David Chipperfield: Bauen für Rene Benko – Gesellschaft

SZ: Sie wuchsen als Kind auf einem einsamen Bauernhof im Südwesten Englands auf und besuchten später ein Internat. In den Siebzigerjahren zogen Sie nach London. Wie wild war die Stadt damals?

David Chipperfield: Da ich aus einem sehr behüteten und provinziellen Umfeld stammte, war es natürlich superaufregend. Es gibt nichts Spannenderes als eine Stadt, wenn man jung ist. London war damals viel offener als heute. Man hatte das Gefühl, die Stadt für sich erfinden zu können. Ein bisschen wie Berlin vor 25 oder 30 Jahren. Heute ist London wie Disneyland, für das man ein Ticket lösen muss und sich dann nur noch aussuchen kann, welche Attraktion man besuchen möchte.

In London studierten Sie an der berühmtesten Architekturschule der Welt, der School of Architecture der Architectural Association, kurz AA. Stimmt es, dass man Sie dort bei der Abschlussprüfung durchfallen lassen wollte, weil Sie zu konservativ waren? Zaha Hadid soll dann ein gutes Wort für Sie eingelegt haben.

Woran mich Zaha die nächsten 25 Jahren immer wieder erinnert hat, stimmt. Sie war die Studentenvertreterin im Prüfungsboard und hat sich für mich eingesetzt. Ich war ein bisschen aus der Zeit gefallen. Vermutlich hätte ich am Ende doch bestanden, aber es war sehr schön, dass Zaha sich so für mich ins Zeug gelegt hat. Sie war ihren Freunden gegenüber immer sehr loyal.

Das Appartement von David Chipperfield in Berlin liegt direkt gegenüber von seinem Büro.
Das Appartement von David Chipperfield in Berlin liegt direkt gegenüber von seinem Büro. (Foto: Friedrich Bungert/Friedrich Bungert)

David Chipperfield wurde 1953 in London geboren. Die Sanierung des Neuen Museums auf der Berliner Museumsinsel machte ihn international berühmt, viele Museumsprojekte auf der ganzen Welt folgten. Im Jahr 2023 erhielt Chipperfield den Pritzker-Preis, die wichtigste Architekturauszeichnung der Welt. Sein Büro eröffnete er vor 40 Jahren 1985 in London, heute hat es Niederlassungen in London, Berlin, Mailand, Shanghai und Santiago de Compostela. In Galicien hat der Architekt nicht nur eine Stiftung gegründet, die Fundación RIA, sondern er betreibt dort mit seiner Familie auch eine Dorfkneipe.

So traditionell, dass Sie Margaret Thatcher und Prinz Charles mit Ihrer Architektur überzeugen konnten, die Sie beide mal als „die Zwillingstürme der negativen Einstellung gegenüber dem Architektenberuf“ bezeichnet haben, waren Sie dann aber doch nicht.

Wie soll ein junger Architekt oder auch ein alter Architekt eine vorherrschende Macht überzeugen? Das erste Gebäude, das ich in England gebaut habe, war das River & Rowing Museum. Es entstand genau zu der Zeit, als Prinz Charles viel über moderne Architektur redete. Das beeinflusste die Stimmung der Menschen damals auf ähnliche Weise, wie Trump heute jedem die Möglichkeit gibt, bösartige Dinge zu sagen, die man vor zehn Jahren nicht gesagt hätte. Charles hatte sicherlich bessere Absichten, und er hatte auch nicht völlig unrecht, als er die moderne Architektur kritisierte. In den Siebzigerjahren hatte sie ihre Kraft verloren. Seine Kritik war also richtig, nur die Schlüsse, die er daraus zog …

… so zu bauen wie im vorletzten Jahrhundert, also bitte! Wie sah denn Ihr erstes Gebäude aus?

