Der ukrainische Diplomat Andrij Melnyk warnt Deutschland davor, die militärische und finanzielle Hilfe für sein Land zu reduzieren. Aus seiner Sicht werde Russland innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Krieg mit der Nato führen.
Andrij Melnyk, der designierte UN-Botschafter der Ukraine, fordert von Deutschland eine Ausweitung der finanziellen und militärischen Unterstützung. „Die künftige Koalition sollte für die nächsten vier Jahre mindestens 80 Milliarden Euro einplanen, also 20 Milliarden Euro pro Jahr“, sagte Melnyk der „Berliner Morgenpost“.
Diese Summe solle im Koalitionsvertrag für die kommenden vier Jahre festgeschrieben werden. „Das wäre eine gewinnbringende Investition auch für Deutschlands Sicherheit und ein starkes Signal an Trump, die Europäer und Putin“, erklärte Melnyk, der bis 2022 auch Botschafter in Deutschland war.
Melnyk sieht es als unerlässlich, dass Europa mehr Verantwortung übernimmt, insbesondere falls die USA unter Donald Trump ihre Unterstützung für die Ukraine reduzieren. Er schlägt vor, ein gemeinsames europäisches Verteidigungsprogramm mit einem jährlichen Budget von vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU aufzulegen. „Die Europäer müssen mehr für ihre eigene Sicherheit tun“, sagte er. „Der russische Verteidigungsminister hat Moskau auf einen Krieg mit der Nato innerhalb von zehn Jahren eingeschworen.“
Trotz der bisherigen Hilfe, für die Melnyk Deutschland lobte, sieht er Nachholbedarf: Die geplanten Kürzungen der deutschen Militärhilfe seien ein „krasser Widerspruch“ zur Selbstdarstellung der Bundesregierung. Er fordert, die Reduzierung der Haushaltsmittel von derzeit acht Milliarden Euro auf nur noch 500 Millionen Euro im Jahr 2028 zu stoppen. Auch die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern müsse weiterverfolgt werden.
Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl äußerte Melnyk Zuversicht, dass ein möglicher Kanzler Friedrich Merz mehr Entschlossenheit zeigen könnte als Olaf Scholz. „Persönlich traue ich Friedrich Merz, den ich gut kenne, diesen großen Wurf zu“, so Melnyk. Merz könne ein ambitioniertes europäisches Verteidigungsprogramm vorantreiben, vorausgesetzt, er finde Koalitionspartner, die solche Pläne unterstützen. „Wenn es eine Große Koalition sein sollte, befürchte ich, dass die ‚Friedenspartei SPD‘ dies blockiert“ Deshalb sehe er die Grünen mit Robert Habeck sieht er als potenziellen Partner für eine entschlossene Ukraine-Politik.
Abschließend forderte Melnyk auch völkerrechtlich bindende Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Diese sollten über politische Versprechen hinausgehen und klar festlegen, mit welchen militärischen Mitteln westliche Partner die Ukraine verteidigen würden. Sowohl bilaterale als auch multilaterale Abkommen seien denkbar, um der Ukraine den nötigen Schutz zu bieten.
Melnyk war von 2015 bis Oktober 2022 ukrainischer Botschafter in Berlin, danach löste ihn der jetzige Botschafter Oleksii Makeiev ab. Melnyk war wegen seiner oft als provokativ empfundenen Äußerungen umstritten. Im November 2022 wurde er zunächst zum Vize-Außenminister ernannt und wechselte dann im Juni 2023 nach Brasilien.
kami mit AFP