An diesen modischen Fehltritten erkennt man Millennials

Ein Straßenfest im Sommer. Bei mir waren die letzten Afterschwangerschaftspfunde geschmolzen, und ich sah gut aus. Fand ich. Als ich dann aber an den Aperol-Spritz-Ständen vorbeilief, an lauter jungen Leuten, die auf die Straße gekippt worden waren zu etwas zu laut gedrehter Bumm-bumm-Musik, fühlte ich mich – nicht mehr so toll. Ich sah gut aus. Aber cool? Leider nicht mehr.

„Warum fühle ich mich jetzt so alt?“, jammerte ich in der Schlange für den Aperol Spritz. Meine Bekannte, zehn Jahre jünger als ich, schaute mich an. „Weil du alt bist.“ Okay, guter Punkt. Aber ich hab doch Turnschuhe an und Jeans, dachte ich. „Sieht man mir das an?“, fragte ich. Sie musterte mich. „Den Pullover“, meinte sie und zuppelte an dem Oberteil, das ich vorne locker in die Jeans gestopft hatte. „Den stecken nur Ältere noch rein. Guck doch mal!“ Stimmt, sonst sah ich kaum reingesteckte Oberteile. Das lag natürlich auch daran, dass die meisten Oberteile so kurz, also bauchfrei, waren, dass man sie nicht reinstecken könnte. Und bauchfrei mag ich nun wirklich nicht mehr rumlaufen, in meinem Alter doch nicht!

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Außerdem hatte ich die Kunst des Reinsteckens doch vom Stylingguru schlechthin gelernt, Tan France, seines Zeichens der Modeexperte bei „Queer Eye“. Andererseits hat Tan France (wunderschöne) graue Haare und ist sechs Jahre älter als ich. Also noch älter.

Der Abend schwappte so dahin, in aperolfarbenen Wellen wurde es dunkler, und ich fühlte mich alt, aber okay. Dass ich nicht mehr jeden Trend mitmachen wollte, wusste ich seit der Wiederentdeckung der Baggy Jeans. Sieht toll aus an anderen, ich selbst denke dabei nur an Nierenbeckenentzündungen und rausblitzende Unterwäsche; das hatte ich in meiner Jugend in den Nullern schon zur Genüge.

Schick, aber die Socken verraten sie: Model Lais Ribeiro ist 35 – und ein Millennial.
Schick, aber die Socken verraten sie: Model Lais Ribeiro ist 35 – und ein Millennial.Getty

„Daran erkennt man euch Millennials auch“, sagte da plötzlich meine Bekannte und zeigte auf eine – meinem Dafürhalten nach eher junge – Frau in 7/8-Culottehose, deren braun gebrannte Knöchel aus einem Sneaker ragten. „Kurz geschnittene Socken. Die tragt nur noch ihr!“ Oh Lord. Zum Glück war meine Hose lang, so lang, dass meine mich endgültig verratenden Socken versteckt waren, denn sie waren kurz, so kurz, also viel zu kurz!

Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn man auf der Arbeit lange Zeit als jung und frisch galt, als junge Wilde gar – und dann eines Tages aufwacht und merkt: Bin ich nicht mehr. Ich trage halbe Socken in Sneakern mit zu kurzen Hosen, stecke mein Hemd rein und schlürfe dazu Aperol Spritz. Ich habe nicht zu überschminkende Augenringe, bin verheiratet, Mutter und ein bisschen langweilig. Ich bin ein Millennial.