Speicherung von IP-Adressen: Ermittlungsbehörden atmen auf

Das Aufatmen in sicherheitspolitischen Kreisen ist deutlich zu vernehmen. „Die IP-Adressen-Speicherung als wirksames Ermittlungsinstrument ist längst überfällig. Wir können es kaum erwarten, dass die Speicherung kommt“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, der F.A.Z. „Nach acht Jahren faktischer Aussetzung der deutschen Regelungen zu Mindestspeicherfristen können Ermittlungsbehörden nun erstmals wieder berechtigte Hoffnung haben, wesentlich mehr Straftaten aufklären zu können, bei denen die IP-Adresse der einzige Ermittlungsansatz ist“, bewertete Dirk Peglow, Bundesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK), den von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) nun auf den Weg gebrachten Gesetzesentwurf zur Speicherung von IP-Adressen.

Internetanbieter sollen IP-Adressen künftig für mindestens drei Monate speichern müssen. Damit sollen mit dem Internet als Hilfsmittel begangene Straftaten wie die Verbreitung von sogenannter Kinderpornographie, Drogenhandel, betrügerische Fakeshops oder Hasskriminalität besser bekämpft werden können. IP-Adressen machen den Internetanschluss identifizierbar. Allerdings ändern sich die IP-Adressen ständig und sind einem Anschluss nur eine bestimmte Zeit zugewiesen. Das erschwert bei Straftaten die Verfolgbarkeit. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Strafverfolgungsbehörden außerdem künftig wieder bei allen Straftaten von erheblicher Bedeutung eine Funkzellenabfrage machen dürfen.

Gewerkschaft der Polizei fordert längere Speicherfrist

Ein Sprecher des Justizministeriums wies am Montag noch einmal darauf hin, dass die Internetanbieter künftig nur die IP-Adressen speichern sollen, keine Inhalte, Bewegungsdaten oder Kommunikationsprofile. Von einer Vorratsdatenspeicherung könne deswegen keine Rede sein.

Seit mehreren Jahren wurde über die Speicherung von Verkehrsdaten im Internet gestritten. In der Ampel-Regierung war die SPD auf den Kurs der Befürworter eingeschwenkt; Grüne und FDP lehnten die Speicherung aber grundsätzlich ab. Die Sicherheitsbehörden hatten von der Politik schon lange gefordert, ihr mehr Kompetenzen und Zugriffsrechte bei der Strafverfolgung zuzugestehen.

So geht der GdP die Speicherfrist von drei Monaten, die nun vorgesehen ist, auch nicht weit genug. „Der Zeitdruck, den die Justizministerin mit drei Monaten Speicherfrist bei uns in der Polizei entstehen lässt, ist nicht gut. Wir brauchen eine längere Speicherfrist“, sagte Kopelke. Die Frist von drei Monaten entspricht der Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD.

Bisher wurden Daten oft nur wenige Tage lang gespeichert

Der BDK-Vorsitzende Peglow spricht von der „Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden im digitalen Raum“ durch das geplante Gesetz. In tausenden Verfahren habe man in den vergangenen Jahren erleben müssen, dass Ermittlungen ins Leere gelaufen seien, weil die entscheidenden Zuordnungsdaten längst gelöscht worden seien. „Ohne gespeicherte IP-Adressen bleibt der Rechtsstaat blind“, fasst es Peglow zusammen. „Wenn der einzige Ermittlungsansatz fehlt, profitieren ausschließlich die Täter – nicht der Datenschutz, nicht die Gesellschaft und erst recht nicht die Opfer.“

Bisher hatten Telekommunikationsanbieter keine einheitliche Vorgabe, wie lange sie Verkehrsdaten gespeichert haben. Oft waren es nur wenige Tage. Laut BDK war das unzureichend. „Wer heute weiterhin pauschal vor einem Überwachungsstaat warnt, ignoriert bewusst die Rechtsprechung und die Realität der Ermittlungsarbeit“, sagte der BDK-Vorsitzende. „Datenschutz ist wichtig – aber er darf nicht zum strukturellen Täterschutz werden.“ Der Gesetzesentwurf bewege sich im europarechtlich zulässigen Rahmen. Im europäischen Vergleich sei der Gesetzentwurf zudem maßvoll, so Peglow. In zahlreichen EU-Mitgliedstaaten würden IP-Daten deutlich länger gespeichert als drei Monate.

Hoffnung auf zügige Verabschiedung des Gesetzes

Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, sagte der F.A.Z.: „Die von der schwarz-roten Koalition versprochene Sicherheitswende nimmt Konturen an. Es ist überfällig, den politischen Dauerstreit um die IP-Adressen-Speicherung jetzt beizulegen.“ Ohne die Möglichkeit einer verlässlichen Zuordnung von IP-Adressen zu den Anschlussinhabern liefen Ermittlungen häufig ins Leere.

Jetzt wird in Sicherheitskreisen nur gehofft, dass das Gesetz auch zügig verabschiedet wird. „Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung dieses wichtige Vorhaben umgesetzt bekommt und nicht durch den Deutschen Bundestag abgehalten wird“, sagte GdP-Vorsitzender Kopelke.