Auktionsrekord für Canaletto in London

Selbst in Zeiten, in denen der Markt für Altmeistergemälde sich im Abwärtstrend befindet, gibt es Lichtblicke. Bei Christie’s in London hat Canalettos fast 1,40 Meter breite Darstellung der Rückkehr des Bucintoro, der zeremoniellen Barke des venezianischen Dogen, zum Landungssteg am Himmelfahrtstag mit einem Hammerpreis von 27,5 Millionen Pfund alle bisherigen Auktionsrekorde für den 1768 gestorbenen Vedutenmaler gebrochen. Das Gemälde steigert durch pastosen Farbauftrag die Lebendigkeit der festlichen Szene. Seine erlesene Provenienz und der gute Zustand ließen fünf Bieter aus Asien, Europa und Nordamerika um die von dritter Partei garantierte Leinwand ringen.

Aus Downing Street No. 10

Bald nach seiner Entstehung Anfang der 1730er Jahre von dem ersten britischen Premierminister Robert Walpole erworben, hing das Bild spätestens 1736 mit seinem Pendant, einer Ansicht des Grand Canal zur Rialto-Brücke hin, neben dem Kamin eines Salons in der ersten Etage von Downing Street No. 10. Das Gemäldepaar wechselte nach dem Tod Walpoles mehrfach den Besitzer, blieb aber bis Dezember 1993 in einer Hand. Dann wurde es aus einer französischen Privatsammlung in einer Pariser Auktion getrennt veräußert. Das Pendant kam 2005 bei Sotheby’s in London zum Aufruf und erzielte 18,6 Millionen Pfund mit Aufschlag – damals Rekord für Canaletto.

Nun trieb bei Christie’s die einem anonymen Telefonbieter unter dem Applaus des Saalpublikums zugeschlagene Rückkehr der Bucintoro das Gesamtergebnis des „Old Masters Evening Sale“ auf 55,3 Millionen Pfund. Zur äußeren Grandezza trug bei, dass das Auktionshaus Canalettos Gemälde am Abend der Versteigerung auf die Fassade seiner Londoner Niederlassung projizieren ließ. Der Konkurrent So­theby’s fiel dagegen am darauffolgenden Abend mit 14,5 Millionen Pfund weit zurück. Zwar lag das Ergebnis zwei Millionen Pfund über dem der Versteigerung im vergangenen Juli. Bei der Dezember-Auktion hat das Haus allerdings 24,2 Millionen Pfund eingespielt.

Das erste Ölbild, das William Turner mit siebzehn Jahren in der Royal Academy ausstellte, stieg bei Sotheby’s auf 1,5 Millionen Pfund: „The Rising Squall, Hot Wells, from St Vincent’s Rock, Bristol“
Das erste Ölbild, das William Turner mit siebzehn Jahren in der Royal Academy ausstellte, stieg bei Sotheby’s auf 1,5 Millionen Pfund: „The Rising Squall, Hot Wells, from St Vincent’s Rock, Bristol“Sotheby’s

Sotheby’s konnte sich mit dem Erfolg des verschollen geglaubten ersten Gemäldes trösten, das der erst siebzehn Jahre alte William Turner 1793 in der Royal Academy ausgestellt hatte. Die Spur der jugendlich-romantischen Ansicht einer aufkommenden Bö bei den heißen Quellen am Fuß des St.Vincent-Felsens bei Bristol hatte sich nach 1864 verloren, als das Gemälde zuletzt auf dem Markt war. Das hatte zur Folge, dass die Anfänge der Karriere Turners in der Literatur verfälscht dargestellt wurden: Sie gab die drei Jahre später entstandene Nachtszene „Fischer auf See“ in der Tate-Sammlung als das erste in der Kunstakademie präsentierte Ölbild des Malers an. Die verloren gegangene Ansicht aus Bristol wurde hingegen als Aquarell registriert.

Von 542,80 Pfund auf 1,5 Millionen

Anfang vergangenen Jahres glaubte ein Sammler, in einem auf einer regionalen Auktion als Werk des wenig bekannten Julius Caesar Ibbetson deklarierten Gemälde die Hand von Philippe Jacques de Lou­therbourg zu erkennen, in dessen Londoner Atelier Turner verkehrte. Der Sammler konnte das mit 600 bis 800 Pfund bewertete Bild für 524,80 Pfund ersteigern und gab es zur Restaurierung. Als der Schmutz von der Oberfläche entfernt wurde, trat Turners Signatur hervor. Die von der Wissenschaft einhellig anerkannte Zuschreibung wird durch eine Skizze und ein Aquarell in der Tate belegt.

Bei Sotheby’s trieben vier Bieter das mit bis zu 300.000 Pfund taxierte Ölgemälde auf 1,5 Millionen Pfund. Das Bristol Museum, das innerhalb von fünf Tagen mehr als 1700 Spenden in Höhe von 109.120 Pfund aufgebracht hatte, um das Bild für seine Sammlung zu sichern, ging leer aus. Der neue Besitzer, ein englischer Privatsammler, der sich am Telefon durch den zuständigen Sotheby’s-Experten Julian Gascoigne vertreten ließ, wird seine Neuerwerbung der Londoner Tate für die große Ausstellung „Turner and Constable“ zum 250. Geburtsjahr der beiden Künstler zur Verfügung stellen, die Ende November eröffnet.