BND-Chef: Putin könnte NATO-Bündnisbereitschaft testen


Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat vor einer immer aggressiveren Haltung Russlands gegenüber dem Westen gewarnt. „Mit dem umfassenden Einsatz der hybriden Methoden und den Mitteln durch Russland steigt auch das Risiko, dass sich irgendwann die Frage eines NATO-Bündnisfalls stellt“, sagte Kahl am Mittwochabend auf einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und verwies auf eine massive russische Hochrüstung.

Dazu komme, dass es im russischen Verteidigungsministerium offensichtlich Zweifel daran gebe, ob die USA im Ernstfall überhaupt zu ihrer Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 des NATO-Atlantikvertrages stünden. „Derzeit liegen zwar noch keine Hinweise zu konkreten Kriegsabsichten Russlands vor. Aber wenn solche Ansichten überhandnehmen in der Regierungszentrale in Moskau, wächst in den kommenden Jahren das Risiko auch einer militärischen Auseinandersetzung“, warnte Kahl.

Hintergrund ist auch der Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten Donald Trump im Januar in Washington. Es gibt Zweifel, ob Trump zu den NATO-Verpflichtungen steht.

Kahl: Militärische Konfrontation mit NATO ist „mögliche Handlungsoption“ für Putin

„Mit dem fortschreitenden Aufwuchs des Militärpotenzials Russlands wird eine direkte militärische Konfrontation mit der NATO zu einer möglichen Handlungsoption für den Kreml“, sagte der BND-Chef. Es reiche für Moskau, „kleine grüne Männchen“ ins Baltikum zu schicken, um angeblich bedrohte russische Minderheiten zu schützen oder auf Spitzbergen „eine kurze territoriale Geländebereinigung“ gegenüber Norwegen vorzunehmen. „Das sind alles Szenarien, die dann einen solchen Testfall auslösen könnten“, sagte Kahl mit Hinweis auf Artikel fünf.

In einem ARD-Interview sagte Kahl zudem auf die Frage, ob Russlands Präsident Wladimir Putin Interesse an einer Stärkung russlandfreundlicherer Parteien wie AfD und BSW habe: Dieser habe Interesse am „Verächtlichmachen derer, die in der Mitte unserer Gesellschaft Verantwortung tragen und Stärken derer, die am Rande tätig sind, insbesondere solche, die auf Putins Propaganda hereinfallen und verlängerte Arme seiner Meinungsbildung hier in Deutschland sind.“