Das River & Rowing Museum entstand Ende der Achtzigerjahre in Henley-on-Thames, im Süden Englands.
Das River & Rowing Museum entstand Ende der Achtzigerjahre in Henley-on-Thames, im Süden Englands. (Foto: Richard Bryant / Arcaid)

Das Museum entwarf ich für Henley, einen sehr konservativen Ort. Ich habe mich gefragt: Warum muss moderne Architektur für normale Menschen immer seltsam wirken? Also habe ich ein Gebäude entworfen, das viel vertrauter wirkt. Ich entschied mich für ein Satteldach, was zu dieser Zeit kein moderner Architekt tat. Das Projekt wurde für den Europäischen Architekturpreis nominiert, und Gerüchten zufolge war es eines der Gebäude, die Charles zu dieser Zeit am meisten mochte. Für mich war die Erkenntnis wichtig, dass Architektur nicht dazu da ist, um andere Architekten glücklich zu machen. Das Gebäude wurde von der Gemeinde sehr gut aufgenommen.

Ihr erstes Privathaus, das Sie für den Fotografen Nick Knight in London bauten, zog dagegen massive Kritik auf sich. Die Anwohner demonstrierten dagegen. Wenn man das kleine Gebäude heute betrachtet, versteht man das nicht wirklich.

Es war komplett verrückt. Aber damals hatten die Menschen das Gefühl, dass moderne Architektur ihre Sicht auf die Welt sabotierte.

Im Vergleich zum Haus von Nick Knight sind die Privathäuser, die Sie heute entwerfen, alle unfassbar groß. Warum ist das so?

Die Menschen, die uns beauftragen, stammen aus sehr privilegierten Verhältnissen. Das ist schade. Denn wenn ich mir die Arbeit von jemandem wie Alvaro Siza in Portugal anschaue, dann waren die Menschen, für die der Architekt in den Achtzigerjahren Häuser baute, Dichter, Maler oder Ärzte, ganz normale Menschen also. Und diese Menschen wollten ein normales Leben. Wir haben heute Morgen hier im Büro über Ferienhäuser gesprochen. Die Größe dieser Häuser ist teilweise einfach absurd. Wir haben uns von der Frage entfernt, was man braucht, und beantworten nur noch die Frage, was man will oder was man zu wollen glaubt. Im Ernst, wie viele Schlafzimmer braucht man als Villenbesitzer?

Sie sprechen öffentlich viel über die Bedeutung von bezahlbarem Wohnraum, bauen aber selbst ausschließlich Luxusvillen.

Das bin nicht nur ich, der nur Villen baut! Es ist die Gesellschaft, die keine Sozialwohnungen mehr baut oder nur noch sehr selten. Vor allem in der angelsächsischen Welt, wo der Staat erwartet, dass der private Markt Wohnraum schafft. Aber wenn wir ein System haben, das auf Gewinnmaximierung basiert, dann passt der soziale Wohnungsbau, der darauf angewiesen ist, keinen oder nur einen sehr geringen Gewinn zu erzielen, nicht in unser normales System.

Sie würden also gerne mal ein richtig günstiges Miethaus entwerfen? Sie brauchen nur einen Auftrag dafür?

Absolut. Aber den wird es nicht geben. Stellen Sie sich vor, Sie gehen als Investor zur Bank und sagen: Ich brauche Geld, weil ich Sozialwohnungen bauen möchte. Die Bank fragt: Wie sieht Ihr Businessplan aus? Darauf antworten Sie: Ich möchte die bestmöglichen Wohnungen für den geringstmöglichen Gewinn bauen. Die Bank wird Ihnen sagen: Sie sehen das falsch. Sie müssen so günstig wie möglich bauen und den höchsten Gewinn erzielen.

In den Neunzigerjahren zogen Sie nach Berlin. Fühlten Sie sich sofort wohl hier?

Überhaupt nicht. Es war eine sehr fremde Kultur. Wir hatten schon ein paar Projekte in Deutschland, aber der Auftrag, das Neue Museum auf der Museumsinsel zu sanieren, war eine ganz andere Art von Verpflichtung gegenüber der Stadt. Meine Frau sagte damals: Willst du wirklich zehn Jahre damit verbringen, ein Gebäude von jemand anderem zu renovieren? Viele Architekten hätten das genauso gesehen. Ich fand es aber faszinierend, mit der Geschichte des Ortes zu arbeiten, besonders zu dieser Zeit. Die andere Frage ist, ob ich mich zu Hause gefühlt habe.

