In den ersten sechs Monaten hat Cheftrainer Horst Steffen bei den Bremern gleich eine ganze Menge erlebt. Mit buten un binnen schaut er vor dem Jahresende zurück.
Der Wechsel zu Werder im Sommer
Nach der Trennung von Coach Ole Werner suchte Werder den Kontakt zu mehreren möglichen Nachfolgern. Sportchef Clemens Fritz schwärmte zuletzt auf der Mitgliederversammlung von einem vierstündigen Treffen mit Steffen in Münster.
Neu in Bremen: Horst Steffen kam als Nachfolger von Ole Werner zu Werder. Für ihn ist es als Trainer seine erste Station in der Bundesliga.
„Ich war auch begeistert, weil gerade zu Beginn der Gespräche der familiäre Umgang im Klub betont wurde“, erzählt Steffen. Erst danach sei es um die sportlichen Belange bei Werder gegangen. Der Klub entschied sich letztlich für ihn. Als Trainer gelang ihm somit mit 56 Jahren nach vielen Jahren in der Regionalliga, der 3. Liga und der 2. Liga der Sprung in die Bundesliga.
Die erste große Enttäuschung im DFB-Pokal
DFB-Pokal in Bielefeld, da war doch was? Schon unter Werner schieden die Bremer im Februar im Viertelfinale des Wettbewerbs gegen die Bielefelder aus. Mit 1:2 unterlagen sie auf der Alm.
Bittere Niederlage: Der DFB-Pokal war für Werder in dieser Saison bereits nach der ersten Runde beendet.
In dieser Saison sollte Werder direkt in der ersten Runde des Wettbewerbs die Chance zur Revanche erhalten – doch das ging gründlich schief: Erneut kassierten die Bremer gegen die Arminia eine Niederlage.
Leonardo Bittencourt hatte in der 54. Minute die Gelb-Rote-Karte gesehen. In der dritten Minute der Nachspielzeit traf Isaiah Young dann zum 1:0-Siegtreffer für den Zweitligisten. „Daran werde ich nicht gerne erinnert“, sagt Steffen. Die Niederlage „hat nicht dazu beigetragen, dass die Stimmung besser geworden ist“.
Zetterer wechselt nach Frankfurt
Das Pokal-Aus in Bielefeld war für Michael Zetterer auch sein letztes Pflichtspiel für Werder. Für die Vorbereitung hatte Steffen einen offenen Zweikampf zwischen Zetterer und Mio Backhaus ausgerufen.
Früher Abschied: Torwart Michael Zetterer hat unter Horst Steffen nur noch ein einziges Pflichtspiel bestritten.
Zetterer setzte sich durch, wechselte vor dem Bundesliga-Start allerdings zu Eintracht Frankfurt. Am Main kann er nun in der Champions League spielen. „Zettis Abgang ist für uns und unsere Fangemeinde nicht schön gewesen“, blickt Steffen zurück. „Nichtsdestotrotz haben wir mit Mio jetzt auch einen tollen Torwart.“
Der erste Punktgewinn gegen Leverkusen
Der Auftakt in die Bundesliga ging mit dem 1:4 bei Eintracht Frankfurt schief. Auch im zweiten Bundesliga-Spiel der Saison sah es zunächst schlecht aus: Nach der Gelb-Roten Karte für Niklas Stark spielte Werder in Unterzahl und lag nach 64 Minuten bereits mit 1:3 zurück.
Enthusiastischer Jubel: Gegen Leverkusen glichen die Bremer in der Nachspielzeit zum 3:3 aus.
Am Ende jubelten die Fans im Weser-Stadion allerdings doch noch: Nach einem Fehler von Leverkusens Torwart Mark Flekken verkürzte Isaac Schmidt in der 76. Minute auf 2:3. Und in der Nachspielzeit gelang dem erst 18 Jahre alten Karim Coulibaly der Ausgleich zum 3:3 (90.+4). Bilder, die Steffen sich nach wie vor gern anschaut.
So laut und so schön. Pure Freude! Das ist toll. Leo (Bittencourt, Anm. d. Red.), der durch das Bild läuft, herrlich. Das ist ein Ausschnitt, den ich mir noch mehrfach anschauen kann.
