Herr Young, wie haben Sie angefangen, mit Guillermo del Toro am „Frankenstein“-Film zu arbeiten? Wie kam die Idee zustande?
Ich habe für Tiffany schon an anderen Filmprojekten gearbeitet, vor allem an „The Great Gatsby“ 2013 mit Regisseur Baz Luhrmann. Das war ein Spektakel, sehr üppig, mit der ganzen Inszenierung des Jazz Age. Wir konnten dafür die Zeichnungen aus dem Tiffany-Archiv nutzen. Das begeisterte die Leute bei Netflix, die dann auf uns zukamen, als „Frankenstein“ geplant wurde. Ich dachte erst, dass Tiffany kein Interesse an dem Projekt haben würde. Doch ziemlich schnell war klar, dass es sich um ein Meisterwerk handeln würde. Guillermo del Toro ist einer der großen Filmemacher. Dazu die großartige Besetzung mit Jacob Elordi, Oscar Isaac, Mia Goth und Christoph Waltz. Als wir Näheres erfuhren und erste Zeichnungen von Kostümdesignerin Kate Hawley zu sehen bekamen, wollten wir unbedingt mitmachen.
Sind Sie zurück zum Originalroman gegangen, um sich inspirieren zu lassen, welche Art von Schmuck Sie für den Film verwenden wollten?
Das Erste, was ich und mein Team, das Archivteam, getan haben: Wir haben uns die Originalbücher besorgt, weil es zwei Bände sind, und wir haben sie über den Sommer gelesen, um sicherzugehen, dass wir tief eintauchen in Mary Shelleys ursprüngliches Konzept. Wir wollten die Quelle wirklich verstehen, ohne genau zu wissen, wie Guillermo del Toro sie interpretieren würde. Und wir fanden viele Ähnlichkeiten zwischen Tiffany und Mary Shelley. Das war faszinierend. Zum Beispiel wurde das berühmte Porträt von Mary Shelley im selben Zeitraum gemalt wie ein sehr bekanntes Porträt unseres Gründers Charles Lewis Tiffany. Und wenn man die beiden nebeneinander sieht, sehen sie fast aus wie ein Ehepaar. Die Bilder stammen aus demselben Fünfjahreszeitraum. Also begann ich, Verbindungen zu sehen. Das war ein wichtiger Schritt, um das Werk wirklich zu verstehen. Und als wir ausführlicher mit Kate Hawley über das Kostümdesign sprachen, verstand ich viel besser, wie Guillermo den Text interpretierte, und wie Themen, die spezifisch für Tiffany sind, gut in den Film passen würden.

Können Sie Beispiele nennen?
Zum Beispiel das Studium der Natur und der Naturalismus, der auch eine treibende Kraft in Louis Comfort Tiffanys Designs war. Es ergab also Sinn, in diese Richtung zu gehen, als wir begannen, Stücke zu studieren, die potentiell im Film getragen werden könnten. Naturalismus, Liebe zur Natur, auch zu Insekten, das sind auch wichtige Themen für Elizabeth, die Figur, die Mia Goth spielt. Sie kauft Bücher über Insekten, sie zeichnet Insekten, sie versucht, Schmetterlinge und Motten zu fangen, weil sie von der Natur besessen ist.
Es gibt auch religiöse Themen im Buch. Hat sich das auch auf Ihre Arbeit übertragen?
Ja. Zum einen wussten wir, dass es im Film Kreuze geben würde. Als ich Kate Hawley zum ersten Mal traf, dachte ich, ich zeige ihr Schmuckstücke von Tiffany aus der Zeit Mary Shelleys. Vieles davon Trauerschmuck, schwarzer Schmuck, Perlenkreuze, weitgehend farblos. Wir haben spektakuläre Beispiele in unserer Sammlung, aber da sie ein wenig düster sind, zeigen wir sie nicht oft. Die Leute wollen Marilyn Monroes Schmuck sehen, Audrey Hepburns Ohrringe, solche Dinge. Aber für den Film ist der Trauerschmuck wichtig, das Kreuz symbolisiert ein wiederkehrendes Thema: Von Victor Frankensteins Mutter Claire, ebenfalls gespielt von Mia Goth, zu später, wenn wir Elizabeth sehen, auch sie trägt ein Kreuz. Und der zweite Punkt, an dem Religion eine Rolle spielt, ist die Skarabäus-Kette, die Mia als Elizabeth trägt, ein uraltes Symbol für Wiedergeburt und Erneuerung. Und da der Film sich um Schöpfung dreht, haben wir eine Halskette mit Skarabäus verwendet.

