
Die AfD-Bundestagsfraktion fordert in zwei Anträgen, dass die Bundesregierung intensiver mit der amerikanischen Regierung unter Präsident Donald Trump zusammenarbeiten solle. Ein Antrag bezieht sich auf Außen- und Sicherheitspolitik, einer auf Identitätspolitik. Beide Anträge liegen der F.A.Z. exklusiv vor; wie aus AfD-Fraktionskreisen zu hören war, wurden sie schon vor einigen Wochen beschlossen und sollen in einer der nächsten Sitzungswochen in den Bundestag eingebracht werden.
Der Antrag zur Sicherheitspolitik fordert einen „Neubeginn in den deutsch-amerikanischen Beziehungen“. Darin wird hervorgehoben, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen „ein Eckstein deutscher Sicherheit und Wohlfahrt“ seien. Es gebe zudem „derzeit keine ernsthafte Alternative zu einer Einbettung in die NATO“. Auch in dieser ließen sich nationale Interessen vertreten. Die USA blieben auch in einer „entstehenden multipolaren Weltordnung die vorherrschende Macht“.
Gelobt werden auch Trumps Vorstöße, Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zu beenden. Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, zusammen mit den europäischen NATO-Partnern für eine gerechte, stabile und tragfähige transatlantische Sicherheitspartnerschaft einzutreten und zusammen mit Trump eine „Friedenslösung“ in der Ukraine zu suchen. Allerdings solle Deutschland zugleich alle finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine einstellen – humanitäre Hilfe ausgenommen –, bis die Ukraine sich entschließe, an „ernsthaften Friedensverhandlungen“ teilzunehmen. Auch fordert die Fraktion, Sanktionen gegen Russland teilweise aufzuheben.
„Trump arbeitet an einer Renaissance des Westens“
Der AfD-Abgeordnete Markus Frohnmeier, der Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags ist, äußerte dazu gegenüber der F.A.Z.: „Anstatt einseitig die Ukraine weiter aufzurüsten, müssen Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen mit den Vereinigten Staaten endlich auf Verhandlungen drängen.“ Dazu gehörten „Anreize“ wie das Aussetzen mancher Sanktionen gegen Russland und der Waffenlieferungen an die Ukraine.
Der Antrag versucht insofern, näher an die Trump-Regierung heranzurücken, ohne das putinfreundliche Lager in Fraktion und Partei zu verlieren. So wird auch gefordert, die deutsch-russischen diplomatischen Beziehungen zu „normalisieren“, also die deutschen Vertretungen in Russland wieder „vollumfänglich“ zu besetzen. Im Antrag wird darauf hingewiesen, dass Putin im März wieder einen Botschafter in die Vereinigten Staaten schickte.
Der zweite Antrag beschreibt das Ziel der AfD-Fraktion, linksliberale Weltanschauung nach dem Vorbild Trumps zu bekämpfen. Es ist von „unserem westlichen Kulturkreis“ die Rede, in welchem den USA eine zentrale Rolle in diesem Kampf zukomme. Trump wird als Verbündeter beschrieben.
„Präsident Trump arbeitet an einer Renaissance des Westens“, äußerte die AfD-Politikerin Beatrix von Storch gegenüber der F.A.Z. „Damit haben auch wir als AfD einen sehr starken Partner gegen die totalitäre Woke-Ideologie, gegen die Gender-, Abtreibungs- und LGBTQ-Lobby, für die traditionelle Familie und den Lebensschutz.“ Von Storch gilt als ultrakonservativ; zuletzt wurde sie von Fraktionskollegen aber auch dafür gelobt, strategische Defizite der Fraktionsführung durch eigene Initiativen zu kompensieren. Die Politikerin war im September auch ins Weiße Haus gereist, um Gespräche mit Regierungsvertretern zu führen.
Der Antrag stellt eine Reihe von Forderungen in Bezug auf Familien- und Minderheitenpolitik, die sich an Entscheidungen Trumps orientieren. So sollen auf deutschen Auslandsvertretungen zu keinem Zeitpunkt Regenbogenflaggen gehisst werden dürfen. Die deutsche Regierung solle auf internationaler Ebene gegen „vermeintliche LGBTIQ-Rechte“, und ein „vermeintliches“ Recht auf reproduktive Selbstbestimmung eintreten.
Zuletzt stark im Westen gewachsen
Auch sollen keine öffentlichen Aufträge mehr an deutsche oder ausländische Unternehmen vergeben werden, die die „Woke-Ideologie“ unterstützen. Abgeschafft werden sollen Regeln für die Wirtschaft, die aus AfD-Sicht „woke“ sind, zum Beispiel Quoten oder Beauftragte. Nach dem Vorbild Amerikas soll außerdem die gesamte Projektförderung durch das Auswärtige Amt für 90 Tage ausgesetzt werden. In dieser Zeit sollten alle Projekte überprüft werden. Solche, die der „Umsetzung der Gender-Ideologie, LGBTIQ-Lobbyinteressen, Trans-Ideologie oder Abtreibung dienen, sollen schnellstmöglich beendet werden“.
Diese Ablehnung von Frauen- und Minderheitenrechten ist in weiten Teilen der AfD anschlussfähig, auch wenn sich ein Teil der Mitglieder und Anhängerschaft dabei lieber auf Putin bezieht. Das sind vor allem die Ostdeutschen unter den AfD-Sympathisanten. Dass die Bundestagsfraktion nun offensiv Amerika als Vorbild beschreibt, ist Ausdruck einer Kräfteverschiebung in der Partei, noch deutlicher aber in der Fraktion.
Während die AfD in den vergangenen Jahren vor allem in den ostdeutschen Bundesländern boomte, wuchs sie zuletzt stark im Westen. Um das fortzusetzen, muss sie andere Töne anschlagen. Ausdruck dieses Bemühens war etwa die deutliche Kritik der Parteivorsitzenden Alice Weidel an Putin kürzlich. Auch der Streit um eine Wehrpflicht innerhalb der Partei zeigt das. Während Weidels Ko-Vorsitzender Tino Chrupalla eher für die Einbindung der Ostdeutschen sorgt, versucht Weidel, Sympathisanten im Westen zu gewinnen. Trumps Politik scheint dabei anschlussfähiger als Putins.