Augsburger Panther in der DEL in Schwenningen: – Sport

Ende Juni rieben sich einige Beobachter der Deutschen Eishockey Liga (DEL) etwas verwundert die Augen. Da gaben die Augsburger Panther, die in den drei vorangegangenen Spielzeiten dreimal nur knapp dem Abstieg entkommen waren, die Verpflichtung von Alexandre Grenier, einem der auffälligsten Stürmer der Liga, bekannt. Greniers 189 Scorerpunkte in 213 DEL-Spielen sprechen für sich, sind aber nicht alles. „Er kann als Center und Außenstürmer spielen, ist gut am Bullypunkt, verfügt über einen präzisen und harten Schuss, gewinnt viele Zweikämpfe, ist Rechtsschütze und physisch enorm stark“, frohlockte Augsburgs Sportdirektor Larry Mitchell. Die Frage nach dem Augsburger Königstransfer des Sommers war mit dieser Personalie geklärt.

In Köln bildete Grenier zuletzt zusammen mit Nationalspieler Justin Schütz, der mittlerweile nach Mannheim gewechselt ist, und Gregor MacLeod eine der gefährlichsten Sturmformationen der Liga. 27 Mal traf Grenier alleine in der vergangenen Saison, in der die Haie bis ins Playoff-Finale kamen. In der Augsburger Saisonvorbereitung scorte er auch regelmäßig, kaum ging es in der DEL los, traf der Kanadier aber nicht mehr – und das kann auch an einem erfahrenen Stürmer wie dem 33-Jährigen nagen. Am Wochenende hatte das Warten ein Ende: Grenier traf insgesamt dreimal – und die Panther gewannen beide Spiele: Auf einen 2:1-Heimspielsieg nach Verlängerung gegen die Grizzlys Wolfsburg ließen sie am Sonntag einen 5:3-Erfolg bei den Schwenninger Wild Wings folgen. Durch den dritten Sieg in Serie schnuppern sie an den direkten Playoffrängen und haben nach zehn Spieltagen bereits zehn Punkte Vorsprung auf den Abstiegsplatz.

Grenier musste sich nicht lange an die Mittelstürmer-Position gewöhnen

Augsburgs neuer Cheftrainer Bill Peters war bereits vor Greniers Torpremiere sehr zufrieden mit dem Kanadier gewesen. Er habe mit seiner Übersicht dafür gesorgt, dass seine Reihe gehörig Offensive kreierte; „phänomenal“ habe er das gemacht, sagte Peters vergangene Woche. Eine Entscheidung des erfahrenen Trainers, der bereits in der NHL gecoacht hat, half Grenier dann womöglich, nach seinen Spielmacherqualitäten auch seine Torjägerqualitäten abzurufen: Peters setzte ihn wieder als Mittelstürmer ein, nicht als Flügelspieler wie zu Beginn der Saison. Die Partie am Sonntag in Schwenningen war erst die vierte, in der Grenier als Center zwischen Alexander Blank und Anthony Louis auflief, doch die drei scheinen sich schon gefunden zu haben. Dabei spiele Blank zum ersten Mal überhaupt auf dem rechten Flügel, erzählte Grenier, und auch er selbst habe sich erst wieder ein wenig an das Mittelstürmer-Dasein gewöhnen müssen.

Warum Grenier einer der gefürchtetsten Schützen der Liga ist, machte er am Sonntag deutlich. Hinter der Torlinie postiert, erkannte er, dass Schwenningens Torhüter Michael Bitzer nicht in einer idealen Position war, und schoss ihn so clever an, dass die Scheibe vom Körper des Torhüters in dessen Tor prallte. „Der schießt von überall, auch von hinter dem Tor – und anscheinend geht die Scheibe bei ihm dann rein“, sagte Moritz Elias nach Greniers zweite Treffer des Tages lächelnd bei Magentasport. „So einen Spieler brauchen wir einfach.“ Das sieht auch Trainer Peters so: Rund 21 Minuten pro Partie schickt er Grenier aufs Eis, kein Stürmer der Liga bekommt so viel Eiszeit.

Grenier hat einen ungewöhnlichen Weg in das Profi-Eishockey hinter sich. Der Kanadier aus Quebec spielte als Kind zwar oft mit seinen Freunden Eishockey, trat aber erst als 18-Jähriger in ein Juniorenteam ein. Im Mutterland des Eishockeys, wo viele Kinder schon als Fünfjährige vereinsmäßig spielen, ist das äußerst spät. In einem Trainingscamp erspielte er sich die Chance, sich in der zweithöchsten Juniorenliga von Quebec zu zeigen, ein Jahr später lief er schon in der höchsten Liga auf. Dort spielte er so überzeugend, dass ihn am Ende der Saison die Vancouver Canucks drafteten.

Marc Eichmann, Ex-Sportchef der SCL Tigers in der Schweizer Elite-Liga, für die Grenier 2021 und 2022 gespielt hat, bezeichnete den Kanadier als „Spät-Spätzünder“; ein auch nur ähnlicher Werdegang ins Profi-Eishockey ist Eichmann nicht bekannt. Nach nur zwei Vereins-Jahren im NHL-Draft gezogen zu werden, ist außergewöhnlich – und hatte viel mit einem besonderen Talent von Grenier zu tun. Dessen Spielübersicht und Passqualität sei eine Gabe, „die du hast oder nicht hast, so etwas kann man nicht lernen“, erklärte Eichmann. In Augsburg sind sie froh, Grenier jetzt auf ihrer Seite zu haben.