Mehrwertsteuersenkung: Sind Restaurants jetzt wieder günstiger – Stil

Vergangene Woche war Zahltag in der Gastronomie. So sehen es zumindest gerade viele Gäste. Denn die Bundesregierung hat zum 1. Januar die Mehrwertsteuer für Speisen im Lokal gesenkt (nicht für Getränke!), um satte zwölf Prozentpunkte, von 19 auf sieben Prozent. Und nun gibt es eine gewisse Erwartung, dass mindestens ein Teil der Steuererleichterungen an den zuletzt auch nicht gerade flüssigen Restaurantbesucher weitergegeben wird.

Zugegeben, die Erwartungshaltung ist nachvollziehbar. Schließlich bereitete das Essengehen zuletzt zunehmendes Magendrücken, und das lag nicht an der Qualität der Speisen. Selbst die, die es sich leisten können, fragen sich immer öfter, ob sie es sich noch leisten wollen, wenn einfachste Suppen preislich die Zehn-Euro-Marke reißen, oder wenn für Frikadellen mit Kartoffelsalat in besseren Wirtshäusern mehr als 20 Euro fällig werden. Eine Schallmauer, die auch viele Pastateller durchbrochen haben, sogar solche, die man selbst noch zu Hause hinkriegen würde.

Bei diesen Preisen scheint es doch nur gerecht, dass die Wirte, denen der Steuerzahler gerade so großzügig entgegenkam, nun auch dem Steuerzahler entgegenkommen, oder? Besonders kostensensible Gäste erzählen jedenfalls gerade gern, dass sie sich die bisherigen Preise in ihren Lieblingslokalen genau eingeprägt haben, um nun nachzuvollziehen, ob sich da bei Schnitzel, Pizza und Salat endlich was tut. Und auch der Bundesfinanzminister hat angekündigt, er werde „sehr genau darauf achten“, dass die Steuersenkung in Form von günstigeren Preisen „bei den Kunden ankommen“. Allein: Das wird natürlich nicht passieren.

Wie schlecht geht es der Branche wirklich?

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat schon vor Wochen gewarnt, dass die Mehrwertsteuersenkung nicht automatisch zu Preissenkungen führen werde angesichts einer Wirtschaftslage, in der jeder zehnte Gastronomiebetrieb ums Überleben kämpfe. Er zitierte Wirtschaftsexperten, die ausrechneten, dass sich in den Restaurants angesichts der Mieten, Personalkosten und Lebensmittelpreise höchstens die Teuerung verlangsamen, nicht aber die Preise reduzieren würden. Und es spricht leider viel dafür, dass es diesmal um mehr geht als um das übliche Klagelied eines Branchenverbandes. Dass die Mahnungen womöglich sehr berechtigt sind.

Für eine Bestätigung kann man zum Beispiel Jochen Rädeker anrufen, bis vor Kurzem Chefredakteur des Restaurantführers Gault & Millau und als solcher zuletzt einer der schärfsten Kritiker der Preisentwicklung in der Gastronomie. Da allerdings habe sich seine Haltung geändert, sagt er, „die Spielräume für Preissenkungen sind weg, selbst renommierte Restaurants haben gerade zu kämpfen“. Als Gründe nennt Rädeker die mangelnde Auslastung vieler Lokale, das anhaltend hohe Kostenniveau und die Lohnentwicklung. Allein die Tariferhöhungen sowie der Anstieg des Mindestlohns zum 1. Januar um 8,5 Prozent führen zwischen 2024 und 2027 zu einem geschätzten Anstieg der Personalkosten um 18 Prozent. Viele Wirte diskutieren deshalb, wie sie ihre Gäste überhaupt noch halten können. Wobei sich das Problem nicht auf Deutschland beschränkt, wie zu Jahresende ein Artikel des San Francisco Standard zeigte, der unter der Schlagzeile „Es ist peinlich“ Stimmen kalifornischer Wirte sammelte, die schockiert sind vom eigenen Menüpreis.

Was kann man als Gast noch tun? Leider nicht viel. Geduldig bleiben. Restaurants unterstützen, die zumindest wissen, wie man klug spart. Und sich über die tröstliche Nachricht freuen: Teurer wird der Lokalbesuch nach der Mehrwertsteuersenkung immerhin nicht werden. Erst mal nicht.

Der Autor versucht, wirklich nur dort essen zu gehen, wo es sich lohnt. Leider gelingt das nicht immer.
Der Autor versucht, wirklich nur dort essen zu gehen, wo es sich lohnt. Leider gelingt das nicht immer. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))