Die Gewürze
Lebte Hippokrates vielleicht von einer Art Lebkuchen? Von dem griechischen Arzt der Antike soll der weise Satz stammen: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“ Wenn man bedenkt, welche Fülle von Gewürzen in Lebkuchen steckt – Hippokrates hätte das Gebäck wahrscheinlich als wertvolle Nahrung durchgehen lassen. Die typischen Weihnachtszutaten sind nichts anderes als getrocknete Pflanzenteile wie Blüten, Wurzeln und Rinden, die meisten der Gewächse stammen ursprünglich aus Asien. Anis wird ein antibakterieller Effekt zugeschrieben, Nelken sollen entzündungshemmend sein, Piment wirkt sich positiv auf Magen und Darm aus, Zimt kann den Blutzuckerspiegel regulieren. Und der Duft von Vanille ist, ja, der ist wie Nachhausekommen. Auch im Mittelalter wusste man um die heilende Wirkung von Kräutern und Pflanzenextraken, aber Safran, Zimt und andere Delikatessen waren in Europa lange ein kostbares Gut. Der Transport über Hindukusch und Kaukasus, über Alexandria, Venedig oder später über Portugal verteuerte die Waren erheblich. Und die Kaufleute in Handelszentren wie Nürnberg verdienten gut an Muskat, Pfeffer und Vanille, was ihnen die Bezeichnung „Pfeffersäcke“ einbrachte. Erst im 19. Jahrhundert konnten sich auch weniger Wohlhabende solche Zutaten leisten. Über ihren verfeinernden Effekt auf Gekochtes und Gebackenes sagte der französische Schriftsteller Victor Hugo: „Das Leben ist wie eine Speise, welche uns nur ihrer Gewürze wegen schmeckt.“