
Patrick Wiencek
Neulich wurde Dominik Klein nach dem besten Zehnkämpfer seiner zehn Kieler Jahre gefragt: „Auch wenn das überraschend klingt, das wäre Patrick Wiencek!“ So sportlich sieht der x-beinige Abwehrchef gar nicht aus. Aber das Paket aus Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit muss unschlagbar sein. Mit seiner Optik, weißblond, hellhäutig, fiel „Piet“, auch „Bamm-Bamm“ nach dem Baby der Familie Feuerstein genannt, immer auf.
Weniger positiv durch sein Benehmen als Schwerstarbeiter am Kreis. Das tat weh. Trotzdem war er beliebt bei den Mitspielern und wurde von Gegnern geschätzt. „In der Nationalmannschaft vermisse ich besonders Patrick“, sagt Kapitän Johannes Golla, obwohl beim Rivalen Flensburg spielend.
An Wienceks Seite muss man sich wohlfühlen, denn da rackert einer bis zur Erschöpfung. Auch zuhause gönnt sich der gelernte Gas- und Wasser-Installateur selten Pausen. Er schraubt, er hämmert, er pflanzt den Garten neu: „Ich komme aus einer Handwerker-Familie. Ohne Handball wäre ich wohl Tischler geworden.“
Und er saugt vor den Spielen Staub, um die Nervosität zu dämmen. Aufräumen mag er nicht nur dort und am Kreis, sondern auch in der Kabine – gern hat Patrick Wiencek liegengebliebene Pfandflaschen eingesammelt: „Für die Kinder.“

Einen solchen „Normalo“ zum Vorzeigen kann man sich kaum ausdenken. Verlassen wird der Sechsunddreißigjährige die große Bühne nun aber doch: Nach 13 Jahren beim THW soll er in die Geschäftsführung aufrücken. Der Ruhestand könnte allerdings verschoben werden, riss doch dem Kollegen Hendrik Pekeler am Sonntag beim letzten Saisonspiel gegen Eisenach die Achillessehne.
Jim Gottfridsson
„Ich bin nicht groß, ich bin nicht schnell, ich bin nicht stark. Ich kann nicht mal hart werfen. Trotzdem bin ich zweimal MVP einer EM geworden. So viel habe ich nicht falsch gemacht.“ Jim Gottfridssons Selbstauskunft ist noch nicht so alt. Sein Verweis auf die Auszeichnungen als wertvollster Spieler bei Europameisterschaften stammt aus dem Herbst 2024, als er bei der SG Flensburg-Handewitt in der Kritik stand – der damalige Trainer Nicolej Krickau wollte ihn loswerden, seiner Idee von rasantem Handball stand Gottfridsson im Weg.

Das ließ sich der Schwede nicht bieten und unterschrieb einen Vertrag bei Pick Szeged. Nach zwölf Jahren, 500 Spielen und acht Titeln wird die Familie Gottfridsson das Haus in Handewitt also verlassen. Dort streifte er mit seinen beiden Kindern gern durch den Wald. Ein nahbarer Profi war der rothaarige Dickkopf immer, ob in der Halle oder beim asiatischen Essen in der Innenstadt.
Die Fans lieben ihn und vermissen ihn schon jetzt, denn seit Krickau die SG verlassen hat, blüht Jim Gottfridsson auf. Dass der Zweiunddreißigjährige nerven konnte und gern mal auf seinen Sonderstatus pochte, gehört auch zur Wahrheit. Schwamm drüber. Gottfridsson kam als Kind nach Flensburg, geht als Mann und hinterlässt der SG seinen persönlichen Stil: Handball im Stehen. Wer zuckt, hat verloren. Denn dann passte Jim Gottfridsson entweder woanders hin oder warf selbst. Ein Genie, dieser Regisseur.
Juri Knorr
Das Trikot mit seinem Namen hinten drauf war das meistgetragene auf den Rängen der Mannheimer Arena. Im Spiel gegen den neuen Meister aus Berlin, das die Rhein-Neckar Löwen 33:38 verloren, wurde wieder einmal deutlich, warum: Handball bekommt mit ihm, durch ihn, etwas Leichtes, Luftiges sowie eine Schönheit, die diesem Sport deftiger Zweikämpfe sonst kaum mehr innewohnt. Juri Knorr warf elf Tore, eines mehr als Mathias Gidsel, den er jüngst adelte: „So gut wie er werde ich nie sein.“ Mal sehen, zumindest im Trikot der Rhein-Neckar Löwen nicht, denn der 25 Jahre alte Knorr verlässt Heidelberg und wechselt nach Aalborg.
Damit verliert die Bundesliga den wohl attraktivsten deutschen Typen – viele junge Fans wollen spielen wie er. Dabei trägt der Spielmacher der Nationalmannschaft einen schweren Rucksack mit sich herum, ist der gebürtige Flensburger doch selbst sein größten Kritiker – neben seiner ihn beratenden Mutter. Das kann sich schonmal leistungslähmend auswirken, wie bei der Heim-EM 2024. Bleibt zu hoffen, dass dieser hochtalentierte Handballspieler seinen Beruf in Dänemark häufiger als Lust denn als Last begreift.
Wie bei den Olympischen Spielen in Paris: Durch den abgelegenen Spielort Lille und den Fokus der Öffentlichkeit auf andere Sportarten kaum im Mittelpunkt stehend, spielte Juri Knorr sehr reif und führte die deutsche Auswahl zur Silbermedaille.