
Die Frau des französischen Präsidenten, Brigitte Macron, wehrt sich mit juristischen Mitteln gegen Falschaussagen über ihr Geschlecht. Seit mehr als vier Jahren verbreiten zwei Französinnen über die sozialen Netzwerke die Lüge, die Première dame sei als Mann geboren und habe eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen. Außerdem habe sie einen Minderjährigen verführt – gemeint ist Emmanuel Macron.
Zunächst fand die dreifache Mutter die Gerüchte zu absurd, um darauf zu reagieren, wie sie im Radiosender RTL berichtete. Bevor sie im Jahr 2007 Macron heiratete, war die heute 72 Jahre alte Brigitte Macron mit dem inzwischen verstorbenen Bankier André-Louis Auzière verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Töchter, Tiphaine und Laurence, und ein Sohn, Sébastien, hervor. Ihre Kinder und ihre Enkelkinder hatte Brigitte Macron nach eigenen Worten im Sinn, als sie sich Anfang 2022 entschied, mit rechtlichen Mitteln gegen die beiden Onlineschwindlerinnen Natacha Rey und Amandine Roy vorzugehen.
Bruder soll sich in Brigitte Macron verwandelt haben
Bislang ist diese Strategie alles andere als erfolgreich. Die beiden Frauen wurden am 10. Juli im Berufungsprozess freigesprochen, weil das Gericht den Straftatbestand der Verleumdung nicht als erwiesen ansah. Nun will Brigitte Macron laut ihrem Anwalt Jean Ennochi vor den Kassationshof ziehen. Auch ihr Bruder Jean-Michel Trogneux schließt sich dem Verfahren an. Brigitte Macron ist das jüngste von sechs Geschwistern.
Ihr Bruder Jean-Michel spielt in der Verschwörungstheorie eine entscheidende Rolle. In einem Youtube-Video, das millionenfach abgerufen wurde, behaupten Rey und Roy, dass der Bruder nicht mehr existiere, weil er sich in Brigitte Macron verwandelt haben soll. Dazu zeigen sie Fotos von Jean-Michel, der Brigitte tatsächlich ähnlich sieht, wie das bei Geschwistern vorkommt. Doch für Rey und Roy ist das der Beweis, dass Bruder und Schwester ein und dieselbe Person seien. Die amerikanische Verschwörungstheoretikerin Candace Owens hat das Gerücht aufgegriffen und es unter dem Titel „Becoming Brigitte“ nach Amerika getragen. Nach dem Berufungsurteil jubelte Owens, es sei jetzt erwiesen, dass Brigitte Macron eine Transfrau sei.

Dabei hatten die Richter nur zu prüfen, ob 18 beanstandete Äußerungen der gesetzlichen Definition von Verleumdung entsprachen. In 17 Fällen kamen sie zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sei. Das Gericht urteilte jedoch, dass die beiden Frauen Brigitte Macron sehr wohl diffamiert hätten. Die 18. Äußerung bezog sich auf die Verführung eines Minderjährigen. Das Berufungsgericht befand, dass Rey und Roy „in gutem Glauben“ agierten, weil sie sich auf Presseartikel stützten. In den Presseartikeln hieß es, Macron sei noch nicht 18 Jahre alt gewesen, als er sich an seiner Schule in seine Theater-Leiterin verliebte. In erster Instanz waren Rey und Roy im vergangenen September für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 500 Euro auf Bewährung sowie zur Zahlung von insgesamt 8000 Euro Schadenersatz an Brigitte Macron und 5000 Euro an ihren Bruder Jean-Michel Trogneux verurteilt worden, die beide als Nebenkläger auftraten.
Um sich der Flut an Gerüchten entgegenzustemmen, hat Brigitte Macron im August 2024 auch Anzeige wegen Cybermobbings erstattet. Nach den Ermittlungen der Polizei wurden vergangene Woche zehn Personen zu einer Vorverhandlung vorgeladen. Nachrichtenagenturen meldeten irrtümlicherweise, es handele sich um den Beginn des Strafprozesses. Dieser ist aber erst am 27. Oktober geplant. Wieder geht es um die Transgender-Gerüchte, aber nun sollen sich die Leute verantworten, die online die Lüge weiter verbreiteten. Der bekannteste ist der rechtsextreme Werbetexter Aurélien Poirson-Atlan, der auf der Plattform X den inzwischen gesperrten Account Zoé Sagan unterhielt. Die vermeintlichen Enthüllungen von Zoé Sagan zogen mehr als 200.000 Follower in den Bann. In einem getrennten Verfahren muss sich der in Italien lebende rechtsextreme Journalist Xavier Poussard verantworten, der den Bestseller „Devenir Brigitte“ schrieb, die Vorlage für Candace Owens’ „Becoming Brigitte“.
An dem mutmaßlichen Cybermobbing beteiligten sich ein Stadtrat, zwei Rentner, ein Bankangestellter, ein Sportlehrer, ein Informatiker, eine Erzieherin und eine Person mit Behinderung. Der Justiz bekannt ist der Pariser Galerist Bertrand Scholler. Im Verhör sagten sie laut Presseberichten, sie hätten die Gerüchte nur weiter verbreitet.