Größtes US-Generalkonsulat in Europa in Frankfurt: Wofür werden die Gebäude genutzt?

Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Und doch meldet sich der innere Schelm des Besuchers, wenn sein Blick auf den Zierrat an beiden Seiten des Portals zum Hauptgebäude des amerikanischen Generalkonsulats in Frankfurt fällt. Ähneln die goldfarbenen Applikationen nicht Zeptern? Jenen Insignien der Macht, die einen royalen Pomp liebenden, allerdings ungekrönten Mann im fernen Washington so sehr faszinieren, dass er dafür sogar die älteste kontinuierliche Demokratie drangäbe?

Beim Näherkommen verflüchtigen sich aber solche Gedanken. Die zepterähnlichen Objekte sind Äskulapstäbe, also keine Symbole der Macht, sondern der Heilkunst. Sie verweisen auf die lange Geschichte des Geländes, auf dem zwar seit nun 20 Jahren eine der größten diplomatischen Vertretungen der Vereinigten Staaten auf der Welt untergebracht ist, dessen Gebäude ursprünglich aber nicht für konsularische Zwecke errichtet worden waren.

Auf dem weitläufigen Areal an der Gießener Straße im Nordend an der Grenze zu den Stadtteilen Preungesheim und Eckenheim war viele Jahre lang ein amerikanisches Militärkrankenhaus zu finden. Und noch heute erinnern die breiten Gänge und die sanft ansteigenden Rampen, die zu den verschiedenen Trakten des Hauptgebäudes führen, daran, dass hier einst Hospitalbetten und nicht Büromaterialien hin und her geschoben wurden. Errichtet worden war das Spital allerdings nicht im Auftrag des Pentagon, sondern noch zu Zeiten des Nationalsozialismus.

Auch einen gut versteckten Weinkeller gibt es im Generalkonsulat. Der stammt noch aus Zeiten des Hospitals.
Auch einen gut versteckten Weinkeller gibt es im Generalkonsulat. Der stammt noch aus Zeiten des Hospitals.Lando Hass

1937 hatte das Reichsluftfahrtministerium in Berlin den Bau eines großen Militärkrankenhauses verfügt, das in Friedenszeiten 300 Betten und im Kriegsfall bis zu 600 Betten vorhalten sollte. Im August 1939 waren die wesentlichen Bauarbeiten beendet, und es sollte nicht lange dauern, bis die ersten Verwundeten in das Krankenhaus gebracht wurden. Mit dem Überfall des Deutschen Reichs auf Polen am 1. September begann der Zweite Weltkrieg in Europa, in dessen Verlauf in dem Frankfurter Hospital nicht nur Angehörige der deutschen Luftwaffe medizinisch versorgt wurden, sondern auch fliegendes Personal der alliierten Luftstreitkräfte, das bei Einsätzen über Deutschland abgeschossen worden war.

„Englische Piloten wurden im obersten Stockwerk des Krankenhauses untergebracht und diese Information auch gar nicht geheim gehalten“, berichtet ein Mitarbeiter des Generalkonsulats, der nicht namentlich genannt werden möchte: „So sollte das Hospital vor gezielten Bombardierungen bewahrt werden.“ Das Kalkül ging auf.

Geheimes Innenleben: Wegen strenger Sicherheitsvorkehrungen sind viele Teile des Generalkonsulats für den Publikumsverkehr geschlossen, auch das Foyer.
Geheimes Innenleben: Wegen strenger Sicherheitsvorkehrungen sind viele Teile des Generalkonsulats für den Publikumsverkehr geschlossen, auch das Foyer.Lando Hass

Als amerikanische Truppen Ende März 1945 Frankfurt einnahmen, fanden sie das Lazarett intakt und übernahmen es auch gleich. In den späten Vierzigerjahren und vor allem in den Fünfzigern erweiterten die Amerikaner dann das Hospital immer wieder, bis es schließlich mit rund 1200 Betten das größte amerikanische Militärkrankenhaus in Europa war und mehr als 140.000 in Frankfurt und Umgebung stationierte Soldaten und Zivilisten medizinisch versorgte. Darunter waren Persönlichkeiten wie Elvis Presley während dessen Militärdienstes in Friedberg und der spätere amerikanische Außenminister Colin Powell, der zu Beginn seiner Offizierslaufbahn in Gelnhausen stationiert war.

