Dass Marijke Amado noch einmal eine neue Talkshow im Nachmittagsprogramm moderieren würde, dürften vermutlich selbst die fantasiereichsten Beobachter der Fernsehbranche für ziemlich unwahrscheinlich gehalten haben. Wer doch daran glaubte, kann sich jetzt dafür mindestens auf die Schulter klopfen. Und wer noch dazu für möglich hielt, dass Amado zusammen mit Aminata Belli und Jeanette Biedermann ein TV-Trio bilden würde, der sollte es vielleicht mal mit einer Zweitkarriere als Wahrsager probieren.
Tatsächlich ist an diesem Montag die erste von zunächst zehn Ausgaben der neuen ARD-Nachmittagsshow „Amado, Belli, Biedermann“ gelaufen, deren Konzept gewissermaßen aus den drei Moderatorinnen unterschiedlicher Generationen besteht, die gemeinsam mit einem Gast über dies und das sprechen. Eine Art deutsche Version von „The View“ könnte man meinen, oder eine späte Wiedergeburt der ebenso erfolglosen wie kurzlebigen Vox-Talkshow „Frauenzimmer“.
Revolutionär mutet der Neustart, hinter dem die Produktionsfirma Bavaria Entertainment steht, dann auch nicht an. Und dass tagesaktuelle Themen kaum besprochen werden können, weil die Ausgaben bereits einige Tage vor ihrer Ausstrahlung aufgezeichnet werden, erweist sich nicht gerade als hilfreich. Ohne den ganz aktuellen Bezug fällt es erkennbar schwer, die Show mit Relevanz aufzuladen. Als gemütlicher Plausch unter Freundinnen, der zur Kaffeezeit in die Wohnzimmer kommt, hat „Amado, Belli, Biedermann“ aber durchaus Potenzial, weil sich die Gastgeberinnen trotz ihres Altersunterschieds von bis zu 38 Jahren erstaunlich gut ergänzen.
Während Belli und Biedermann darauf bedacht sind, die Struktur des Formats nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren, wirkt Amado immer wieder wie die freigeistige Schwiegermutter, die mit ihren ungezügelten Sprüchen das Familienfest aufmischt – insbesondere dann, wenn diese mal danebengehen. Reinhold Messner, den Amado – offenkundig Teetrinkerin – lieber Messmer nennt, sei ein „richtig deutsches Knuddeltier“, lässt sie ungeachtet der Tatsache, dass der Bergsteiger aus Südtirol stammt, ausrichten. Später, als es ums Aussehen geht, holt sie eine Art Fischernetz aus der Tasche und hält es vor ihre Brüste, die sie liebevoll „Hötzeklötze“ nennt. Und als ein wissenschaftliches Ergebnis am Ende der Sendung zu dem Schluss kommt, dass die Gesichter ihrer Mitstreiterinnen noch etwas symmetrischer sind als ihr eigenes, poltert sie: „Holländer sind am hässlichsten“ und schickt vergiftete Grüße an den für die Zahlen verantwortlichen Arzt, den sie lieber „Herrn Schnickenschiss“ nennt.
Allzu sehr geht die Talkshow im Verlaufe der knapp 50 Minuten dann auch nicht in die Tiefe. Drei mehr oder weniger aktuelle Rampe müssen für die Themen dienen, deren Spektrum in der Premieren-Ausgabe von Schönheit bis Familie reicht. Wer, wie zum Auftakt Jochen Schropp, auf dem beigefarbenen Gästesessel in der einem Landhaus nachgestellten Kulisse Platz nimmt, muss sich zudem nicht auf harte Fragen gefasst machen. „Sollen wir nicht viel mehr zusammenhalten?“, fragt Amado ihn an einer Stelle, worauf Schropp – Überraschung – antwortet: „Auf jeden Fall!“
Die größte Herausforderung von „Amado, Belli, Biedermann“ dürfte es aber ohnehin werden, überhaupt gefunden zu werden – was auch daran liegt, dass es dem Ersten seit Jahren an einer klaren Linie für seinen schwierigen 16-Uhr-Sendeplatz mangelt. Wo in den vergangenen Wochen wahlweise noch Quizshows, „Brisant“, die Tour de France und eine Polizei-Doku liefen, soll’s nun also ein Gute-Laune-Wohlfühl-Talk richten, der obendrein nach zwei Wochen schon wieder verschwunden sein wird. Eigentlich schade, weil zehn Ausgaben erfahrungsgemäß kaum reichen, um so etwas wie Routine entstehen zu lassen. Weder bei den Gastgeberinnen, noch beim Publikum.
„Amado, Belli, Biedermann“, Montag bis Freitag um 16:10 Uhr im Ersten