
Die Talkshow von Caren Miosga war etwa 50 Minuten alt, da wurde der Moderatorin von ihrer Redaktion ein Zettel gereicht. Darauf stand die Nachricht, dass US-Präsident Trump offen für das Angebot seines russischen Amtskollegen Putin sei, im Konflikt zwischen Israel und Iran zu vermitteln. Miosga las sie vor.
CNN-Korrespondent Frederik Pleitgen, der für diese Breaking News in seinem Redefluss unterbrochen worden war, brauchte keine Sekunde, um seine Einschätzung zu der neuesten Trump-Volte zu formulieren: „Macht Sinn“, beschied er leichthin und wusste sogleich von den engen Beziehungen zwischen Iran und Russland zu berichten. Das zeige sich zum Beispiel an den iranischen Datteln, die es in allen Moskauer Supermärkten gebe und die er, Pleitgen, manchmal kaufe, wenn er in der Stadt sei.
Es war Pleitgens Pech und Miosgas Glück, dass auch Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in der Sendung saß. Er ordnete die Nachricht in wenigen Sätzen mit großer Klarheit ein: für den israelischen Premier Netanjahu seien die Äußerungen Trumps eine Ohrfeige; Steinberg erinnerte daran, dass Russland nicht nur ein Verbündeter Irans ist, sondern sich auch das israelisch-russische Verhältnis stark eingetrübt habe, wie unlängst die Lieferung von gebrauchten Patriot-Flugabwehrsystemen durch Israel an die Ukraine gezeigt habe.
Israel kann nicht mehr auf die USA bauen
Bis zum Angriff auf Iran am Freitag seien Sicherheitsexperten immer davon ausgegangen, so Steinberg, dass Israel den Versuch der Vernichtung des iranischen Atomprogramms nur gemeinsam mit den USA unternehmen werde, weil allein die Amerikaner über die Waffensysteme verfügten, die die tief im Felsen errichteten Bunker zerstören könnten. Steinberg äußerte die Vermutung, dass Israel angesichts des unsicheren Kantonisten im Weißen Haus nun das Tempo seiner Angriffe auf Iran deutlich erhöhen könnte. Dass ihr Ziel erreicht wird, scheint Steinberg nicht zu glauben; „sie werden abbrechen müssen“.
Außer Pleitgen und Steinberg waren noch Isabel Schayani, Moderatorin der ARD-Sendung „Weltspiegel“ mit vielen Kontakten in Iran, und Sophie von der Tann, Korrespondentin der ARD in Israel, zu Gast in der Sendung (von der Tann per Liveschalte). Was sie zu berichten hatten, ging nicht über das hinaus, was in den Nachrichtensendungen mit impressionistischer Plausibilität über die Stimmung in beiden Ländern berichtet wird.
Will Netanjahu von der Lage in Gaza ablenken?
Schayani wie von der Tann zeigten sich überzeugt davon, dass Netanjahu mit dem Angriff auf Iran von der verheerenden Situation im Gaza-Streifen ablenken wolle – eine Einschätzung, der Steinberg deutlich widersprach, und das abermals mit überzeugenden Argumenten. Dass die Iraner kurz vor der entscheidenden Schwelle zur Anreicherung von Uran gestanden hätten und gleichzeitig ihre Flugabwehr noch von den Angriffen aus dem vergangenen Jahr geschwächt gewesen sei, seien gute Gründe gewesen, jetzt anzugreifen.
Es ist bedauerlich, dass es Miosga nicht gelungen war, einen Außenpolitiker von Gewicht in ihre Sendung zu holen; man darf wohl unterstellen, dass sie es versucht hat, so sieht es das Konzept ihrer Sendung schließlich vor. Und man darf auch unterstellen, dass die Eitelkeit bei dem einen oder anderen Kandidaten groß genug gewesen wäre. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Bundesregierung an ihre Truppen die Parole ausgegeben hat, bei Äußerungen zu dem Konflikt äußerste Zurückhaltung zu üben.
So führte Pleitgen das große Wort. Er sei sich nicht sicher, ob die Iraner wirklich die Bombe wollten; wenn sie diese wirklich wollten, dann hätten sie es schon längst geschafft. Bei der Bombe handelt es sich seiner Meinung nach eher um eine Drohkulisse, um sich gegen die westlichen Sanktionen zu wehren. Am Ende werde es zu einem irgendwie gearteten Deal kommen, so der CNN-Mann zum Schluss.
Dann übergab Miosga an die Tagesthemen. Man hatte den Eindruck, dass sie sehr erleichtert war.