Guillermo del Toro verschiebt Zeit und Ort ein bisschen.
Ja, er setzt die Handlung um 1850 an. Unser Schmuck stammt eher von 1900. Aber das Team wollte eben mit dieser Flexibilität spielen. Dann kam der physische Teil, als wir den Schmuck ans Set brachten, nach Schottland, an abgelegene Orte. Wir mussten mit unseren Sicherheitsprotokollen genau vorbereitet sein, Transport, Bewegung, das Anlegen der Stücke am Set. Doch das Filmteam und Guillermo hätten nicht großzügiger sein können. Es gibt eine Szene, in der Mia Goth am Klavier sitzt, eine Diamanthalskette trägt. Und ein Mitglied unseres Archivteams liegt unter dem Klavier, falls die Kette herunterfallen sollte.
Die historischen Stücke, die im Film vorkommen, sind im eigentlichen Sinne unbezahlbar, oder?
Genau. Das sind natürliche Diamanten von spektakulärer Qualität. Wir wissen, wer die ursprüngliche Besitzerin war, sie schätzte die Stücke zutiefst. Sie sind nicht ersetzbar. Aber wir waren bereit, Risiken einzugehen, weil der Film so wichtig war. Man sah die Kreativität, die Guillermo in den Film brachte, es fühlte sich an, als würden wir gemeinsam etwas schaffen.
Was mussten Sie noch tun, um die Stücke zu schützen?
Wir haben nicht nur historische Stücke genutzt, wir haben zum Beispiel auch ein Kreuz für den Film hergestellt. Wir hatten in unseren Archiven gesucht und Dinge gefunden, die schön, aber nicht perfekt waren, und Kate hatte dieses Kreuz entworfen, weil sie wollte, dass Mia es trägt. Also beschlossen wir, mit unseren Juwelieren zusammenzuarbeiten und das Kreuz in der Tradition des späten 19. und frühen20. Jahrhunderts herzustellen. Wir mussten den Karneol beschaffen, unser leitender Gemmologe beaufsichtigte die Handgravur des Steins in der Mitte, damit er wie ein Louis-Comfort-Tiffany-Skarabäus aussieht.

Viele Menschen wissen vermutlich gar nicht, dass es das überhaupt gibt, einen Archivar bei Tiffany.
Mein Hintergrund liegt in der Kunst. Ich bin Illustrator, ich habe fast 15 Jahre lang die Schaufenster bei Tiffany gestaltet. Ich wollte schon immer zu Tiffany, das reiche Erbe hat mich immer angezogen. Ich liebe die Arbeit von Louis Comfort Tiffany, von Elsa Peretti und Jean Schlumberger. Es gibt eine kreative Kraft bei Tiffany, die mich fasziniert. Als ich anfing, war ich zunächst nur für die kreative Seite zuständig, aber ich war ständig im Archiv: Ich forschte, las, sah mir Zeichnungen, Fotografien an. Für mich ist diese Forschung der aufregendste Teil meiner Arbeit, ich liebe die Recherche. Ich kann endlos forschen, ohne das Projekt zu beenden, weil ich es liebe, in die Geschichten einzutauchen. Irgendwann wurde entschieden, dass ich, weil ich die Archive so gut kannte, auch deren Leitung übernehmen solle. Ich habe versucht, die beiden Rollen des Kreativdirektors und des Archivars zusammenzuführen, um Geschichten zu erzählen. Dieses Projekt mit „Frankenstein“ ist dafür ein perfektes Beispiel.
Müssen wir uns das Archiv vorstellen als einen stark gesicherten Raum irgendwo?
Sagen wir: Es ist ein nicht offengelegter Ort. Es braucht ein umfassendes Sicherheitsprotokoll, um ihn zu finden, geschweige denn, hinein zu gelangen. Aber sobald man drin ist, ist es wie ein Schatzgewölbe. Wir haben mehr als 6000 Objekte, die die Geschichte von Tiffany seit unserer Gründung 1837 erzählen: Schmuck, Bleiglaslampen und -fenster, Pokale und eine der größten Sammlungen von Papierarbeiten – alle Original-Aquarelle und Zeichnungen unserer Designer, seit dem 19. Jahrhundert aufgehoben.
