Alle Standorte erhalten
IG Metall bietet VW Gehaltsverzicht von 1,5 Milliarden an – und droht mit gigantischem Streik
20.11.2024, 11:35 Uhr
Artikel anhören
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden
Volkswagen steckt in einer schweren Krise. Um die Kosten zu senken, plant das VW-Management Werksschließungen und einen Jobabbau. Der Konzernbetriebsrat und die IG Metall widersprechen. Sie sind überzeugt, die Sanierung könne mit ihrem Konzept auch ohne Kündigungen gelingen.
Die IG Metall und der Konzernbetriebsrat haben Volkswagen ein Zukunftskonzept vorgelegt, mit dem der Wolfsburger Autobauer in die Lage versetzt werden soll, sich in den kommenden Jahren auch ohne Werksschließungen und Entlassungen zu sanieren. Das Konzept sehe einen Gehaltsverzicht vor, der die Arbeitskosten um rund 1,5 Milliarden Euro senken werde, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. „1,5 Milliarden Euro, die wir auf den Verhandlungstisch legen.“ Im Gegenzug verlangen IG Metall und Betriebsrat Garantien für Standorte und Beschäftigung.
Die Arbeitnehmervertretungen haben ihren Plan am Tag vor der dritten Tarifrunde bei VW vorgestellt. Der Konzern befindet sich in einer schweren Krise und hatte im September die Beschäftigungssicherung aufgekündigt, wonach betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Diese müsse wieder in Kraft gesetzt werden, teilen IG Metall und Betriebsrat mit. Das gelte für die sechs westdeutschen Werke mit 125.000 Mitarbeitern in Niedersachsen und Hessen als auch für die drei Standorte in Sachsen.
In der aktuellen Tarifrunde drängt das VW-Management auf eine pauschale Lohnkürzung um zehn Prozent. Zudem stehen Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Diese Pläne lehnt der Betriebsrat strikt ab.
Arbeitszeiten ohne Personalabbau kürzen
IG Metall und Betriebsrat bieten stattdessen an, die nächste Tariferhöhung befristet als Arbeitszeit in einen Zukunftsfonds einzubringen und vorerst nicht auszuzahlen. Das ermögliche flexible Arbeitszeitkürzungen ohne Personalabbau, heißt es in dem Vorschlag. Der Maßstab solle dabei der jüngste Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie sein, der eine Erhöhung um insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen bis 2026 vorsieht.
Die Arbeitnehmerseite räumt ein, dass sich ein Kapazitätsabbau in manchen Standorten nicht verhindern lassen wird. Volkswagen sei aber anders als in den 1970er-Jahren bisher nicht in den roten Zahlen, betonen sie. Eine Lösung sei das Modell einer an der Stammbelegschaft orientierten Werksbelegung, bei der alle Beschäftigten eine Perspektive erhalten sollten.
Sollte der Konzern nicht einlenken, droht die IG Metall mit erbitterter Gegenwehr. „Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass wir in einen Arbeitskampf um Standorte laufen, wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat“, sagte Verhandlungsführer Gröger. Die Vorbereitungen dafür laufen demnach bereits. Die Friedenspflicht in dem Tarifkonflikt endet Ende November, Streiks sind ab dem 1. Dezember möglich.
Volkswagen reagiert zurückhaltend
Volkswagen hat die Vorschläge zurückhaltend zur Kenntnis genommen. „Zunächst begrüßen wir es, dass die Mitbestimmung Offenheit für Maßnahmen bei Arbeitskosten und Kapazitätsanpassungen signalisiert“, kommentiert Personalvorstand Gunnar Kilian das Konzept in einer Mitteilung. „Jeder Vorschlag hilft, der einen Beitrag zur Zielerreichung leistet.“ Die konkreten Vorschläge will VW aber „zunächst finanziell bewerten“. Bei der Tarifrunde am Donnerstag wolle man dazu „in einen detaillierteren Austausch gehen“.
Zugleich bekräftigte Kilian, dass „für die Volkswagen AG unverändert die nachhaltige Erreichung des finanziellen Ziels und damit die Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt steht“. Daher ließen sich Werkschließungen weiter nicht ausschließen. „Der eingebrachte Vorschlag muss sich daran messen lassen, ob er konkrete und nachhaltige Lösungen bietet, die sowohl die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens sichert als auch die Zukunft der Belegschaft glaubhaft schützt.“