
So wenig Wasser wie in diesen Tagen war im Frühling schon lange nicht mehr im Bodensee. In Konstanz steht der Pegel derzeit bei etwas mehr als 2,70 Metern. Diese Höhe wurde dort im April zuletzt vor 40 Jahren gemessen. Manche Häfen am Bodensee sind bereits trocken gefallen, an vielen Orten ragen Sandbänke aus dem Wasser. Auch der Rhein führt Niedrigwasser. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete den Pegelstand als besorgniserregend. Solche Bilder kennt man eigentlich aus dem Hochsommer.
Grund für den Wassermangel ist einerseits, dass es über die vergangenen Monate in der Region kaum geregnet hat. Der März 2025 zum Beispiel war der wärmste in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen. Er war fast zweieinhalb Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Laut dem EU-Erdbeobachtungsdienst Copernicus war es zudem in Zentraleuropa deutlich trockener als sonst. Außerdem fehlt wichtiges Gletscher- und Schneeschmelzwasser aus den Alpen. Normalerweise schmelzen in den Frühlingsmonaten die Schneemassen in den Bergen und fließen als Wasser in den Bodensee. Der Rheinfall etwa, über den große Teile des Wassers in den Bodensee gelangen, führt im langfristigen Durchschnitt im April 316 Kubikmeter pro Sekunde. Aktuell fließen dort nur 170 Kubikmeter Wasser pro Sekunde.
Meteorologen rechnen damit, dass es im Zuge des Klimawandels künftig im Frühjahr häufiger zu Trockenheit kommen wird.

Derzeit können die Häfen Langenargen, Immenstaad und Bad Schachen nicht mehr von Ausflugsschiffen angefahren werden. Der Hafen von Mannenbach-Salenstein im Schweizer Kanton Thurgau ist derzeit sogar komplett ausgetrocknet. Die kleinste Bodenseeinsel Hoy in Lindau liegt normalerweise 100 Meter vom bayerischen Ufer entfernt – derzeit ist sie zu Fuß erreichbar. Die Bodensee-Fähre zwischen Meersburg und Konstanz kann jedoch nach Angaben der Bodensee-Schiffsbetriebe weiterhin ohne Einschränkungen verkehren.
Die Trinkwasserversorgung sei ungefährdet, heißt es
Obwohl der Pegelstand ungewöhnlich niedrig ist, bestehe für die Trinkwasserversorgung derzeit kein Grund zur Sorge, sagte eine Sprecherin des Zweckverbands Bodensee-Wasserversorgung der Nachrichtenagentur dpa. Weil das Trinkwasser aus 70 Metern Tiefe entnommen wird, bestehe für die Versorgung keine Gefahr. Starke Schwankungen im Wasserstand des Sees sind üblich.
Gravierender sind die Folgen auf dem Rhein, Deutschlands wichtigster Wasserstraße. Besonders Unternehmen, die schwere Fracht über den Fluss transportieren, sind von den niedrigen Pegelständen betroffen. „Wir benötigen jeden Tag circa 60 000 Tonnen Rohstoffe, vor allem Eisenerz und Kohle, die überwiegend per Schiff kommen“, sagte etwa ein Sprecher von Thyssenkrupp Steel.

Aktuell können Schiffe in Köln wegen des niedrigen Wasserstands nur noch mit etwa halber Ladung fahren, erklärte Florian Krekel vom Wasser- und Schifffahrtsamt. Am flacheren Mittelrhein im Bereich Bingen reicht es bei größeren Schiffen gar nur noch für ein Drittel der Frachtkapazität. Unternehmen müssen ihre Fracht deshalb auf mehrere Schiffe verteilen, was die Kosten in die Höhe treibt. Das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung sieht daher in den niedrigen Pegelständen des Rheins eine Gefahr für das Wirtschaftswachstum. RWI-Forscher Manuel Frondel forderte, Mittel des Infrastrukturfonds bald für die Vertiefung des Rheins zu nutzen.
Entspannung ist laut dem Niedrigwasserbericht der Bundesanstalt für Gewässerkunde erst kommende Woche zu erwarten. Bis dahin sollen die Pegelstände weiter sinken. Ab Sonntag kann es laut Deutschem Wetterdienst im Südwesten Deutschlands wieder zu Regen kommen. Vielleicht entspannt sich dadurch die Lage, bevor der Wasserspiegel des Bodensees unter den historischen Tiefststand fällt.