Basketball: Deutschland hat Probleme mit Zypern in der WM-Qualifikation – Sport

Simon Michail bekam sein Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Als der Spielmacher der zyprischen Basketball-Nationalmannschaft das Spielfeld betrat, bekreuzigte er sich dreimal, blickte auf die Anzeigetafel und lächelte. Wahrscheinlich konnte es der 32-Jährige selbst nicht glauben, was da von der Wand leuchtete: 31:30 führte die Republik Zypern gegen den Welt- und Europameister Deutschland. Kurz darauf legte Michail den Ball nach einem schnellen Antritt zum 37:36 in den Korb der Gäste, jetzt lachte er wie ein Lausbub, dem gerade ein prächtiger Streich gelungen war. Zur Halbzeit hatten die Deutschen zwar mit dem 42:39 die Führung zurückerobert, die Gastgeber gingen dennoch hervorragend gelaunt in die Kabine. Bei den deutschen Spielern sah das ganz anders aus.

So hatte sich das der eindeutige Favorit nicht vorgestellt in diesem zweiten Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft 2027 in Katar, zumal die erste Zulassungspartie in Neu-Ulm gegen die deutlich besser besetzten Israelis beim 89:69-Sieg exzellent gelungen war. Natürlich steigerte sich der Favorit und gewann letztlich einigermaßen standesgemäß mit 83:64 Punkten, diese erste Halbzeit allerdings erinnerte an düstere Qualifikationszeiten, in denen sich eine deutsche B-Auswahl gegen schwächere Gegner durch die Mühlen der Ausscheidungsrunden quälte.

Gegen diesen Gegner darf auch das Fehlen nahezu aller EM- und WM-Champions nicht als Ausrede gelten. Die beiden FC-Bayern-Akteure Andreas Obst und Oscar da Silva sowie Isaac Bonga, der bei Partizan Belgrad sein Geld verdient, blieben aus Gründen der Belastungssteuerung zu Hause. Ihre Klubs treffen schon am Donnerstag in der serbischen Hauptstadt zum Euroleague-Duell aufeinander. Gerade die Euroleague-Spieler sind immensen Anstrengungen ausgesetzt, der heimische und internationale Spielbetrieb fordert in der Regel mindestens zwei, oft sogar drei Partien pro Woche. Die NBA-Spieler erhalten zu dieser Zeit ohnehin keine Freigabe, sie sind in Übersee gefordert.

Bundestrainer Mumbru findet in der Halbzeit deutliche Worte: „Am Ende haben es die Spieler verstanden und umgesetzt.“

Auf Zypern war folglich nur Weltmeister David Krämer mit von der Partie, der derzeit kaum Spielzeit bei seinem Klub Real Madrid bekommt. Gleichwohl sollten die restlichen Nationalspieler, etwa aus den Bundesliga-Topklubs Berlin oder Ulm, genügend Qualität mitbringen, um gegen eine Auswahl an zyprischen Basketballern nicht in die Bredouille zu kommen. Zur Einordnung: Im Team von Zypern stehen nur zwei Akteure, die im Ausland angestellt sind, Kostantinos Simitzis spielt in der zweiten griechischen Liga, Aeneas Jung bei den Kirchheim Knights in der zweiten deutschen Liga ProA.

Zypern ist keine Basketball-Großmacht, bei der EM im Herbst etwa, die Deutschland bekanntlich gewann und für die Zypern als Co-Gastgeber qualifiziert war, setzte es für das Team von der Ferieninsel ausschließlich happige Niederlagen. Im ersten WM-Qualifikationsspiel vergangenen Freitag verloren die Zyprer in Kroatien 60:100. Auch das Interesse in Limassol, der zweitgrößten Stadt der 1,3-Millionen-Insel, hielt sich in Grenzen: In der 8000 Zuschauer fassenden Spyros Kyprianou Arena verloren sich 950 Leute.

Dass Bundestrainer Alex Mumbru dennoch zu keiner Zeit ernste Zweifel am Sieg hatte, war allein daran zu erkennen, wie ruhig er in den Auszeiten zu seinem Team sprach. Obwohl dieses im ersten Durchgang keinen Rhythmus fand, fehlerhaft agierte, viele Ballverluste und miserable Wurfquoten hatte. Die Halbzeitansprache des Spaniers gestaltete sich entsprechend intensiver, wie er bei Magenta Sport zugab: „Das hat mir gar nicht gefallen, wie die Mannschaft gespielt hat. Dass wir nicht gelaufen sind, nicht gekämpft haben. Dass es nicht das Team ist, dass ich so auf dem Spielfeld sehen will. Wir haben nicht den Aufwand betrieben, den es in so einem Spiel braucht.“

Wie wird das deutsche Team in den kommenden Qualifikationsspielen gegen Kroatien aussehen?

Ein 15:0-Lauf im dritten Viertel rückte die Kräfteverhältnisse dann zurecht, die Defensive agierte bissiger, das deutsche Team erhöhte das Tempo und trieb den Gegnern das Lächeln aus dem Gesicht. David Krämer und Debütant Till Pape waren mit jeweils 14 Punkten beste Werfer, zweistellig trafen noch der Ulmer Christian Sengfelder (12) und der Berliner Malte Delow (10). Auch Collin Welp, Sohn des vor zehn Jahren verstorbenen 1993-Europameisters Christian Welp, konnte sich über ein gelungenes Debüt im DBB-Dress freuen. Besonders im Reboundspiel waren die Gäste klar überlegen, 49:28 lautete das Verhältnis zugunsten der Deutschen, allein am offensiven Brett sicherten sich der Europameister so ganze 24 zweite Wurfchancen. „Wir sind nicht gut gestartet, ohne Energie. Weder offensiv noch defensiv. Da kam Zypern ins Spiel“, erklärte Krämer. Der Trainer habe dann „unseren Basketball“ gefordert: „Rebounds holen, attackieren, das hat sich auch geändert.“

Angesichts der vielen absenten Topspieler sowie der Tatsache, dass Mumbru erneut ohne Vorbereitung eine Auswahl zu betreuen hatte, die in dieser Zusammensetzung nie vorher gespielt hat, kann man das erste Qualifikationsfenster zur WM als Erfolg abhaken. Gegen Israel, das weitaus besser besetzt war als Zypern, überzeugte das neu zusammengestellte Team auf ganzer Linie, gerade die jungen Akteure wie der 19-jährige Spielmacher Jack Kayil offenbarten, wie viel Potenzial im deutschen Kader steckt. In Zypern nun führte der Favorit die Aufgabe zu einem ordentlichen Ende, was auch Mumbru goutierte: „Am Ende haben es die Spieler verstanden und umgesetzt.“

Wie das deutsche Team zu den nächsten beiden Qualifikationsspielen im Februar gegen die Kroaten auflaufen wird, die ebenfalls gegen Zypern und in Israel gewonnen haben, ist die nächste spannende Frage. Sicher ist nur, dass die NBA-Cracks um Dennis Schröder auch dann keine Freigabe erhalten werden.