Abgrenzung zur AfD: Friedrich Merz bekennt sich zur „Brandmauer“

Trotz anderslautender Forderungen aus der Union will Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seine Partei weiterhin strikt von der AfD abgrenzen und am Unvereinbarkeitsbeschluss festhalten. „Wir werden noch viel deutlicher die Unterschiede zwischen uns und der AfD herausstellen“, sagte der CDU-Chef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „In der öffentlichen Wahrnehmung setzt sich die falsche Erzählung fest: Die könnten doch mit der AfD alles durchsetzen, wenn sie nur diese ‚Brandmauer‘ einreißen würden“, sagte Merz weiter.

Unter bestimmten Voraussetzungen hält der Kanzler gemeinsame Abstimmungen mit der AfD aber für möglich. Wenn die Union ihre eigene Politik nicht mehr zur Abstimmung im Bundestag stelle, „nur weil die AfD aus rein taktischen Gründen möglicherweise zustimmt“, bestimme allein die AfD über den Parteikurs. „Genau in diese Abhängigkeit darf die CDU nie geraten“, sagte der CDU-Vorsitzende.

„Die AfD stellt die Bundesrepublik Deutschland infrage“

Angesichts des Umfragetiefs der Union hatten zuletzt einige ehemalige Unionspolitiker die Schwesterparteien CDU und CSU aufgefordert, auf die Rechtsaußen-Partei zuzugehen. „Die derzeitige Stigmatisierung hilft der AfD nur noch“, sagte etwa Ex-Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, dem Stern. Ähnlich äußerte sich der frühere Bundeswirtschafts- und Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). 

Zudem stellten mehrere CDU-Politiker aus Ostdeutschland die grundsätzliche Abgrenzung der Union zur AfD infrage. Beim liberalen Flügel der CDU stießen die Überlegungen zu einer strategischen Öffnung gegenüber der AfD dagegen auf starken Widerstand. Auch der Kanzler äußerte sich dazu erneut deutlich: „Die AfD stellt die Bundesrepublik Deutschland infrage, wie sie seit Adenauer geprägt worden ist und wie sie die CDU mitgeprägt hat“, sagte Merz. Zugleich räumte er ein, dass die Union im politischen Spektrum rechts zu viel Platz gelassen habe.

Die sogenannte Brandmauer zur AfD wurde von der CDU im Jahr 2018 mit dem Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst. Auf dem CDU-Bundesparteitag wurde damals beschlossen, „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ mit der AfD auszuschließen. Dieser Beschluss ist nach wie vor in Kraft. Am Sonntag trifft sich das Präsidium der CDU, um erneut über die Strategie gegenüber der AfD zu beraten.

Kanzler zeigt „Sympathie“ für Losverfahren beim Wehrdienst

In dem Interview schaltete sich der Kanzler außerdem in die Debatte um die geplante Reform des Wehrdienstes ein. Dabei zeigte er sich überzeugt, dass die Koalition bald eine Lösung finden werde.

Merz sagte, er habe mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gesprochen. „Ich habe ihm auch gesagt, dass ich grundsätzlich Sympathie habe für die Lösung, die die Sicherheitspolitiker der Fraktionen miteinander gefunden haben“, sagte er. Union und SPD seien sich „einig, dass wir einen schnellen Aufwuchs der Bundeswehr brauchen“. Es gebe „noch unterschiedliche Einschätzungen, wie das geht. Diese Vorstellungen werden jetzt sicherlich schnell angeglichen werden“, sagte der Kanzler.

Der Gesetzentwurf von Pistorius zum Wehrdienst sieht zunächst die Rekrutierung für die Bundeswehr auf freiwilliger Basis vor. Dazu sollen alle jungen Männer in Deutschland einen Fragebogen erhalten. Anschließend werden mögliche Rekruten gezielt zur Musterung eingeladen. Dies reicht der Union jedoch nicht aus. Sie will einen Automatismus in Richtung einer Wiedereinführung der Wehrpflicht, falls sich nicht genügend Freiwillige melden.

Politiker von CDU/CSU und SPD haben deshalb im Bundestag einen Kompromissvorschlag ausgearbeitet. Demnach sollte ein Losverfahren darüber entscheiden, wer zur verpflichtenden Musterung muss, sollten sich in einem Jahrgang nicht genügend Freiwillige finden.

Der Verteidigungsminister zeigte sich daraufhin gesprächsbereit zu möglichen Änderungen an seinem Gesetzentwurf. Er sei sich sicher, „dass in den parlamentarischen Beratungen tragfähige Lösungen gefunden werden“, sagte Pistorius im Bundesrat.