Und, haben Sie?

Ich habe eigentlich immer woanders gearbeitet, fast nie zu Hause. Wenn man als Architekt in seiner eigenen Stadt lebt und arbeitet, dann hat man irgendwann das Gefühl, man hätte das Recht dort zu bauen. Welches Recht hatte ich in Berlin zu bauen? Überhaupt keines! Das ist eine ziemlich gute Ausgangslage.

Das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel wurde im Jahr 2009 wiedereröffnet.
Das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel wurde im Jahr 2009 wiedereröffnet. (Foto: SPK / David Chipperfield Architects / Foto: Joerg von Bruchhausen)

Das Neue Museum war Ihr internationaler Durchbruch. Angela Merkel stellte Sie bei einem Besuch des britischen Premierministers David Cameron 2013 als „einen der berühmtesten deutschen Architekten vor“. Irritierte Sie das?

Nein, überhaupt nicht. Warum sollte es das?

Weil Sie von Merkel als Deutscher vereinnahmt wurden.

Schon, aber die Briten wollten mich ja nicht. Ich glaube, Cameron hat den Witz nicht mal verstanden. Er wusste ja gar nicht, wer ich war. Als ich in den Neunzigerjahren nach Deutschland kam, um hier zu arbeiten, war ich ziemlich überrascht, wie Architekten hier respektiert werden. Wenn ein Architekt in Deutschland etwas sagt, dabei wütend wird und mit der Faust auf den Tisch schlägt, sind alle schockiert. Wenn man in England auf den Tisch haut, wird man sofort gefeuert, mit der Begründung: „Mit so einem Idioten will ich nicht mehr zusammenarbeiten.“ In England ist man Dienstleister. Ich bezahle ihn, also soll er gefälligst machen, was ich will.

Schwierig, wenn man gleichzeitig kreativ sein soll.

Ja, aber diese angelsächsische Einstellung, dass man sich erst das Recht verdienen muss, etwas zu machen, ist mir beim Neuen Museum sehr zugutegekommen. Es war eine fast unmögliche Aufgabe: Jeder wollte etwas anderes. Nach neun Monaten voller frustrierender Meetings habe ich gesagt: Einmal im Monat gehen wir alle in denselben Raum, hören einander zu und verhandeln Lösungen. Der Architekt muss sowohl zuhören als auch führen können. Gleichzeitig sollte man nicht vergessen, dass der Kunde jemand ist, um den man sich kümmern muss.

Diese Einstellung passt ein wenig zu dem, was der Tagesspiegel vor zwei Jahren zu Ihrem 70. Geburtstag geschrieben hat. Dort hieß es, Ihre größte Besonderheit sei es, keine zu haben. Klingt ein bisschen wie der „Mann ohne Eigenschaften“ in der Architektur.

Heute hat ein erfolgreicher Architekt einen bestimmten Stil und bekommt deswegen den Auftrag für ein Projekt. So ein Architekt wollte ich nie sein. Ich wollte niemand sein, dessen Stil man sofort erkennt. Ich wollte immer an meiner Herangehensweise und Einstellung erkennbar sein.

Welcher Ort in einem Museum wird oft übersehen, wenn es darum geht, dass sich Menschen dort wohlfühlen sollen?

Der Schlüssel zu guter Architektur liegt darin, einen Ort zu schaffen, an dem man einfach gerne sein möchte. Das Befriedigendste ist doch, wenn man sich irgendwo hinsetzt und glücklich ist, schlicht weil man dort ist und nirgendwo anders. Ich war mal in einem kleinen Ryokan in Kyoto. Eines Morgens saß ich an einem offenen Fenster, trank meinen Tee und schaute hinaus. Ich spürte in diesem Moment, dass dies der einzige Ort war, an dem ich gerade sein wollte. Warum kann das nicht das Ziel von Architektur sein?

