Alexander Kalouti: der Wahlsieger aus Dortmund über seine Pläne

Herr Kalouti, Sie haben geschafft, was in den vergangenen 79 Jahren keinem CDU-Politiker gelungen ist. Sie sind Oberbürgermeister in Dortmund geworden, der Herzkammer der Sozialdemokratie. Was geht Ihnen nach diesem Sieg durch den Kopf?

Es ist ein Gefühl der Überwältigung, eben weil Dortmund bisher als die im Grunde nicht gewinnbare Herzkammer der SPD gegolten hat. Denn es hieß, man kann einen Besenstiel rot anstreichen, der wird gewählt. Das ist jetzt vorbei. Meine Freude ist groß, aber auch mein Stolz auf die Dortmunder CDU und mein Team, das an die Grenzen gegangen ist. Als wir am 14. September in die Stichwahl gekommen waren, haben viele Beobachter gesagt: Na, das wird doch wieder nichts, so wie bisher immer. Aber meine Leute haben noch mal eine Schippe draufgelegt.

Die Bedenken lagen nahe. Vor fünf Jahren schien ein Machtwechsel in Dortmund zum Greifen nahe. Damals war Andreas Hollstein für die CDU angetreten. Ihn unterstützten damals die Grünen – und er verlor dann trotzdem gegen Thomas Westphal von der SPD. Machte Sie das besonders demütig?

Das Wort trifft es: Demut. Wir sind nie Gefahr gelaufen, übermütig zu werden. Wir wussten, das wird ein ganz harter Kampf. Zumal mit Martin Cremer in der ersten Runde ein parteiloser Kandidat dabei war, der sehr gut in der Stadtgesellschaft verankert ist. Es gab aber eine klare Wechselstimmung. Und dann kamen noch Fehler des Amtsinhabers dazu. Bei den Begegnungen auf der Straße habe ich im Stichwahlkampf eine sehr hohe Dynamik erlebt, die bis zum Erfolg getragen hat. Eine klare Mehrheit der Wähler wollte nach so vielen Jahrzehnten einen Neuanfang für Dortmund.

Man kann sagen: Sie sind nicht mit Jubel gewählt worden – darauf deutet ihr mageres Ergebnis in der ersten Runde hin. Vielmehr wurde Oberbürgermeister Westphal abgewählt, weil der Unmut und die Unzufriedenheit zu groß waren. Solche Konstellation sind immer auch eine Gefahr für den Gewinner. Wie gehen Sie damit um? Wollen Sie lieber bewusst kleine Brötchen backen, nicht zu viel versprechen, sondern sich auf wenige Punkte konzentrieren, um keinen Verdruss zu erzeugen?

Amtsinhaber werden eher aus dem Amt gewählt, Sie haben völlig recht. Und deswegen ist es so wichtig, dass man als Wahlsieger dann liefert. Aber „kleinere Brötchen backen“, damit werde ich mich nicht zufrieden geben! Ich will Probleme lösen. Diese Stadt hat enorme Probleme.

Was sind die größten Probleme?

Sauberkeit, Sicherheit, Ordnung – das sind ganz bedeutsame Themen und zwar im gesamten Stadtgebiet. Das treibt die Bürger enorm um. Auch brauchen wir dringend eine Verbreiterung unserer wirtschaftlichen Basis. Wir müssen nicht nur die vielen tollen Unternehmen, die hier sind, in Dortmund halten und bei der Expansion unterstützen. Wir müssen auch alles dafür tun, dass sich zusätzliche Unternehmen ansiedeln. Das führt direkt zu einem anderen großen Thema: Nicht nur für Erweiterungen und Neuansiedlungen brauchen wir neue Flächen, sondern auch für den Wohnungsbau. Dortmund ist eine wachsende Stadt mit mittlerweile 615.000 Einwohnern. Es gilt die gesamte Palette vom öffentlichen Wohnungsbau bis hin zu den privaten Investoren zu aktivieren. Auch in Sachen Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt gibt es viel zu tun. Um ein Beispiel zu nennen: Ganz wichtig ist mir, dass wir unsere Kitas in wirkliche Lerninstitutionen umwandeln, wo Sprache gefördert wird. Wir sind eine sehr diverse Stadtgesellschaft, wir sind sehr migrantisch geprägt, und da ist das A und O, dass die Kinder, wenn sie in die Schule kommen, ordentlich Deutsch können und nicht dann erst damit anfangen, Deutsch zu lernen. Jedes Kind braucht die bestmögliche Ausbildung. Sonst verschärft sich der Fachkräftemangel noch weiter. Die genannten Kernthemen sind miteinander sehr stark vernetzt und bestimmen mein strategisches Denken und Handeln. Hinzu kommen natürlich noch viele weitere Themen.

Ihre Mutter war Deutsche, ihr Vater Palästinenser. Sie sind in Beirut geboren, aber in der Nähe von Heidelberg aufgewachsen. Nach ihrem Studium an der staatlichen Schauspielschule in Stuttgart haben Sie in vielen unterschiedlichen Städten in Deutschland gelebt und gearbeitet, bevor Sie 2014 Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Dortmunder Theaters wurden. Sehen Sie auch in Ihrer Person ein neues Angebot an Dortmund, diese diverse, migrantisch geprägte Stadt?

Ja, ich sehe mich als ein solches Angebot. Erst am Freitag war ich bei einem Fußballverein in der Nordstadt, dem Dortmunder Viertel, das besonders multikulturell ist. Die Kinder kamen auf mich zu und sagten: Du bist doch der Alexander Kalouti. Mein Wunsch wäre, dass möglichst viele solcher jungen Leute sich nun durch meinen Wahlsieg angespornt fühlen nach dem Motto: Wenn der das kann, kann ich auch viel erreichen. Und dass die CDU einen Menschen aufstellt, der Migrationsgeschichte hat, ist ja auch schon ein Signal an die Gesellschaft. Es waren nicht die Grünen, auch nicht die SPD. Die CDU hat es gemacht. Solche Signale brauchen wir und keine Quoten!