Seinen Rekord wird Dominik Kohr in dieser Saison mit hoher Wahrscheinlichkeit brechen. Der steht bei 13 Gelben Karten binnen einer Saison, bis zu dieser Marke fehlen dem Defensivspieler des FSV Mainz 05 vor der Partie gegen Eintracht Frankfurt an diesem Samstag (15.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky) nur noch fünf Verwarnungen.
Mit der nächsten wird der 30-Jährige zudem in der ewigen Bundesligarangliste alleiniger Tabellenzweiter sein, den Platz teilt er sich momentan mit dem ehemaligen HSV-Profi David Jarolim – wobei Kohr den höheren Quotienten aufweist. Der ehemalige Frankfurter sammelte seine 96 gelben Kartons in 291 Spielen, Jarolim benötigte dafür immerhin 318 Einsätze. Mit einer Ausnahme stehen übrigens alle anderen Top-zehn-Akteure in der Relation deutlich besser da als Kohr, auch Spitzenreiter Stefan Effenberg (110/370). Nur Bernd Hollerbach traf es in kürzeren Intervallen, nämlich 95-mal in 222 Partien.
Trainer Henriksen: „Er muss klüger sein“
An „HardKohr“, wie sich der Innenverteidiger auf Instagram selbst beschreibt, scheiden sich die Geister. Den Mainzern gilt er als unverzichtbarer Bestandteil einer stabilen Hintermannschaft, außerhalb des rheinhessischen Dunstkreises als Raubein. Hier der aggressive Anführer, dort ein Treter.
Bei diesem Stichwort hakt Christian Heidel ein. „Wir kennen alle die Statistiken, wir kennen Dominik Kohrs Spielstil“, sagt der Mainzer Sportvorstand. „Ein brutaler Treter ist er nicht.“ Als solcher war Kohr nach der Partie auf St. Pauli wegen seines Einsteigens gegen Elias kurz vor Schluss gebrandmarkt worden. Die Hamburger „Mopo“ sprach von einem „Brutalo-Foul“, dessentwegen Saad wochenlang ausfallen werde. Die Süddeutsche Zeitung befand: „Gegenspieler müssen vor Dominik Kohr beschützt werden.“ Und Alexander Blessin, der Trainer des Aufsteigers, räumte später zwar ein, Saad habe zuvor bereits Probleme mit dem Innenband gehabt, aber Kohr habe es „richtig getroffen“.
Allein: Das stimmte nicht. Kohr hatte Saad nicht mal berührt, weil der rechtzeitig über den von der Seite herangrätschenden Mainzer hinweggesprungen war. Die Verletzung zog er sich bei der unglücklichen Landung zu. Die Gelbe Karte war dennoch berechtigt – es war am sechsten Spieltag bereits die fünfte in dieser Saison.
Dass Kohr wenig zimperlich zu Werke geht, ist sein Markenzeichen. Bei der Wanderung auf dem schmalen Grat zwischen hartem und überhartem Verhalten kommt er des Öfteren vom Pfad des Erlaubten ab. Die Kritik aus den eigenen Reihen, der er sich in den ersten Wochen der Saison ausgesetzt sah, hatte nichts mit den üblichen Gelben Karten zu tun, sondern zum einen damit, dass er sich eine wegen Meckerns und zwei wegen unnötigen Fouls im Niemandsland einhandelte
Zum anderen entzündete sie sich an Aktionen, die erstaunlicherweise ungeahndet blieben: einem Ellbogenwischer gegen den Augsburger Samuel Essende, der für sein Revanchefoul Rot sah. Und acht Tage später dem Griff an die Hoden des Heidenheimers Benedikt Gimber. Zwei Tätlichkeiten, die Kohr eine längere Sperre hätten einbringen müssen. Trainer Bo Henriksen merkte nach diesen Ereignissen und einem Vieraugengespräch an: „Er muss klüger sein.“
Kohr scheint sich die Kritik zu Herzen genommen zu haben. Seit seiner Gelbsperre kamen in sieben Spielen zwar drei weitere Verwarnungen hinzu, von denen eine aber unter dem Motto stand: „Ist der Ruf erst ruiniert, gibt’s Gelb, ganz gleich, was auch passiert.“ Beim 3:4 in Wolfsburg blieb Jonas Wind im Laufduell mit dem Fuß im Rasen hängen und stürzte, dennoch sah Kohr eine Karte, die sich als fatal erweisen sollte: Eine Minute später hielt er sich im Zweikampf mit Amoura merklich zurück, um keine Ampelkarte zu riskieren – und Amouras Flanke führte zum 2:2.