

Beinahe gleichlautend klangen die Sätze zur Schlüsselszene dieser Partie, in der dem für Newcastle United spielenden deutschen Nationalspieler Nick Woltemade ein seltenes Kunststück gelungen war. „Nick hat das leider auch clever gemacht“, sagte der Leverkusener Kapitän Robert Andrich zu der Situation, die zum zwischenzeitlichen 1:1 der Engländer führte. „Er stellt dann clever den Fuß raus“, erklärte der Torhüter Mark Flekken zu dieser wegweisenden Situation.
Mit seiner tatsächlich sehr ausgeprägten Cleverness hatte Woltemade der Partie in jener 50. Minute eine entscheidende Wendung gegeben, das Besondere daran: Er hatte nicht einmal den Ball berührt.
Durch ein schlaues Anlaufen provozierte er einen kleinen technischen Fehler Flekkens, um anschließend mit einer geschickten Bewegung in den Körper des Leverkusener Torhüters einen Elfmeter zu provozieren. „Das war ein klarer Fehler, und der geht auf meine Kappe“, sagte Flekken, nachdem Anthony Gordon den anschließenden Strafstoß verwandelt hatte.
Sehr viel mehr war von Woltemade in dieser unterhaltsamen Partie nicht zu sehen, aber dieser eine Moment war viel wert für sein Team. „Gegen so einen Gegner musst du die Viertelstunde nach der Halbzeit überstehen“, sagte Flekken. Genau das misslang aufgrund der Geschicklichkeit Woltemades, in deren Folge Newcastle sogar mit 2:1 in Führung ging (Lewis Miley, 67.) ehe Alejandro Grimaldo kurz vor Schluss doch wieder zum Ausgleich traf (88.).
Leverkusen spielt wieder wie ein Spitzenteam
Aber niemand mochte Flekken diesen Fauxpas übelnehmen; der im Sommer aus Brentford an den Rhein gewechselte Torhüter hat sich nach schwachem Saisonbeginn zuletzt deutlich stabilisiert. „Wir haben mit Mark einen Torhüter, der hinten rausspielt, der das häufig auch sehr, sehr gut macht und der in den letzten Wochen hervorragend gehalten hat“, sagte Sportchef Simon Rolfes.
Der Woltemade-Flekken-Moment war die Konsequenz dieser hoch anspruchsvollen Leverkusener Spielweise, in der sehr viel Qualität erkennbar war. Das Team des an diesem Abend aus „persönlichen Gründen“ abwesenden Trainers Kasper Hjulmand versuchte sich mit riskanten Ballstafetten aus dem enormen Druck der Engländer zu befreien. Newcastle stellte die Räume mit der Mann-gegen-Mann-Strategie zu, die derzeit im Spitzenfußball „State of the Art“ ist. In den meisten Fällen fand Bayer 04 dennoch spielerische Lösungen, ohne lange Bälle schlagen zu müssen.
„Ich glaube, die Mannschaft hat in den letzten Wochen eine gute Entwicklung genommen“, sagte Rolfes. Abgesehen von seltenen Ausnahmen wie der Niederlage in Augsburg am vergangenen Wochenende spielt Leverkusen wieder wie ein Spitzenteam und bietet ein hervorragendes Klima für individuelle Fortschritte. Der Verteidiger Jarell Quansah hat eine stabile Form gefunden, der Flügelspieler Ernest Poku übertrifft alle Erwartungen, Aleix García ist ein brillanter Ballverteiler geworden, Malik Tillman wird immer mehr zu einem prägenden Faktor, und Grimaldo spielt sowieso immer gut.
Besonders imponierend trat an diesem Abend aber Ibrahim Maza in Erscheinung, der 20 Jahre alte Neuzugang von Hertha BSC, der scheinbar mühelos den Sprung von der zweiten Liga auf die Champions-League-Ebene geschafft hat. Nicht nur als Mitläufer, sondern als reifer Kombinationsspieler, als starker Zweikämpfer und Ideengeber. „Er lernt so schnell, er ist immer so aufmerksam, den nächsten Schritt zu machen, diese Entwicklung ist hervorragend und hat auch mit seiner Persönlichkeit zu tun“, sagte Hjulmand in der Woche zuvor, nachdem Maza den Siegtreffer im DFB-Pokal in Dortmund geschossen hatte.
„Wir haben eine gute Position“
An diesem Abend bereitete der Mittelfeldspieler mit einem schwierigen, aber sehr präzisen Pass Grimaldos 2:2 vor. Diese Klarheit kurz vor dem Abpfiff einer Champions-League-Partie war genauso stark wie Mazas Gesamtleistung und hat großen Einfluss auf die Leverkusener Ausgangslage, die noch besser hätte sein können, wenn das niederländische Schiedsrichtergespann eine Szene in der 21. Minute etwas anders eingeschätzt hätte.
Ein Foul des deutschen Nationalspielers Malick Thiaw an Patrik Schick hätte auch als „Verhinderung einer klaren Torchance“ bewertet und mit einer roten Karte geahndet werden können. „Ich habe selten so eine fatale Fehlentscheidung gesehen“, sagte Andrich, der kurz vor diesem Moment mit einem Kopfball an den Rücken des Eigentorschützen Bruno Guimarães das 1:0 eingeleitet hatte (13.).
Gerade in dieser Partie hätte ein Überzahlspiel bei eigener Führung große Auswirkungen gehabt. Und dennoch war das Gesamtbefinden der Leverkusener am Ende des Abends von Zufriedenheit geprägt. „Wir haben eine gute Position, wir haben die Möglichkeit, nicht nur die Play-offs zu schaffen“, sondern die direkte Qualifikation fürs Achtelfinale, sagte Rolfes vor den noch ausstehenden Duellen bei Olympiakos Piräus und gegen den FC Villarreal.
In der Tabelle steht Bayer 04 zwar nur auf dem 20. Platz, aber die Abstände sind gering. Mit weiteren sechs Punkten bestünde tatsächlich eine gute Möglichkeit, doch noch unter die ersten acht zu kommen.
