Darts-WM: „Sie sollten glücklich über Interviews sein“, rät Michael van Gerwen den Deutschen

Alle acht Deutschen haben sich frühzeitig von der Darts-WM verabschiedet. Michael van Gerwen wird im Anschluss an seinen Sieg gegen Debütant Arno Merk nach den Gründen gefragt. Der Superstar kassiert eine gern bemühte Ausrede ein.

Als Michael van Gerwen nach seinem Sieg gegen Arno Merk (4:1) auf der Pressekonferenz gesagt bekam, dass deutsche Reporter im Raum sind, imitierte er ein ganz bestimmtes Geräusch. Es klang wie der hämische Sound aus einer Gameshow, wenn einer der Teilnehmer falsch geantwortet oder das Spiel verloren hatte. Drei Töne gab der niederländische Darts-Superstar von sich. Sie trafen die deutsche Stimmung bei der Darts-WM auf den Punkt. Mies.

Alle vier verbliebenen deutschen Dartspieler sind innerhalb von zwei Tagen aus dem Turnier ausgeschieden, keiner von ihnen überstand seine Drittrundenpartie. Gründe für die enttäuschende Bilanz wollte van Gerwen nicht wirklich nennen. „Sie sollten öfter mit mir trainieren“, sagte er, nicht ohne durch seinen Gesichtsausdruck zu verstehen zu geben, dass er es wohl nicht ganz ernst meinte. Auch sein zweiter Tipp war mehr dazu gedacht, Gelächter in der Journalistenrunde auszulösen. „Sie müssen ans Übungsboard gehen“, sagte die Nummer drei der Welt. Als würden die Deutschen nicht trainieren.

Um Kritik an ihnen war van Gerwen dann aber doch nicht verlegen. „Ein Land wie Deutschland sollte mehr Spieler in der absoluten Spitzenklasse haben. Ich war vom überrascht von der Erstrundenniederlage von …“ Ja von wem eigentlich? Van Gerwen suchte kurz nach dem Namen. „…Niko Springer.“ Der 25-Jährige gilt eigentlich als größtes Talent im deutschen Darts, hatte aber völlig überraschend zum Auftakt gegen den Australier Joe Comito verloren.

„Vielleicht war er ein bisschen nervös. Martin Schindler hat in den letzten Spielen gut gespielt, fällt aus dem Nichts aber auch ab. Sie müssen konstanter werden“, urteilte van Gerwen. Schindler war am Sonntagmittag mit 0:4 gegen Ryan Searle untergegangen. Die Leistung von Gabriel Clemens, der bei seiner Niederlage gegen Ex-Weltmeister Luke Humphries einen neuen deutschen Rekord-Average aufgestellt hatte, klammerte van Gerwen dabei explizit aus.

„Willkommen in meinem Leben“, sagt van Gerwen

Die gern genutzte Ausrede, dass von außen und durch die Medien zu viel Druck an die Deutschen herangetragen wurde, wollte van Gerwen hingegen nicht gelten lassen. „Willkommen in meinem Leben“, sagte er nur in Anspielung auf die große Aufmerksamkeit, mit der jeder seiner Auftritte seit Jahren beäugt wird. Dann hatte er für die Deutschen noch einen Rat parat.

„Je öfter sie über dich sprechen, je mehr Interviews du hast, desto wichtiger bist du. Sie sollten glücklich darüber sein, Interviews zu haben. An dem Tag, an dem sie keine Interviews mehr haben …“, führte der Niederländer aus. Die restliche Botschaft drückte er mit einer Handbewegung aus. Er symbolisierte eine Rutsche. Es würde bergab gehen, versuchte van Gerwen zu symbolisieren.

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Jene deutschen Spieler, die sich nach ihren Niederlagen äußerten, zogen im Übrigen trotz ihres Ausscheidens eine positive Bilanz. So tat es Martin Schindler beim Streaming-Dienst DAZN, der von einer „guten WM“, aber keiner „Sensations-WM“ sprach. Und Van-Gerwen-Gegner Arno Merk befand: „Vier Deutsche in Runde drei gab es erst zum zweiten Mal (nach der WM 2024, d. Red.). Es ist einfach schön, ein Spieler davon gewesen zu sein“, sagte der chancenlose Debütant. „Die Breite ist unheimlich stark geworden, auch die jungen Spieler sind schon richtig gut. Wenn wir so weiter machen, wird es bald mehr als zwölf deutsche Tourcardholder geben.“ Die Zahl markierte in diesem Jahr einen neuen deutschen Rekord.

Luca Wiecek ist Sportredakteur für WELT. Er berichtet bis Silvester in London aus dem Alexandra Palace.