Filme mit Brigitte Bardot: Der gierige Blick des Publikums

Einer der frühen „Skandalfilme“ Brigitte Bardots trägt seinen angeblichen Skandal bereits im Titel: In „Manina, la fille sans voile“, also „Manina, das Mädchen ohne Schleier“ von 1952 spielt die 18-Jährige in ihrem erst zweiten Leinwandauftritt die Tochter eines Leuchtturmwärters, in die sich die Besatzung eines Schatzsucherschiffs verguckt.

In einer damals zu Schnappatmung führenden Szene schleicht sich einer der Männer an die Schlafende heran und versucht sie zu küssen. Beim Aufwachen über den angedeuteten „sleep rape“ rutscht dem Mädchen der lose Bikiniträger von der Schulter und entblößt ihre Brust. Der gleichermaßen dämliche englische Titel des problematischen Schwarz-Weiß-Films rekapituliert andeutungsvoll die Szene: „Manina, the girl in the bikini“.

Vier Jahre später zieht sich Bardot in Roger Vadims „Et Dieu… créa la femme“ als weibliche Versuchung vor den gierigen Blicken mehrerer, auch älterer Männer aus, und der Fokus von Öffentlichkeit und Presse auf ihre Brüste nimmt groteske Formen an. Ebenfalls 1956 spielt sie in „En effeuillant la marguerite“ („Das Gänseblümchen wird entblättert“) eine Studentin, die einen Stripteasewettbewerb gewinnen möchte.

Das Starren des männlichen Publikums

Mit dem so ausbeuterischen wie reduzierenden „male gaze“ hatte die Schauspielerin also jede Menge Erfahrung, als sie 1963 in Jean-Luc GodardsLe mépris“, „Die Verachtung“, spielte – und sich erstmals bewusst genau diesem Blick zu entziehen scheint: In der legendären ersten Szene liegt sie zwar noch nackt neben dem (angezogenen) Michel Piccoli, und fragt ihn, ob und wie sehr er ihre verschiedenen Körperteile mag, lässt ihren Körper dabei gleichsam durch seine Augen entstehen.

Doch im Laufe des Films, in dem der Regisseur Paul (Piccoli) seine Kunstidee zugunsten von Kommerz verkauft, wendet sich Bardots Charakter Camille von ihm ab. Sie beginnt, ihn zu verachten; verwandelt sich mit schwarzer Perücke oder Sonnenbrille auch bildlich in eine andere Frau, die den Konsens deutlich verweigert: „Es ekelt mich, wenn du mich anfasst“, sagt sie zu Paul. „Wieso liebst du mich nicht mehr?“, fragt Paul sie später. Und Camille antwortet, mit einer in vorherigen Rollen noch nie dagewesenen Lakonie: „C’est la vie.“

Auch wenn Drehbuch und Idee von Godard selbst stammen, der damit sein Selbstverständnis als Filmemacher sowie eine eigene Beziehung verarbeiten wollte, macht Bardot mit diesem Film eine Aussage. Sie spielte nach „Le mépris“ zwar noch in einigen „Erotikfilmen“ wie dem biederen „Les femmes“ von Jean Aurel, der 1969 einzig wegen angeblich zu freizügiger Sexszenen Aufmerksamkeit erlangte. Oder, wiederum unter Vadims Regie, eine vordergründig selbstermächtigte, promiskuitive Lebedame in ihrem vorletzten Film „Don Juan, ou si Don Juan était une femme“ („Don Juan, oder wenn Don Juan eine Frau wäre“) von 1973. Doch die Zeiten des Aalens unter dem Starren eines männlichen Publikums waren vorbei. 1973 beendete sie ihre Schauspielkarriere.

Ein Jahr später feierte der Playboy die 40-Jährige als „ageless sex kitten“. Aber das selbsternannte Männermagazin hat den Schuss ja bekanntlich bis heute nicht gehört.