Werder leiht Hoffnungsträger Boniface aus
Zunächst war es am Deadline Day nur ein Gerücht, das kaum einer glauben möchte, doch am Ende kam Victor Boniface tatsächlich an den Osterdeich. Werder hat den Mittelstürmer für diese Saison von Bayer 04 Leverkusen ausgeliehen. Dies weckte bei den Fans große Erwartungen. Schließlich hat der Nigerianer mit den Leverkusenern 2024 die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal gewonnen und dabei in 42 Bundesliga-Einsätzen 22 Tore geschossen.
Das lange Warten: Victor Boniface hat bei Werder noch nicht seine Form gefunden. Der Stürmer gibt vielen Fans ein Rätsel auf.
Bei Werder läuft es für Boniface aber überhaupt noch nicht: Kein einziges Mal hat er getroffen. Bei Steffen gehört er nicht zu den Stammspielern. Immer wieder wird über sein Fitnesslevel gesprochen.
Bekommt Steffen Boniface noch hin? „Wir werden sehen“, antwortet der Trainer. „Es ist klar, dass er schon Weltklasse-Leistungen gezeigt hat.“
Gern, erläutert Steffen, hätte auch er Boniface häufiger jubelnd auf dem Platz gesehen. Daran werde weiterhin gearbeitet, aber „ich kann nichts versprechen“. Doch warum kann der 25-Jährige sein Potenzial an der Weser nicht ausschöpfen? Sind die körperlichen Defizite noch zu groß? Spielt der Kopf womöglich nicht mit?
Ich muss nicht alles erklären und nicht jede Frage zu ihm beantworten. Wir arbeiten mit ihm und versuchen bestmöglich, ihn in eine Verfassung zu bringen, in der er glücklich ist und performt.
Die Niederlage im Nordderby
Nach mehr als sieben Jahren trafen Werder und der HSV Anfang Dezember wieder aufeinander. Das Ergebnis vermieste den Bremer allerdings die Laune. Zwar gingen sie zunächst kurz vor der Halbzeit in der 45. Minute durch Jens Stage in Führung, doch am Ende verloren sie mit 2:3.
Tiefer Frust: Im Nordderby hat Werder beim HSV eine 2:3-Niederlage kassiert.
„Mich schmerzt das weiterhin“, verrät Steffen, „weil ich genau weiß, wie wichtig dieses Spiel für unsere Fans ist.“ Zudem habe die Partie ein besseres Ergebnis hergegeben. Vor allem nach der Führung.
In den Zweikämpfen hatte er sich im Derby mehr Engagement versprochen. „Ich hätte mir gewünscht, dass es noch kampfbetonter ist von unserer Seite“, so Steffen. Beim Rückspiel im April will er die Niederlage im Volksparkstadion nun vergessen machen.
Werder taumelt in die Krise
Nicht nur gegen den HSV lief es nicht, sondern auch in den Wochen davor und danach. Aus den letzten fünf Partien das Jahres 2025 hat Werder nur zwei Punkte geholt. Durch diese Misere ist auch Steffen in den Fokus geraten. Ist er wirklich der richtige Mann für die Bremer?
„Mich braucht keiner kritisieren. Ich bin selbst sehr kritisch mit mir“, sagt Steffen. Geärgert hat ihn neben der Derby-Niederlage vor allem das Unentschieden gegen den 1. FC Köln. In der Partie kassierte seine Mannschaft in der Nachspielzeit den Ausgleich zum 1:1. Der Unmut im Umfeld ist dem Trainer in den vergangenen Wochen nicht verborgen geblieben. Auch das 0:0 zum Jahresabschluss in Augsburg war nicht der ersehnte Befreiungsschlag. Im kommenden Jahr, hofft Steffen, soll es nun besser werden.
Es ist ganz klar, dass ich das wahrnehme. Es ist ganz klar, dass ich es auch als Ansporn sehe und sage: ‚Ey, es wird besser. Da führen wir die Jungs noch alle hin.‘