In seinem ganzen Umfang wurde das während der Achtzigerjahre für mehr als 90 Millionen Dollar aufwendig renovierte Hospital zuletzt während des Golfkrieges 1991 genutzt. Viele verwundete amerikanische Soldaten kamen über die damals noch existierende Rhein-Main Air Base am Frankfurter Flughafen nach Deutschland, um hier in Militärhospitälern versorgt zu werden. 1995 übernahm die Air Force von der Army die Verwaltung des Krankenhauskomplexes, nutzte diesen aber nur noch für mögliche Krisenfälle.

2002 kaufte die amerikanische Regierung das Gelände

Weil in dieser Zeit die amerikanische Militärpräsenz in Frankfurt praktisch aufgegeben war, diente das medizinische Zentrum fast nur noch Mitgliedern der Nationalgarde vor deren jeweiligen Auslandseinsätzen als Check-up-Durchgangsstation. Als im Jahr 2001 erste Überlegungen angestellt wurden, das Generalkonsulat von seinem bisherigen Sitz an der Siesmayerstraße im Westend wegzuverlegen, standen die Krankenhausgebäude mit den großen roten Kreuzen auf den Dächern schon seit einigen Jahren praktisch leer.

Im April 2002 kaufte die amerikanische Regierung das Gelände, das zuvor die Air Force an den Bund zurückgegeben hatte, für rund 30 Millionen Dollar von der Bundesfinanzverwaltung. Im November 2003 begannen mit einem symbolischen Spatenstich der Umbau und die Renovierung des mehrere Gebäude umfassenden Komplexes.

Den Flag Room schmücken Flaggen verschiedener Verbände der Nationalgarde.
Den Flag Room schmücken Flaggen verschiedener Verbände der Nationalgarde.Lando Hass

Nicht zuletzt die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 immens gestiegenen Sicherheitsvorkehrungen machten die Umwidmung des Geländes auch für Passanten deutlich sichtbar. Wo früher ein kleiner Zaun einen fast im Dornröschenschlaf befindlichen Park einzuhegen schien, hält nun ein vier Meter hoher Stahlzaun nicht nur ungebetene Besucher fern, sondern verdeckt auch mehr oder minder die Sicht auf das Areal, das seit Herbst 2005 als Generalkonsulat genutzt wird.

Durchschnittlich werden in Frankfurt 11.000 Visa im Jahr vergeben

Wer hinein- oder heraus möchte, muss eine Sicherheitsschleuse passieren und braucht einen Termin, etwa wenn Visumangelegenheiten zu regeln sind. Zwar dient das Generalkonsulat vorrangig amerikanischen Staatsbürgern als Anlaufstelle, doch werden in Frankfurt auch durchschnittlich 11.000 Visa im Jahr an Menschen vergeben, die sich aus geschäftlichen Gründen oder als Austauschschüler oder -studenten länger in den USA aufhalten möchten. Das Generalkonsulat in Frankfurt ist dabei nicht nur für Bewerber aus Deutschland zuständig, sondern auch für einige andere Länder wie etwa Kroatien und die Niederlande.

Gut tausend Mitarbeiter zählt das Generalkonsulat, wovon die meisten aber nicht dem konsularischen Korps der Amerikaner angehören. Diesem dient die Frankfurter Niederlassung gleichwohl als wichtige Ausbildungsstätte. Wegen der Drehkreuzfunktion und guten Erreichbarkeit Frankfurts wird hier Botschafts- und Konsulatspersonal aus aller Welt geschult. Die weitläufigen und mehrere Stockwerke tiefen Keller, in denen einst Dampfturbinen standen und große Mengen Kohle gelagert wurden, bieten für Schulungsräume und sogar einen (allerdings kaum genutzten) Weinkeller mehr als genug Platz, ebenso wie weitere Gebäude auf dem Gelände, die als Warenlager dienen, aus dem andere amerikanische Vertretungen in der Welt versorgt werden.

Für den unmittelbaren Austausch mit dem Gastland kann das Gelände aus Sicherheitsgründen hingegen kaum genutzt werden. In seinem Büro empfängt der amtierende Generalkonsul Brian ­Heath nur sehr selten hiesige Gäste. Die deutsch-amerikanische Freundschaft pflegt der Diplomat lieber bei zahlreichen Treffen und Veranstaltungen außerhalb des Konsulatsgeländes. Auf goldene Insignien kann er im noch nie royal gesinnten Frankfurt ohnehin verzichten.