Die James-Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel.
Die James-Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel. (Foto: Simon Menges)

Würden Sie sagen, Ihrer James-Simon-Galerie gelingt dieses Ziel? Die Größe des Baus ist enorm, die Ausstrahlung unterkühlt, und viel mehr als einen teuren Kaffee trinken kann man dort irgendwie auch nicht.

Sie dürfen nicht vergessen, dass der ursprüngliche Name dieses Gebäudes 15 Jahre lang „das Eingangsgebäude“ lautete, und in gewisser Weise ist es das auch. Ob das letztendlich wirklich notwendig war, weiß ich nicht. Es ist in der Tat ein etwas seltsames Gebäude, weil es durch all die Dinge definiert ist, die darin untergebracht werden mussten. Die Museumsinsel brauchte einen Vortragssaal. Sie brauchte einen Raum für Wechselausstellungen, ein besseres Café, eine bessere Buchhandlung und einen besseren Ticketverkauf. Was ist es also? Nun, es ist ein Infrastrukturgebäude.

In Berlin hat Ihr Büro auch große kommerzielle Projekte gemacht. Sie sind also mit dafür verantwortlich, dass Berlin nicht mehr der Ort Ihrer Anfangszeit ist.

Es wäre einfacher, nur die Aufträge anzunehmen, die einem absolut zusagen. Museen zum Beispiel. Dafür brächte man aber ein viel kleineres Büro. Gleichzeitig finde ich es seltsam, wenn wenige ausgewählte Architekten nur besondere Dinge entwerfen sollen und andere Architekten dann den Rest. Ich glaube, dass es richtig ist, dass ein Büro wie unseres sich die Hände schmutzig macht und dabei versucht, es besser zu machen. Natürlich ist das in gewisser Weise auch eine schreckliche Ausrede, aber wenn wir es nicht tun würden, würde es jemand anderes tun, und hoffentlich machen wir es besser.

Auch für René Benko, der gerade wieder vor Gericht stand, hat Ihr Büro Projekte entworfen. Etwa den Elbtower, der jetzt unfertig als gigantische Bauruine in den Hamburger Himmel ragt, oder das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck. In gewisser Weise begann mit diesem Projekt Benkos Aufstieg als internationaler Immobilienmogul.

Stimmt. Mit unserem Kaufhaus Tyrol begann Benkos Aufstieg. Trotzdem glaube ich, dass es ein gutes Projekt war, zumindest ist das Kaufhaus Tyrol besser geworden, weil wir es entworfen haben. Ich weiß das, weil wir erst beauftragt wurden, als sie mit dem Projekt bereits begonnen hatten. Wir hatten also einen enormen Zeitdruck. Trotzdem versuchten wir, ein Gebäude zu entwerfen, das auch die Belange der Stadt berücksichtigt. Wirtschaftlich wurde es ein fantastischer Erfolg.

Das Kaufhaus Tyrol eröffnete im Jahr 2010 in Innsbruck.
Das Kaufhaus Tyrol eröffnete im Jahr 2010 in Innsbruck. (Foto: Ute Zscharnt)

Ein Gebäude ist also gut, wenn es wirtschaftlich ein Erfolg ist?

Nein, auch die Menschen in der Stadt mögen das Gebäude. Die Wahrheit ist: Wenn man diese Art von Einzelhandel nicht in der Innenstadt hält, schafft man Gewerbegebiete außerhalb. Dann zieht das Leben raus, und das Stadtzentrum verwandelt sich in ein historisches Museum. Aus dieser Perspektive ist das Kaufhaus Tyrol ein gutes Projekt. Aber wie Sie sagen: Wahrscheinlich hat damit Benkos Aufstieg begonnen und ganz sicherlich seine Loyalität uns gegenüber. Ich vermute, er war immer dankbar für unsere Arbeit in Innsbruck. Am Ende hatten wir etwas zu viele Projekte für ihn.

Ja, zum Beispiel auch das in der Schützenstraße mitten in München, zwischen Hauptbahnhof und Stachus. Benko hat in vielen Städten solche gigantischen Löcher hinterlassen.

