

Dass Donald Trump sich an Weihnachten zu einer Militäraktion entschließen könnte, war in Washington nicht ausgeschlossen worden. Die Blicke richteten sich allerdings auf Venezuela. Am Montag noch hatte der amerikanische Präsident seine Rhetorik in Richtung Caracas abermals verschärft und gesagt, es wäre klug von Machthaber Nicolás Maduro zurückzutreten. Konkret hatte er auf die Frage, ob die amerikanische Regierung mit ihrem Druck auf Venezuela Maduro zum Rücktritt zwingen wolle, geantwortet: „Es liegt ganz bei ihm, was er tun will. Ich denke, es wäre klug von ihm, das zu tun.“ Und: „Wenn er etwas unternehmen will – wenn er sich hart zeigt, wird es das letzte Mal sein, dass er sich jemals hart zeigen kann.“
Tatsächlich war da schon eine Militäroperation in Vorbereitung, allerdings eine ganz andere. Über seine Plattform Truth Social teilte Trump am Donnerstagabend mit, dass das amerikanische Militär Stellungen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Nigeria angegriffen habe. „Frohe Weihnachten an alle, einschließlich der toten Terroristen, von denen es noch mehr geben wird, wenn das Abschlachten von Christen weitergeht“, schrieb Trump in der ihm eigenen Art.
Verteidigungsminister Pete Hegseth hob auf der Plattform X hervor, dass das Datum kein Zufall war: Der Präsident habe im vergangenen Monat deutlich gemacht, die Ermordung unschuldiger Christen in Nigeria (und anderswo) müsse aufhören. Das „Kriegsministerium“ sei immer bereit, das habe der IS nun gemerkt – „an Weihnachten“. Mehr werde folgen. Der Tag wurde also auch aus symbolischen Gründen gewählt.
„Heute Nacht haben sie dafür bezahlt“
Tatsächlich hatte Trump schon im November mit Militärschlägen in dem westafrikanischen Land gedroht, um Christen zu schützen. Der Präsident nahm in seinem „Truth Social“-Beitrag darauf Bezug: Er habe „diese Terroristen zuvor gewarnt, dass sie teuer dafür bezahlen würden, wenn sie nicht aufhören, Christen zu töten, und heute Nacht haben sie dafür bezahlt“. Damals, Anfang November, kam die Drohung überraschend. Wochen vergingen, und es wurde nicht ausgeschlossen, dass Trump es nur darum gegangen sein könnte, die Backen aufzublasen, beziehungsweise dass er die Sache wieder vergessen haben könnte.
Dem war nicht so. Jene christlichen Einflüsterer, die den Präsidenten auf die prekäre Lage der Christen in dem Land aufmerksam gemacht hatten, verfügen über Einfluss. Seit Monaten hatten auch republikanische Kongressmitglieder, darunter Senator Ted Cruz aus Texas und der Abgeordnete Tom Cole aus Oklahoma, wegen der Verfolgung christlicher Gruppen in Nigeria Alarm geschlagen.
Einflussreiche religiöse Rechte
In der christlichen Rechten in den Vereinigten Staaten, zumal unter Evangelikalen, die ein wichtiger Teil von Trumps politischer Basis ist, sieht man angesichts der Lage der Christen in dem Land seit längerer Zeit Handlungsbedarf. Generell ist Afrika seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus auf der Agenda der christlichen Rechten. Paula White Cain, eine Fernsehpredigerin, die den Präsidenten in geistlichen Fragen berät, bereiste Afrika: Station machte sie in Gabun, Ruanda, in der Demokratischen Republik Kongo und in Uganda.
Einige Vertreter der christlichen Rechten sprechen von einem Völkermord an den Christen in Nigeria. Diese Sprache hat sich das Weiße Haus bisher nicht zu eigen gemacht. Im November hatte Trump noch Nigerias Regierung vorgeworfen, das Töten von Christen zuzulassen. Jetzt handelte man in Abstimmung mit Abuja.
Die Entscheidung zu einem militärischen Eingreifen ist auch innenpolitisch nicht ohne Risiko für Trump. In seiner MAGA-Bewegung offenbaren sich erste Risse, die auch mit den gelegentlichen interventionistischen Impulsen des Präsidenten zusammenhängen: Iran, Syrien, die Küste vor Venezuela – und nun Nigeria. Ein Teil seiner Bewegung ist isolationistisch orientiert. Im Falle der Bombardierung der Atomanlagen in Iran warnte dieser Flügel Trump davor, sich von Israel in einen Krieg ziehen zu lassen. Was eine mögliche Intervention in Venezuela anbelangt, werden Vergleiche mit dem Regimewechsel im Irak gezogen, der einen jahrelangen Krieg zur Folge hatte. Auch mit Blick auf Nigeria schließt das Weiße Haus weitere Militärschläge nicht aus, sucht aber bisher die Kooperation mit Abuja.
