Berichterstattung über Stefan Gelbhaar: Chefredakteur und Programmdirektorin des RBB treten zurück

Als Konsequenz aus der fehlerhaften Berichterstattung über den Berliner Grünenpolitiker Stefan Gelbhaar haben die Programmdirektorin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Katrin Günther, und RBB-Chefredakteur David Biesinger ihre Ämter niedergelegt. Das teilte die Sendeanstalt mit.

„Tatsächlich hat der RBB in diesem Fall insgesamt programmlich versagt. Dafür sehe ich mich in der Verantwortung und habe deshalb Intendantin Ulrike Demmer mitgeteilt, dass ich mein Amt niederlegen werde“, wurde Günther in der Mitteilung zitiert. Es dürfe nicht sein, dass der RBB nach einem solchen Fehler einfach wieder zur Tagesordnung übergehe. „Wir müssen jetzt aber über Strukturen sprechen, nicht über Köpfe.“

Biesinger sagte der Mitteilung zufolge: „Ein Neuanfang an der Spitze der Chefredaktion soll dazu beitragen, die publizistische Reputation des RBB wieder herzustellen.“ Demmer habe sein Angebot zum Rücktritt angenommen.

Stephanie Pieper übernimmt kommissarisch als Chefredakteurin

Demmer dankte Günther und Biesinger „für das starke
Signal, persönliche Konsequenzen zu ziehen“ und verwies zudem auf
die „unbenommen großen bisherigen Leistungen“ beider bisheriger Mitarbeiter. Nach Angaben der Intendantin soll Günther die Funktion als Programmdirektorin bis zu einer Neubesetzung der Stelle kommissarisch fortführen. Stephanie Pieper, aktuell Leiterin von rbb24 Inforadio und Digital, wird kommissarisch Chefredakteurin des RBB. Mit Biesinger werde „über zukünftige Aufgaben“ beim Sender gesprochen, hieß es in der Mitteilung.    

Der RBB hatte im Dezember über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Gelbhaar berichtet, die der Politiker alle zurückgewiesen hatte. Im Januar wurden dann gravierende Fehler in der Berichterstattung bekannt; der RBB musste Teile seiner Berichte zurückziehen. Später teilte der Sender mit, dass die Identität der wichtigsten Zeugin, auf die sich die Berichterstattung bezogen hatte, erfunden sei. Es stellte sich zudem heraus, dass Journalisten des Senders die entsprechende Person nie getroffen hatten – anders als im Beitrag suggeriert worden war. Über die Zweifel an der Identität der Zeugin hatte vor der Zurückziehung der RBB-Berichte zuerst der Tagesspiegel berichtet.   

Wegen der fehlerhaften Berichterstattung,
die auch Eingang in die Hauptnachrichtensendung Abendschau gefunden hatte,
stand auch deren Chefin Gabriele von Moltke in der Kritik.

Gelbhaar fordert hohen Schadensersatz vom RBB

Demmer hatte wegen der Fehler bei Gelbhaar um Entschuldigung gebeten, was dieser jedoch nicht annahm. Der Politiker geht auch juristisch gegen den Sender vor und fordert Schadensersatz in Millionenhöhe. Laut Medienberichten fordert Gelbhaar 500.000 Euro
an Wiedergutmachung von dem öffentlich-rechtlichen Sender. Hinzu kämen Forderungen für
entgangene Diäten als Bundestagsabgeordneter für die nächste
Legislaturperiode

Wegen der falschen Belästigungsvorwürfe gegen Gelbhaar haben auch die
Grünen juristische Schritte eingeleitet. Im Januar kündigten die
Parteivorsitzenden Felix Banaszak und Franziska Brantner Strafanzeige gegen die Drahtzieherin der Intrige sowie gegen Unbekannt an.  

Gegen Gelbhaar gibt es weitere Vorwürfe, die derzeit intern von einer Ombudsstelle der Grünen untersucht werden. Gelbhaar hat auch diese Vorwürfe zurückgewiesen.