
Nur weil jemand ein Brite ist, muss er nicht zwangsläufig etwas mit Fußball im Sinn haben. Andererseits liegt eine Fußball-Assoziation nicht fern, wenn man eine kuriose Geschichte hört mit einem Briten in der Hauptrolle. Aus gutem Grund also ein kurzer Exkurs in die Neunzigerjahre, wenn zunächst auch nach München. Die ZDF-Serie „FC Hollywood“ führt einem am Beispiel von Bayern München nämlich gerade nochmals vor Augen, dass man damals als Kettenraucher und/oder Trinker sowie grundsätzlich eher disziplinloser Profi sehr wohl nationale und internationale Titel gewinnen konnte in dieser Sportart. In England war es ähnlich (abgesehen von den internationalen Titeln), vielleicht sogar eine Spur wüster: Es waren die Jahre von Wayne Rooney, Paul Gascoigne, Tony Adams …
Ende der Neunziger war auch die Zeit, als Trainer, Sportdirektoren, Fans und Medien am Ende jeder Sommer- und Winterpause zuverlässig rätselten: Kommt er pünktlich zum Trainingsstart? Und wenn nicht: Um wie viele Tage wird er seinen Urlaub eigenmächtig überziehen? Anstelle von „er“ kann man zum Beispiel den Namen Ailton einsetzen, alternativ nahezu beliebig jeden anderen Namen eines damals in Europa aktiven südamerikanischen Fußballprofis. Es war in der Branche seinerzeit ein Kavaliersdelikt, die Ferien um ein paar Tage zu überziehen, zumal bei einer Rückreise von Kontinent zu Kontinent. Die Ausreden für die Verspätungen waren zum Teil urkomisch.
Es ist wärmer und günstiger als daheim, und die traditionellen Speisen führen nicht unmittelbar zu Herz-Kreislauf-Problemen
Das führt zurück zu besagtem Engländer, dessen Geschichte, um die es hier geht, im Jahr 2000 begonnen hat. Auch dieser Mann war länger im Urlaub, als ihm zugestanden war. Allerdings nicht bloß läppische drei oder vier Tage. Sondern rundheraus 25 Jahre. Wobei in seinem Fall nicht ein Arbeitergeber und schon gar kein Fußballverein (vergeblich) auf den Mann gewartet hat, jedenfalls ist davon nichts bekannt. Vielmehr ist nach der üblichen Frist von 30 Tagen sein Touristenvisum abgelaufen, mit dem er seinerzeit nach Thailand eingereist war. Der Mann blieb einfach. Und blieb. Zunächst in Bangkok, 13 Jahre später zog er nach Chiang Mai. Er verliebte sich in eine Einheimische, gründete mit ihr eine kleine Familie. Nichts zog ihn zurück nach England.
Wann immer er kontrolliert worden ist, hat der inzwischen 60-Jährige erklärt, er könne sein Visum nicht vorzeigen, weil es gerade verlängert werde. So dreist war nicht einmal Ailton. Und was soll man sagen: Es hat funktioniert, ein sattes Vierteljahrhundert lang: Der Brite ist 9135 Tage länger als genehmigt in Thailand geblieben – er hat das Land während dieser 25 Jahre nie verlassen.
Und jetzt? Soll er schnöde und herzlos abgeschoben werden in seine Heimat. Aber was bedeutet das schon? Als der Mann letztmals in Großbritannien war, lebten sowohl Queen Mum als auch Margaret Thatcher noch. Der Fußball-Torwart Peter Shilton, Jahrgang 1949, hatte eben erst seine Profikarriere beendet, und es gab auch keine Gerüchte über eine mögliche Wiedervereinigung von Oasis. Die Band hatte sich schließlich noch nicht einmal aufgelöst.
Vielleicht ein kleiner Trost: Die 25 Jahre in Thailand waren wohl tatsächlich so etwas wie ein großartiger Urlaub. Jedenfalls ist der Brite ausweislich thailändischer Behörden keiner bezahlten Arbeit nachgegangen in all den Jahren. Und ein kleiner Tipp: Für Malaysia, das dem Commonwealth angehört und das der südliche Nachbar von Thailand ist, braucht er als Brite kein Visum.
