
Den Fotografen vor dem Buckingham-Palast zeigte sie nach der Zeremonie das Ordenszeichen des Order of the Companions of Honour in gewohnter Art: zugeknöpft im grauen Kostüm der Marke Alexander McQueen, den Mund kaum zu einem Lächeln verformt, auf der Nase die unentbehrliche Sonnenbrille. Anna Wintour bleibt die Alte: spröde, unnahbar, unterkühlt.
Im Palast hatte sie sich vorher offener gezeigt. Für die Aufnahme in den Orden, der nur höchstens 65 Mitglieder hat, nahm Anna Wintour, die dienstälteste Chefredakteurin der Zeitschrift „Vogue“, doch wirklich ihre Brille ab. Auge in Auge mit Charles III.: Der König, 76 Jahre alt, lächelte Dame Anna an, die genau ein Jahr jünger ist als er, und sie lächelte doch wirklich fröhlich zurück.

Und noch Detail ließ die britische Presse am Dienstag aufhorchen. Die ewige Chefredakteurin sagte dem unermüdlichen König fest zu, dass sie nicht aufhören werde zu arbeiten. Die Auszeichnung, die ihr für ihre Dienste in der Mode verliehen wurde, „bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass ich noch so viel erreichen kann“, sagte sie. Sie wird der amerikanischen „Vogue“, die sie nun schon seit 1988 leitet, also noch eine Weile erhalten bleiben.
Es ist schon ihre zweite Auszeichnung, die sie im Buckingham Palace entgegennehmen konnte. 2017 wurde sie von Königin Elisabeth II. zur Dame ernannt. Als sie das letzte Mal im Palast war, sagte sie laut BBC, sei sie sich mit der Königin einig gewesen, „dass wir unsere Arbeit schon sehr lange machen“. Und als der König sie nun gefragt habe, ob sie vorhabe, mit der Arbeit aufzuhören, habe sie „entschieden Nein gesagt“.
Auch im Januar hatte sie schon einmal bei einer offiziellen Angelegenheit ganz frei gezeigt. Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus zeichnete Präsident Joe Biden die Chefin der amerikanischen „Vogue“ mit der Freiheitsmedaille aus, der höchsten zivilen Auszeichnung der Vereinigten Staaten. Auch da nahm Anna Wintour höflichkeitshalber die Brille ab, die ihr nach eigenen Worten hilft, gleichzeitig „gesehen zu werden und nicht gesehen zu werden“. Zu solchen Anlässen reicht es ihr dann doch, gesehen zu werden.