Neujahrsansprache: „Wir sind kein Spielball von Großmächten“

In seiner Neujahrsansprache hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) trotz aller Herausforderungen zu einem positiven Blick auf die Zukunft aufgerufen. „Wir haben es selbst in der Hand, jede dieser Herausforderungen aus
eigener Kraft zu bewältigen. Wir sind nicht Opfer von äußeren Umständen“, sagte Merz. „Wir sind kein Spielball von Großmächten. Unsere Hände sind nicht
gebunden.“

Deutschland sei ein „großartiges Land, das sich immer wieder neu erfunden hat, aus Krisen gestärkt hervorging, neuen Zusammenhalt stiften konnte“, sagte Merz. „Lassen wir uns deshalb nicht von Angst und Verzagtheit leiten, sondern von Zuversicht und dem Glauben an unsere eigene Kraft zur Bewältigung jeder Herausforderung, ganz gleich, wie groß sie auch sein mag.“

Merz pocht auf Europas Sicherheitsinteressen

Merz erinnerte zugleich an die Herausforderungen, vor denen das Land und Europa stehen. „Ein schrecklicher Krieg tobt in Europa. Es ist ein Krieg, der auch unsere Freiheit und unsere Sicherheit unmittelbar bedroht“, sagte er mit Blick auf Russlands fortwährenden Angriff auf die Ukraine. Der Kanzler erinnerte daran, dass „die Ukrainerinnen und Ukrainer (…) zum vierten Mal in Folge das Neujahr unter widrigsten Umständen begehen – viele von ihnen ohne Strom, im Raketenhagel, in Angst um Freunde und Familien“.

Dieser Krieg sei nicht weit entfernt, sagte Merz. „Täglich wird ‌auch Deutschland von Sabotage, Spionage und
Cyberangriffen überzogen.“ Russlands Angriff sei Teil
eines Plans, der sich gegen ‍ganz Europa richte. Er schloss an: „Ich sage Ihnen: Wir sorgen für unsere Sicherheit. Wir leben in einem
sicheren Land.“

Damit das so bleibe, müsse die Abschreckungsfähigkeit
verbessert werden, sagte Merz. „Für uns Europäer heißt das: Wir müssen unsere Interessen noch viel
stärker aus eigener Kraft verteidigen und behaupten“, sagte er. Ziel
sei die „Erneuerung der Fundamente unserer Freiheit, unserer Sicherheit
und unseres Wohlstandes für die nächsten Jahre und vielleicht
Jahrzehnte“.

Herausforderungen meistern

Das passiere bereits in vielen Bereichen, sagte Merz im Hinblick auf die bisherige Arbeit der Bundesregierung. „Wir haben neue Anreize für legale und geordnete Migration geschaffen und
zugleich Routen für illegale und ungeordnete Migration geschlossen“, sagte der Regierungschef.

Als weitere Herausforderung nannte Merz den weltweiten Protektionismus. „Unsere strategische Abhängigkeit von Rohstoffen wird zunehmend als politischer Hebel gegen unsere Interessen eingesetzt“, sagte er mit Blick auf Russland und China. Auch an die sich wandelnde Partnerschaft mit den USA unter Donald Trump erinnerte Merz. Deshalb habe die Bundesregierung Reformen von Sozialstaat und Rente angestoßen, Unternehmen entlastet und Bürokratieabbau beschlossen.

„Wir werden im nächsten Jahr grundlegende Reformen beschließen müssen,
damit unsere Sozialsysteme auf Dauer finanzierbar bleiben“, kündigte Merz an. Die
Herausforderungen seien offensichtlich: Die Gesellschaft werde
älter, ​geburtenstarke Jahrgänge gingen jetzt in Rente. Ziel
müsse sein, die ‌Anliegen aller Generationen fair in Einklang zu
bringen.

„Unsere Wirtschaft steht unter dem Druck notwendiger
Reformen, hoher Kosten und weltweiter ⁠Handelskonflikte“, sagte Merz. Zudem revolutionierten neue Technologien die ​Arbeitswelt
und das Zusammenleben. „Nun werden
nicht wenige sagen, das reicht nicht, das ist zu wenig, und spüren tut
man es auch noch nicht hinreichend. Und ich will Ihnen sagen: Sie haben recht, das reicht nicht“, sagte er. Aber die Bundesregierung habe mit ihrer Arbeit
begonnen, und Deutschland werde „den Ertrag ernten“.

2026 als Aufbruch

„So kann das Jahr 2026 ein Moment des Aufbruchs werden“, sagte der Kanzler weiter. „Das ist die Aussicht, die ich Ihnen und uns allen eröffnen will: Das kann ein entscheidendes Jahr für unser Land und für Europa werden.“ Deutschland und Europa könnten in neuer Stärke wieder an Jahrzehnte von Frieden, Freiheit und Wohlstand anknüpfen. 

„Dafür müssen wir uns selbst vertrauen, unserem Mut und unserer Tatkraft“, sagte Merz. Er warb für Vertrauen in die demokratischen Prozesse. „Ja, sie sind manchmal zäh und streitig. Aber nur so kommen wir zu Ergebnissen, die von einer breiten Mehrheit unseres Landes auch getragen werden“, sagte er mit Blick auf die zahlreichen Wahlen im kommenden Jahr.