Antisemitismusbeauftragter: Klein sieht Lebensqualität von Juden „extrem eingeschränkt“

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die Lage der jüdischen Bevölkerung in Deutschland als stark belastet beschrieben. Viele Menschen verzichteten inzwischen darauf, offen religiöse Symbole zu tragen, oder nutzten im Alltag Ersatznamen, sagte er im Morgenmagazin von ARD und ZDF. „Die Lebensqualität der jüdischen Bevölkerung ist extrem eingeschränkt. Das beschämt mich sehr.“ Es dürfe nicht sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung eine solche Einschränkung einer Minderheit akzeptiere.

Klein führte die Zunahme dokumentierter Vorfälle direkt auf den Angriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen am 7. Oktober 2023 zurück. Damals töteten die Terroristen in Israel rund 1.200 Menschen und verschleppten mehr als 240 in den Gazastreifen. Im anschließenden Krieg tötete das israelische Militär im Gazastreifen Zehntausende Palästinenserinnen und Palästinenser, Hunderttausende wurden vertrieben. Inzwischen ist der Gazastreifen zu großen Teilen zerstört. In Deutschland stufen die Behörden seither deutlich mehr Taten als antisemitisch ein. Klein sprach von einem „Allzeithoch“.

In der RTL/n-tv-Sendung Frühstart bezeichnete Klein das Eintreten für die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser als ein Bürgerrecht. „Es ist ja überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass sich Menschen Sorgen machen oder für die Verbesserung der Lebensbedingungen in Gaza eintreten.“ Das dürfe jedoch nicht in Hass oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden münden.

Menschenrechtsorganisationen hatten in den vergangenen Monaten wiederholt kritisiert, dass die Polizei bei propalästinensischen Protesten zum Teil unverhältnismäßig vorgegangen sei. Zudem seien palästinensische Symbole teilweise pauschal verboten worden. 

Klein hofft auf Besserungen durch Kriegsende

Klein äußerte die Hoffnung auf „positive Auswirkungen“ in Deutschland, falls sich die Lage im Gazastreifen „beruhige“. Zumindest die Zahl der dokumentierten Straftaten werde dann voraussichtlich sinken. Zugleich warnte er vor einem „Milieu“, das die Spannungen im Nahen Osten als Rechtfertigung für Angriffe in Deutschland missbrauche. 

Die für den zweiten Jahrestag des Angriffs auf dem Berliner Alexanderplatz geplante Demonstration Until Total Liberation kritisierte Klein deutlich und forderte die Behörden zum Handeln auf. Eine solche Veranstaltung an diesem Tag sei höchst problematisch und eine Provokation, die keinen Respekt zeige. Er würde sich freuen, wenn zumindest Auflagen ausgesprochen würden „oder tatsächlich auch ein Verbot ausgesprochen worden wäre“. In einem Aufruf bezeichnen die Organisatoren das Massaker des 7. Oktober als „heldenhaften Ausbruch“ aus dem „größten Freiluftgefängnis der Welt“, für den man sich nicht entschuldigen müsse.