Ja, aber sie werden gefüllt werden. Zumindest in München. Hamburg ist da die viel größere Herausforderung. Ein Vorschlag, den ich ziemlich reizvoll fand, lautete, es so zu belassen, wie es ist, als Denkmal für eine kapitalistische Zeit. Wir werden sehen, was damit passiert.

Vor ein paar Monaten sagten Sie: Alle Architekten haben sich ihre Hände schmutzig gemacht.

Man muss im Spiel sein, um irgendwie mitspielen zu können. Denn wenn man das nicht tut, kann man nur am Rand sitzen und allen erzählen, wie schrecklich alles ist. Die Schwierigkeit besteht darin, verantwortungsvoll zu spielen. Aber wie macht man sich die Hände schmutzig und hält sie gleichzeitig sauber? Das ist heuchlerisch. Als Gesellschaft wissen wir eigentlich, was wir wollen. Wenn ich Menschen fragen würde, in welcher Stadt sie gerne leben würden, dann würden die meisten etwas Ähnliches beschreiben: Gebäude mit vier bis sechs Stockwerken, mit guten Geschäften im Erdgeschoss, schöne Straßen mit Plätzen und Cafés, vielen Bäumen und wenig Verkehr, gute Schulen für ihre Kinder und ein örtliches Krankenhaus.

Blöd nur, dass wir diese Stadt nicht bauen.

Genau. Wir bauen sie nicht. Wir bauen große Blöcke. Warum? Nicht weil Architekten das so wollen, sondern weil der Grundstückswert so hoch ist. Der einzige Weg, diesen Grundstückswert zu realisieren, ist das Spiel, das wir derzeit spielen. London ist ein gutes Beispiel dafür. Die Stadt, in die ich in den Siebzigerjahren kam, war edgy und dunkel. Jetzt ist alles hell und glänzt, aber es hat seinen Charakter verloren.

Der Architekt David Chipperfield in seinem Berliner Appartement.
Der Architekt David Chipperfield in seinem Berliner Appartement. (Foto: Friedrich Bungert/Friedrich Bungert)

Im Frühjahr sagten Sie ebenfalls: Als Architekturbüro wissen wir, was zu tun ist, und doch tun wir es nicht.

Ich teile nicht die Ansicht, dass Architekten Opfer der Gesellschaft sind. Aber wir sind eindeutig nicht die Regisseure. Wir sind vollkommen abhängig davon, wer bei uns durch die Eingangstür kommt. Allein mein Berliner Büro hat 130 Mitarbeitende, denen kann ich nicht einfach sagen: „Wir warten mal, bis etwas Gutes kommt.“

In Santiago di Compostela in Galicien haben Sie eine Stiftung gegründet, die Gemeinden dabei helfen will, schöner zu werden, mit mehr öffentlichen Räumen und weniger Verkehr. Mit Verlaub, das wirkt ein wenig, als wollten Sie dort Abbitte leisten für das, was Sie mit ihrem Büro entwerfen: hübsche Hüllen für den Turbokapitalismus.

Es ist verdammt schwer, die Reifen zu wechseln, während man das Auto fährt. Aber wir versuchen es. Was wir in der Stiftung machen, wäre in unseren Büros nicht möglich: Dort sind wir zu unseren eigenen Kunden geworden. Wir sind diejenigen, die die Aufgaben festlegen. Denn wenn ein Büro wie unseres gebeten wird, ein Gebäude zu entwerfen, ist alles bereits festgelegt, der Standort, die Größe, die wirtschaftliche Gleichung steht. Um das zu ändern, muss man Einfluss auf die Entscheidung nehmen, bevor sie getroffen wird. In Galicien sind wir politisch geworden. So einfach ist das.

In gewisser Weise zeigen Sie, wie es anders gehen könnte.

Ja, aber als 30-jähriger Architekt ohne viel Geld hätte ich das nicht tun können. Ich kann das jetzt, als 70-jähriger Architekt, mit mehr Ressourcen und einem guten Ruf. Wenn ich jemanden anrufe, geht er ans Telefon. Es geht darum, Fragen zu stellen. Das Problem ist, dass wir in der Architektur nur noch Antworten geben.