
Sting 3.0“ heißt die Tour, also: Sting im Trio. Da denkt man natürlich sofort an The Police, den energiegeladenen Dreier, mit dem der Brite weltberühmt wurde. Will der 74-Jährige also nochmal richtig rocken, schnörkellos im Power-Trio? In der ausverkauften Olympiahalle wird schnell klar, dass er anderes vorhat.
Die Musik ist sogar deutlich ruhiger als bei seinen letzten Münchner Auftritten, am selben Ort 2017 und vor drei Jahren im Tollwood-Zelt, in das er mit achtköpfiger Band anrückte. Nur sehr selten gibt das Power-Trio Gas, vielmehr dampft Sting seine Songs in der kleinstmöglichen Bandbesetzung ein, schafft luftigen Raum für die Harmonien, für die Melodien und sein wunderbares Bassspiel.
Die Police-Songs wirken manchmal fast zu dezent
Sein jahrzehntelanger Partner Dominic Miller spielt an der Stratocaster so dezent, wie das für einen Gitarristen im Trio überhaupt nur denkbar ist, spielt oft abgedämpft und schickt noch öfter lange Einzelnoten, Zweiklänge, Dreiklänge in den riesigen Raum. Bei „If I Ever Lose My Faith In You“ und „Never Coming Home“ zitiert er mal Jimi Hendrix und deutet ganz kurz an, wie ein Powertrio auch spielen kann. Doch diese drei machen ziemlich genau das Gegenteil, Miller hält sich maximal zurück, geht nie von der Leine. Der eineinhalb Generationen jüngere Schlagzeuger Chris Maas übernimmt bei den „Police“-Klassikern zwar Stewart Copelands Kicks und Fills, spielt sich aber nie in den Vordergrund.

© Jens Niering
von Jens Niering
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So bleiben Sting und seine Songs: Die sind so großartig, dass sie zunächst auch in der reduzierten Version ihre Wirkung entfalten, vom Opener „Message In A Bottle“ über „Englishman In New York“ bis „Every Little Thing She Does Is Magic“. Doch in der Mitte hat das Konzert dann deutliche Längen, bei den vielen ruhigen Nummern wie „Mad About You“, „Wrapped Around Your Finger“ und vor allem bei „A Thousand Years“. Da fällt dann auch der Applaus des ansonsten begeisterten Publikums mal dezenter aus. Auch bei „Can’t Stand Losing You“ wünscht man sich, dass die Band mal die Handbremse löst – und dann kommt mit „Shape Of My Heart“ schon die nächste stille Ballade.
Gut ist das Konzert natürlich trotzdem: Denn Sting ist schlichtweg begnadet, und er singt wie immer fabelhaft. Bei „When We Dance“ wechselt er mit einer wunderschönen Melodie in die höchste Kopfstimmen-Lage und bekommt Szenenapplaus. Und nebenbei spielt er oft anspruchsvolle Figuren auf dem Bass.

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Der hängt den ganzen Abend um seinen Hals, auch Dominic Miller wechselt seine Gitarre kein einziges Mal, und so fließt ein Song in den nächsten, nur manchmal streut Sting ein paar freundliche Worte auf Deutsch ein. Nullkommanull Brimborium bei einer Show dieser Größenordnung: Das ist besonders.
Zum Ende gibt es Sting solo
Bei „Desert Rose“ kommen dann Einspielungen über die Lautsprecher, Sting bricht sein Drei-Mann-Konzept auf – und das tut dem Konzert gut. Ein Energieschub geht durch die Olympiahalle, und ein weiterer, noch stärkerer bei der Schlussnummer „Every Breath You Take“. Bei der Zugabe „Roxanne“ schrubbt dann Dominic Miller die Gitarrenakkorde wie einst Andy Summers bei The Police, der Song rockt stärker als alles zuvor – doch nur äußerst kurz: In der zweiten Strophe nimmt Sting gleich wieder die Abzweigung in Richtung gediegener Lounge.
Danach kommt erstmals ein Helfer auf die Bühne und hängt Sting eine akustische Gitarre um den Hals, und wie immer beendet er sein Konzert mit „Fragile“: besinnlich, ruhig und noch zurückgenommener als alle anderen Songs des Abends.