

Abigail Spanberger hatte am Dienstagabend eine klare Botschaft: Die künftige Gouverneurin Virginias rief ihren Anhängern in Richmond zu, die Bedeutung der Wahl gehe über den Bundesstaat hinaus. Ganz Amerika, ja der Welt habe man gezeigt, dass Virginia Pragmatismus gewählt habe und nicht Parteigängertum, das Gemeinwesen und nicht Chaos. Dies habe man mit Anstand und Entschlossenheit erreicht, sagte Spanberger. Sie wird die erste Frau an der Spitze des Bundesstaates sein, in dem einst die amerikanische Republik geboren wurde, wie sie selbst hervorhob.
Sie hatte sich zu einem frühen Zeitpunkt entschieden, ihren Hut in den Ring zu werfen. Schon Ende 2023 kündigte die damalige Kongressabgeordnete an, sich im Folgejahr nicht mehr für ihren Wahlkreis im nördlichen Virginia zu bewerben und stattdessen die Kandidatur der Demokraten für das Gouverneursamt anzustreben.
Die Partei glaubte vor Jahren, den Bundesstaat, der lange Zeit zu den republikanischen Hochburgen im Süden zählte, gedreht zu haben: Seit 2008 konnten sich hier stets die demokratischen Präsidentschaftskandidaten durchsetzen, auch weil das bevölkerungsreiche nördliche Virginia zum Großraum Washington zählt, der linksliberal tickt. 2021 gelang es aber dem Republikaner Glenn Youngkin, die Gouverneurswahlen zu gewinnen. Das war nicht nur eine Folge des normalen Pendelschlags nach Joe Bidens Sieg 2020, sondern hatte auch mit Fehlern des seinerzeitigen demokratischen Kandidaten im Wahlkampf zu tun, insbesondere in der Schulpolitik. Spanberger setzte sich zum Ziel, Virginia wieder ins blaue Lager zurückzuholen.
Sie konnte ihren Bezirk nur knapp verteidigen
Die 1979 in New Jersey geborene Tochter eines Polizisten und einer Krankenschwester wuchs in Virginia auf. Nach einem betriebswirtschaftlichen Studium arbeitete sie mehrere Jahre für die CIA – nicht am Schreibtisch in Langley, sondern „im Feld“ in der Terrorismus- und Proliferationsbekämpfung. 2017 wagte sie den Sprung in die Politik und wurde in der blauen Welle, zwei Jahre nach dem Amtsantritt Donald Trumps, in den Kongress gewählt. Dort zählte sie nicht zu den jungen Linken um Frontfrau Alexandria Ocasio-Cortez, die seinerzeit ebenfalls ins Repräsentantenhaus gelangten, sondern trat als entschiedene Zentristin auf.
In den Wahlen 2020 verteidigte sie ihren Bezirk nur knapp. Intern kritisierte sie hernach die Strategie ihrer Partei – gemeint war nicht Biden, sondern Nancy Pelosi, die seinerzeitige Sprecherin der ersten Kammer. Dieser warf Spanberger vor, die Fraktion insbesondere in der Debatte über die Strafjustizreform („Defund the police“) infolge der „Black Lives Matter“-Proteste zu weit nach links geführt zu haben. Das habe die Partei in Wechselwähler-Bezirken angreifbar gemacht.
Diese Debatte hält im Grunde bis heute an. Spanberger, die mit ihrem Mann drei Töchter hat, zählt nun zu den Demokraten, deren Stimme gehört wird, wenn es um den Kurs der Partei geht.
