgenommene Euro würde nicht für zusätzliche Investitionen genutzt.

Nur wenn die Sonderkredite investiv genutzt werden, damit die Straßen besser, die Bahn pünktlicher, die Datennetze schneller und die Forschungszentren ertragreicher werden, wächst die Wirtschaftsleistung dauerhaft stärker – und damit das Steueraufkommen in einem Maße, das die Zinslast verkraftbar bleibt. Das stille Arbeiten auf dem schwarz-roten Verschiebebahnhof bewirkt das Gegenteil. Ein erheblicher Teil der zusätzlichen Ausgaben sorgt nur für einen kurzfristigen Nachfrageschub. Wenn dieses Geld verbrannt ist, bleibt eine höhere Schuldenlast. Bis 2029 werden sich die Zinsausgaben des Bundes verdoppeln. Das ist erst der Anfang. Man kann es nicht oft genug sagen: Das Arbeiten auf dem Verschiebebahnhof ist gefährlich.