
Die schwarz-rote Koalition ist sich weiterhin uneins über ein AfD-Verbotsverfahren. In der SPD-Fraktion seien die
Beratungen darüber weit fortgeschritten, sagte Fraktionschef Matthias
Miersch der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Auf die Frage, ob man nah an einem Verbotsantrag sei, sagte er: „Ja, das ist zumindest meine persönliche Haltung, und die werden wir jetzt in der SPD auch weiterentwickeln.“
Ablehnend äußerte
sich hingegen erneut Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Er sagte der Funke Mediengruppe, er habe keinen Zweifel daran,
„dass wir es bei der AfD
mit einer rechtsextremen Partei zu tun haben“. Trotzdem warnte er vor
einem Verbotsantrag. „Wer glaubt, man könne juristisch gegen die AfD
und ihre Stimmungsmache gewinnen, wird ein böses Erwachen erleben.“
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD Anfang Mai von einem Verdachtsfall zu einer „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ hochgestuft. Seitdem wird intensiv über einen Antrag auf ein Verbot der Partei diskutiert, auch auf höchster politischer Ebene: Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich kürzlich in einem Interview mit der ZEIT „sehr skeptisch“ gegenüber Verbotsverfahren gegen Parteien. Vizekanzler Lars Klingbeil sprach sich hingegen für die Prüfung eines AfD-Verbotsantrags aus.
Miersch will „gemeinsames Vorgehen“ mit der Union
SPD-Fraktionschef Miersch sagte nun, dass man das Verbotsverfahren auch unabhängig von den laufenden Gerichtsverfahren über die Einstufung der AfD
als gesichert rechtsextremistisch vorantreiben könne. „Die Frage eines
Verbotsverfahrens stellt sich schon jetzt“, sagte er der FAS. Die
Beratungen dazu in seiner Fraktion seien „schon sehr weit gekommen“. Dass sich die SPD dazu eine Meinung bilde, sei Ziel der nächsten Wochen. Sobald über das Verfahren Einigkeit hergestellt sei, wolle er mit der
Union im Bundestag „ein gemeinsames Vorgehen“ verabreden.
Dobrindt wiederum sagte der Funke Mediengruppe: „Ein Verbotsverfahren liefert Wasser auf die Mühlen der AfD.“ Sinnvoller sei es aus seiner Sicht, den Kampf gegen die AfD politisch zu führen. „Ich rate dazu, die AfD aus der Mitte heraus wegzuregieren“, sagte der CSU-Politiker. Schon im Mai hatte er die Debatte um ein Verbot als „kontraproduktiv“ bezeichnet.
Union offenbar mehrheitlich gegen Verbotsverfahren
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am Samstag unter Berufung
auf eigene Recherchen: Von 176 Bundestagsabgeordneten, die auf eine
Anfrage der Zeitung antworteten, hätten sich 124 für ein AfD-Verbotsverfahren
ausgesprochen. 13 weitere seien dazu ebenfalls bereit, wenn bestimmte
Voraussetzungen erfüllt seien. Die meisten Abgeordneten hätten sich nicht äußern wollen. Zustimmung für ein Verbotsverfahren gibt
es demnach vorrangig bei SPD, Grünen und Linken.
„Die überaus
große Mehrheit der Unionsfraktion ist sicherlich weiterhin gegen ein
Verbotsverfahren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
Unionsfraktion, Steffen Bilger, der FAZ. Bilger ließ allerdings durchblicken, dass sich die ablehnende Haltung zu einem
Verbotsverfahren noch ändern könnte. „Wir erleben, dass die AfD
immer extremer wird. Ich würde nicht für alle Zeiten ausschließen, dass
wir zu einer anderen Haltung kommen“, sagte er der Zeitung.
Einen Antrag für ein Parteiverbot können Bundesregierung, Bundestag oder
Bundesrat stellen. Über ein Verbot entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Damit eine Partei verboten wird, muss sie nicht nur verfassungsfeindliche Meinungen vertreten. Es muss auch realistisch erscheinen, dass sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele erreichen kann. Ein früheres Verbotsverfahren gegen die NPD etwa scheiterte, weil ihr keine Möglichkeit zum Umsturz nachgewiesen werden konnte.
Kurz nachdem der Verfassungsschutz die Hochstufung der AfD zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ bekannt gegeben hatte, sprach sich eine Mehrheit der Deutschen für ein AfD-Verbotsverfahren aus.