Wenigstens Yovel Zoosmann war gekommen. Der Kapitän der israelischen Basketball-Nationalmannschaft ist zwar verletzt und kann auf dem Spielfeld keinen Beitrag zur Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2027 in Katar leisten, aber er gab seinem Trainer moralische Unterstützung. Als Ariel Beit-Halahmy nämlich am Montagabend in Tel Aviv vor die Presse trat, hatte er nur etwas mehr als eine Handvoll Spieler um sich versammelt. Eine angemessene Vorbereitung auf die wichtige Partie am Freitagabend (19.30 Uhr) gegen Deutschland in Neu-Ulm ist somit nicht möglich, ein Umstand, mit dem Basketballtrainer rund um den Erdball zurechtkommen müssen. Es dürfte dem israelischen Coach dennoch kein Trost gewesen sein, dass es dem deutschen Kollegen kein bisschen besser erging.
Bundestrainer Álex Mumbrú konnte sich ebenfalls nicht über zu viel Gewimmel auf dem Parkett beklagen, als er zum ersten Üben rief. Es ist ein jährlich wiederkehrender Umstand, dass die besten Akteure in den Partien für die Qualifikation zu den großen Turnieren nicht mitwirken können. Im Basketball muss sich auch der Titelverteidiger qualifizieren, diese Aufgabe muss Mumbrú mit einer B-Auswahl angehen. Denn weder die NBA in Übersee noch die privatwirtschaftlich organisierte Euroleague nehmen Rücksicht auf die Zeitfenster der Qualifikationen des Weltverbands Fiba. Nur die Bundesliga setzte den Spielbetrieb am Wochenende aus. Die NBA-Akteure Dennis Schröder, Tristan da Silva und die Wagner-Brüder Franz und Moritz erhalten in der weltbesten Liga keine Freigabe, dafür besteht für die Euroleague-Spieler die Möglichkeit, mitzuwirken.
Dort aber war noch Dienstag und Mittwoch ein Spieltag, daher sind auch die Reihen der strapazierten Euroleague-Akteure gelichtet. Der FC Bayern München kassierte am Dienstagabend in Valencia eine üble 64:90-Pleite, Isaac Bonga verlor mit Partizan Belgrad in Athen (69:91), immerhin konnte sich David Krämer die Reise mit Real Madrid nach Botevgrad sparen. Gegner war Hapoel Jerusalem, das seine Heimspiele wegen des Gaza-Krieges in Bulgarien austrägt. Doch weil die Halle in Sofia besetzt war, ging es für Real in den Ausweichort nach Westbulgarien, wo das Team 75:74 siegte.

:Düstere Weltpolitik in der Münchner Basketballhalle
Die Basketballer von Fenerbahce treffen binnen 48 Stunden auf die beiden israelischen Euroleague-Vertreter Maccabi und Hapoel Tel Aviv – aber nicht in Istanbul, sondern in München. Über einen hochpolitischen Abend, an dem der Sport in den Hintergrund tritt.
Mumbrú bleibt somit gerade mal ein einziger Trainingstag, um dem Team den Feinschliff zu verpassen. Einer Auswahl wohl gemerkt, die in dieser Konstellation noch nie zusammengespielt hat. In Norris Agbokoko (Berlin), Mahir Agva (Denizli/Türkei), Till Pape (Frankfurt) und Collin Welp (MBC) hat der Bundestrainer sogar vier Novizen aufgeboten. Verzichten muss Mumbrú auch auf Andreas Obst, der angeschlagen aus Valencia zurückkehrte – somit stehen in den Münchnern Oscar da Silva und Justus Hollatz sowie Bonga lediglich drei aktuelle Europameister im Kader. Ob und welche Euroleague-Akteure im zweiten Qualifikationsspiel kommenden Montag auf Zypern (18 Uhr) dabei sind, ist ebenfalls offen. Denn die Motivation der Vereine, die besten Akteure abzustellen, sinkt mit den Strapazen im Ligabetrieb. Die personelle Lage beim FC Bayern etwa ist angespannt.
Gegner Israel hat mindestens ähnliche Probleme: Für die Akteure von Hapoel und Maccabi Tel Aviv sind Reisestrapazen Alltag, denn neben den Spielen in der heimischen Liga sind alle Euroleague-Partien wegen des Gaza-Konflikts nach wie vor im Ausland. Während die nationale Super League den Spielbetrieb seit geraumer Zeit wieder aufgenommen hat, steigen in der kontinentalen Eliteklasse die „Heimspiele“ von Maccabi in der serbischen Hauptstadt Belgrad, Hapoel spielt in Sofia.
Von Dezember an sollen wieder Heimspiele auf israelischem Boden ausgetragen werden
Der prosperierende Euroleague-Neuling Hapoel wird von Multimillionär Ofer Yannay finanziert und begegnet diesem Nachteil mit einem extrem großen und teuren Kader. In der heimischen Liga spielen nahezu ausschließlich israelische Akteure, während in der Euroleague kostspielige Topspieler engagiert sind, wie Vasilije Micic. Der Serbe heuerte direkt aus der NBA beim israelischen Eurocup-Sieger des Vorjahres an, gilt mit einem kolportierten Jahressalär von sechs Millionen Euro als Topverdiener der Euroleague. Der Erfolg gibt dem Mäzen, der sein Vermögen in der Solarbranche gemacht hat, recht: Hapoel mischt als Neuling die Liga auf und steht derzeit an der Tabellenspitze.
Eine Entwicklung, von der das Nationalteam profitiert. Und es gibt weitere gute Neuigkeiten für Nationalcoach Beit-Halahmy. Von Dezember an sollen wieder Spiele in Israel ausgetragen werden, die Euroleague hat zwar bisher nicht ihre endgültige Zustimmung gegeben, aber CEO Paulius Motiejunas weilte kürzlich in Tel Aviv, um sich ein Bild von der aktuellen Sicherheitslage zu bilden. Dem Vernehmen nach deutet alles auf eine Rückkehr der israelischen Teams in die Heimat hin; das würde die Chancen erhöhen, dass auch die Fiba bald wieder Spiele dort zulässt.
Vorerst aber gilt es für Israel in Neu-Ulm zu bestehen, der Gastgeber ist ungeachtet der personellen Situation als Welt- und Europameister Favorit. Israel konnte sich zuletzt vor 39 Jahren für das Weltturnier qualifizieren, das soll sich ändern. Die Partie in Neu-Ulm ist ausverkauft und wie alle der Israelis als Hochsicherheitsspiel eingestuft, es wird mehr Polizei im Einsatz sein, wie die Neu-Ulmer Polizeiinspektion auf Nachfrage mitteilt. Taschen und Rücksäcke dürfen nicht in die Halle genommen werden, ansonsten erwartet der Veranstalter keine Probleme. Als im Februar Hapoel zum Eurocup-Spiel in der Ulmer Arena gastierte, gab es keinerlei Zwischenfälle.
Die Chancen auf ein Weiterkommen in der Qualifikation stehen im Übrigen für beide Teams gut, die erste Runde wird in einer Vierergruppe mit Zypern und Kroatien gespielt, drei Teams ziehen in Runde zwei ein. Dort wird mit drei weiteren Teams aus der Parallelgruppe eine neue Sechsergruppe gebildet, aus der die drei Besten zur WM nach Katar reisen. Das zweite Qualifikationsfenster in der Vorrunde ist für März angesetzt, bis dahin, sagte Zoosmann, hoffe er, wieder fit zu sein.
