Tennis: Braasch, Williams-Schwestern und der Geschlechterkampf in Dubai – Sport

Die Katze rauchte beim Seitenwechsel eine Zigarette. Das kann man sich heute kaum vorstellen, nur passierte das wirklich, als Karsten Braasch das legendärste Match seiner Karriere spielte. Es fand 1998 bei den Australian Open statt, auf Court 12. Der damals 31-jährige Deutsche aus Marl, der zuvor mal Nummer 38 der Weltrangliste war und seine beste Zeit hinter sich hatte, hatte den Fehdehandschuh aufgegriffen, den ihm zwei aufstrebende Tenniswunderkinder hingeworfen hatten.

Die Williams-Schwestern Serena, 16, und Venus, 17, hatten getönt, sie könnten Männer aus den Top 200 besiegen. So kam es, dass Braasch, ein Linkshänder mit Klappmesser-Aufschlag, der aufgrund seiner geschmeidigen Bewegungen Katze genannt wurde, zum Vergleich mit den Amerikanerinnen antrat. „Meine Trainingsvorbereitung beinhaltete eine gemütliche Runde Golf am Morgen, gefolgt von einigen Radlern. Ich tauchte auf dem Platz angemessen entspannt auf“, so schilderte Braasch es später. Das hinderte ihn, den Weltranglisten-203., nicht daran, Serena 6:1 und Venus 6:2 wegzufegen.

Die Karriere von Nick Kyrgios dümpelt ihrem Ende entgegen. In der Weltrangliste ist der zuletzt lange verletzte Australier nur noch auf Platz 671 zu finden.
Die Karriere von Nick Kyrgios dümpelt ihrem Ende entgegen. In der Weltrangliste ist der zuletzt lange verletzte Australier nur noch auf Platz 671 zu finden. (Foto: Florian Eisele/AP/dpa)

International hatte sich Braasch seitdem einen Namen gemacht. Die Williams-Sisters sollten ja noch nicht weniger als zusammen 30 Grand-Slam-Titel im Einzel gewinnen. Bei genauerem Hinsehen waren die zwei Satzgewinne Braaschs weniger spektakulär, sondern spiegelten schlicht das Machtgefälle zwischen Mann und Frau im Tennis wider. Das war schon früher so, als die ersten „Battle of Sexes“ Anfang der Siebzigerjahre stattfanden, mit Margaret Court, Billie Jean King und dem fast doppelt so alten Bobby Riggs. Und so sieht das ungleiche Verhältnis heute noch aus. Daher ist auch der an diesem Sonntag in Dubai angesetzte „Battle of Sexes“ zwischen der Belarussin Aryna Sabalenka und dem Australier Nick Kyrgios mehr noch als früher ein Scheinduell, eine Tennis-Fata-Morgana – wenngleich man dem Match nicht einen Wert absprechen kann.

„Ich glaube, selbst ein Junior hätte mich geschlagen, als ich die Nummer eins war“, gibt Garbiñe Muguruza zu

Als Court (verlor gegen Riggs) und King (siegte gegen Riggs) zum Duell mit einem Mann antraten, war dies ein notwendiger Beitrag beim Kampf um Gleichberechtigung von Frauen im Sport. Kurz danach führten die US Open als erstes Grand-Slam-Turnier gleiches Preisgeld für Frauen und Männer ein. Die Frauentour ist, auch wenn sie wirtschaftlich der Männertour hinterherhinkt, eine Erfolgsgeschichte. King gilt seither als Ikone der Frauenbewegung. Fakt ist aber auch, dass Mann und Frau wie beim Boxen in unterschiedlichen Gewichtsklassen kämpfen. Es gilt noch das, was Braasch sagte. Männer haben mehr Kraft; sie schlagen härter und mit mehr Spin; erreichen Bälle, die Frauen nicht erreichen. Die biologischen Voraussetzungen sind, wie sie sind, im Tennis heißt das: Power schlägt Ausdauer. „Ich glaube, selbst ein Junior hätte mich geschlagen, als ich die Nummer eins war“, gab unlängst die nicht mehr aktive Spanierin Garbiñe Muguruza zu.

Man darf dem Veranstalter nun immerhin zugutehalten, dass er gar nicht versucht, diesem Match eine tiefere Bedeutung beizumessen; im Grunde geht es gar nicht um das Duell Mann gegen Frau. „Wir wollen auch Unruhe stiften, im positiven Sinne“, erklärte Stuart Duguid einmal in einem SZ-Interview das Konzept seiner Agentur Evolve, die er 2022 mit der Spielerin Naomi Osaka gründete (Osaka ist mittlerweile ausgestiegen.) Nichts anderes macht der Schotte jetzt. Ein bisschen Krawall. Für seine PR-Aktion spannt er seine prominentesten Mandanten ein, die lebhafte Sabalenka und den in der Weltrangliste abgestürzten Kasper Kyrgios, die unter sich ausmachen könnten, wer wie gewinnt. Man ist ja in der Familie. Dass allen die Chancenungleichheit bewusst ist, offenbaren die Spielregeln. Das Feld der Weltranglistenersten ist neun Prozent kleiner, jeder hat nur einen Aufschlag. Trotzdem blickt die Branche gespannt nach Dubai, und damit geht Duguids Marketingrechnung für Spieler und Sponsoren bereits auf. Viel Lärm um nichts, das wusste schon William Shakespeare, funktioniert eben auch.