Amokläufer soll Tat minutiös geplant haben

Der Amokläufer von Graz war laut Polizei ein leidenschaftlicher Spieler von Ego-Shooter-Spielen. Er sei ein sehr introvertierter Mensch gewesen, der sehr zurückgezogen gelebt habe, sagte der Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, Michael Lohnegger. Alle bisher ausgewerteten Unterlagen gäben weiterhin keinen Hinweis auf ein Motiv.

Zu den meisten Opfern habe der Täter keine Nahebeziehung aus seiner Schulzeit gehabt. Nur die getötete Lehrerin habe ihn unterrichtet, hieß es. Der Amokschütze hatte die 5. und 6. Klasse des Gymnasiums besucht, den Schulbesuch aber abgebrochen

Die Tat sei dabei genauestens geplant gewesen. Der 21-Jährige habe vorab „einen minutiösen Ablaufplan“ angefertigt, sagte Lohnegger. Der handschriftliche Plan, der den gesamten Tatablauf „bis ins kleinste Detail“ aufführe, wurde demnach bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung des Täters gefunden.

Bei dem siebenminütigen Amoklauf sei er mit einer Pistole der Marke Glock, einer am Schaft abgesägten Doppelflinte und einem Jagdmesser bewaffnet gewesen, hieß es. Er habe die Waffen in der Toilette der Schule aus seinem Rucksack genommen.

Wahllos auf Menschen geschossen

Zunächst habe er im 2. Stock des Gebäudes wahllos auf Menschen geschossen, sagte Lohnegger. Danach sei er in den 3. Stock gegangen und habe die inzwischen von innen verriegelte Tür aufgeschossen. Praktisch zeitgleich mit dem Eintreffen der Polizei habe er sich mit einem Schuss in den Kopf selbst getötet. Der 21-Jährige habe noch genügend Munition gehabt, seinen Amoklauf fortzusetzen, sagte Lohnegger.

DSGVO Platzhalter

Bei einer Hausdurchsuchung am Wohnort des Angreifers entdeckten Ermittler auch eine Rohrbombe, die allerdings nicht funktionstüchtig war. Aus den gefundenen Dokumenten gehe hervor, dass dem 21-Jährigen die Zeit fehlte, die Bombe funktionstüchtig zu machen, so der LKA-Leiter.

Psychisch untauglich für das Bundesheer

Zudem wurde bekannt, dass der 21-Jährige bei seiner Musterung beim Bundesheer als psychisch untauglich eingestuft worden war. Die Kommission habe ihn für psychisch untauglich erklärt, sagte der Sprecher des österreichischen Verteidigungsministeriums, Michael Bauer, am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.

Getestet wurde demnach die Belastbarkeit des jungen Mannes, „wie verhält man sich bei Gefahr, bei einer möglichen Gefahr, wie verhält man sich in Gemeinschaft mit anderen“, führte Bauer aus.

Gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA sagte Bauer, das Bundesheer dürfe derartige Informationen aus Datenschutzgründen nicht weitergeben. Dies sei gesetzlich nur bei einer Anfrage einer Behörde zu einem konkreten Fall möglich. „Unser System hat funktioniert, aber wir hatten keine gesetzliche Grundlage, dies weiterzugeben“, sagte zitierte APA den Sprecher.

Neun Jugendliche und eine Lehrerin starben

Bei dem Amoklauf starben neun Jugendliche vor Ort. Sie waren nach Angaben der Polizei zwischen 14 und 17 Jahre alt. Eine Lehrerin starb Stunden nach der Tat in einem Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen.

Elf Personen wurden verletzt. Die meisten von ihnen mussten auf Intensivstationen betreut werden, doch ihr Gesundheitszustand sei stabil, hieß es vom Krankenhausbetreiber Kages.

FPÖ gegen Verschärfung des Waffenrechts

Nach einer ersten Phase des Schocks und der Trauer kommt in Österreich eine Diskussion über das relativ liberale Waffenrecht in Gang. Bislang haben sich Kommunisten und Grüne für eine Verschärfung ausgesprochen, die rechte FPÖ ist dagegen. Die Tat hat ganz Österreich erschüttert. Die Regierung hat eine dreitägige Staatstrauer bis Freitag ausgerufen. Am Abend werden zu einem Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom die Staats- und Regierungsspitze erwartet.

Unterdessen hat auch der britische König Charles III. den Angehörigen der Opfer und allen weiteren Betroffenen des Amoklaufs in Graz sein tiefes Beileid ausgesprochen. Er und seine Frau, Königin Camilla, seien geschockt und zutiefst traurig, schrieb der 76-Jährige in einer Stellungnahme auf der Plattform X. Das Königspaar sende allen Österreicherinnen und Österreichern „unser tiefstes Mitgefühl in dieser äußerst schmerzlichen Zeit“.

Sicherheitsbehörden sorgen sich wegen Trittbrettfahrern

Die Sicherheitsbehörden berichteten von weiteren vereinzelten Drohungen gegen Schulen. Es habe Trittbrettfahrer gegeben, heiß es beim Innenministerium. Die Polizei habe jeweils Maßnahmen ergriffen. Im ganzen Land sind die rund 400 Mitglieder der Spezialeinheit Cobra in erhöhter Alarmbereitschaft.