Borussia Dortmund: Feuerwehrmann für weiter oben

In Dortmund ist Not am Mann. Mit dieser Floskel verbindet man Niko Kovač. Sie wurde ihm in München zum Verhängnis, als er Thomas Müller zum Bankdrücker und zur Aushilfslösung degradierte. „Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit seine Minuten bekommen“, sagte der damalige Bayern-Trainer Kovač, der dann bald keiner mehr war. Entscheidung wie Wortwahl bezeichnete er später als Fehler.  

Kovač kann fürs Erste wirklich der Richtige sein. Denn die Gefahr ist groß in Dortmund. Die Sorge, von der Konkurrenz aus Frankfurt, Leverkusen und Stuttgart abgehängt zu werden, ist berechtigt. Der BVB ist auf Platz elf gefallen, Auge in Auge mit Augsburg. Nun sucht er – noch eine Floskel – einen Feuerwehrmann, einen Trainer also, der Brände löscht und Vereine vor dem Abstieg rettet.   

Kovač ist ein Feuerwehrmann, einer für höhere Regionen, der Dortmunder Abstiegskampf findet nun mal weiter oben statt. Er soll die Champions League erreichen, wenigstens den Europacup. Möglich ist das, die Saison ist noch lang.  

Dem erfahrenen Kovač ist es zuzutrauen, dass bald wieder eine schwarz-gelbe Einheit auf dem Platz steht, die ihr Tor leidenschaftlich verteidigt. Der 53-Jährige kann eine Mannschaft führen, weil er sich durchzusetzen versteht und die Nerven bewahrt. Der ehemalige Nationalspieler Kroatiens kann Kabine, das hat er in München, Monaco oder auch bei seiner Nationalmannschaft bewiesen.  

Man konnte mal die Fantasie haben, dass aus Kovač ein erfolgreicher Trainer werden könnte. 2016 rettete er Eintracht Frankfurt vor dem Abstieg, wurde später Pokalsieger. Ein Erfolg, der in diesem Verein einen Impuls freisetzte, der bis heute wirkt. Mit dem FC Bayern, wo er sich eine Zeit lang behauptete, gewann er 2019 das Double.  

Aber Kovačs Weiterentwicklung blieb aus. „Ich mache aus meinen Spielern Krieger“, sagte er, als er nach München wechselte. Das lässt eine in Deutschland populäre, aber eben eindimensionale Vorstellung vom Fußball als Kampfsport erahnen. Kovač verkörperte sie schon als Spieler. Das ist alte Schule im schlechten Sinne. Kein Wunder, dass man bei seinen Mannschaften nie eine Handschrift erkennt.  

In seiner Bilanz stehen sodann auch Misserfolge: elf sieglose Spiele mit Wolfsburg, 3:3 mit Bayern München gegen Fortuna Düsseldorf, das Vorrundenaus mit Kroatien bei der WM 2014. Die Eintracht war unter ihm sogar mal das schlechteste Team der Rückrunde. Nirgendwo blieb er lange. Es wäre überraschend, wenn sich das auf seiner neuen Station ändert. Selbst in Dortmund scheint die Hoffnung darauf nicht allzu groß zu sein, darauf lässt die kurze Vertragslaufzeit (2026) schließen. 

Und die dortigen Trainerentscheidungen überzeugen schon lange nicht mehr. Zuletzt war der unreife Nuri Şahin gescheitert, dem der Verein viel zu früh den teuren, aber gar nicht mehr so guten Kader anvertraute. Şahin sollte die innovative Lösung sein. Jetzt glaubt man an den konservativen Ansatz, für den Kovač steht. Eine Strategie ist das nicht.

Das Problem liegt also eine Etage höher. Auf Dauer kann der Erfolg nach Dortmund ohnehin nur dann zurückkehren, wenn der Verein sein Führungsproblem löst. Lars Ricken, Sebastian Kehl, Sven Mislintat, Matthias Sammer – die Liste der gut bezahlten Einflüsterer ist lang. Doch die Aufgaben zwischen ihnen sind nicht klar verteilt.   

Zu verantworten hat das alles Aki Watzke, der ebenfalls in sportlichen Dingen mitredet. Er macht als mächtigster Mann im Fußball Karriere. Jetzt muss er aufpassen, dass sich das tolle Dortmunder Publikum nicht abwendet. Und dass er kurz vor seinem Abtritt als Geschäftsführer seinen Verein nicht ins Mittelmaß führt.